15. Juli 2023

Ich bin wieder in St. John's und damit am Ende des zweiten Kapitels meines diesjährigen Sommerabenteuers angekommen. Heute beginnt außerdem die letzte Woche der Reise. Das Ende naht also, aber bis dahin gibt es noch viel zu erleben…
Nach einer ruhigen Überfahrt - nicht mal das Nebelhorn der Atlantic Vision konnte mir den Schlaf rauben - erwischte mich die Durchsage "We will be docking in one hour" eiskalt unter der Dusche. Da hatte unser Tausendsassa von Kapitän die halbe Stunde Verspätung von gestern Abend über Nacht wieder reingeholt. Ich habe den Sammy gepackt und dann vom obersten Deck aus die Einfahrt in den Hafen und das Anlegemanöver verfolgt.
Von Argentia nach St. John’s sind es ungefähr 120km, so dass ich heute den Tag über recht viel Zeit hatte. Ich muss gestehen, dass ich mir bis vorgestern keine Gedanken darüber gemacht hatte, wie ich den Tag gestalten würde. Gestern habe ich mich dann kurz vor der Abfahrt von North Sydney entschieden, heute einen Abstecher nach Bay Bulls zu machen. Von dort kann man Touren zum Witless Bay Ecological Reserve machen. Das sind ein paar Inseln vor der Küste Neufundlands, die im Sommer Brutgebiet für unzählige Seevögel sind. Hier gibt es unter anderem die größte Papageitaucher-Kolonie in Nordamerika. Da habe ich mir gedacht, dass ne kleine Bootstour eine schöne Möglichkeit wäre, etwas Zeit zu verbringen. Ich hatte also die Hoffnung, ornithologisch ein bisschen auf meine Kosten zu kommen. So schön die Reise bisher auch war: was das Vogelkundliche angeht, war die Tour bisher nicht so dolle. Was ich vorher wusste, dass es so sein würde. Das Topp-Birdwatcher-Ziel ist die kanadische Atlantikküste jetzt nicht unbedingt. Es gibt zwar viele Vögel zu sehen, aber der Artenreichtum hält sich in Grenzen und richtig Ausgefallenes tummelt sich hier auch eher weniger.
Es gibt mehrere Anbieter von Birdwatching-Touren in Bay Bulls, und alle werben auch mit Walen – und sagen im Nachsatz, dass Wale nicht garantiert werden können. Gibt bessere Gegenden zum Whalewatching, was mir aber egal war, denn ich wollte ja Vögel sehen. (Wir hatten dann Glück und sind auch einem Zwergwal begegnet… für ein paar Sekunden… aber ich habe ein Beweisfoto.)
Die 16 Stunden Fährüberfahrt durch die Cabot-Straße hatte ich zwar ungedopt überstanden, aber vor der Ausfahrt in Bay Bulls habe ich dann doch was genommen. Zum Glück, denn der Atlantik war schon sportlich drauf. Leider hat es am Beginn der Tour und auch zwischendurch während unseres Aufenthaltes an den Inseln ein bisschen genebelt, aber ich habe trotzdem viele und auch gute Bilder hingekriegt. Zwei seht Ihr als heutige Bilder des Tages.
Zum ersten brauche ich nicht viel zu sagen. Ein Papageitaucher hat nen fetten Fisch gefangen, den er jetzt nach Hause transportiert um sein Kleines zu füttern. In Witless Bay wimmelt es echt nur so von Papageitauchern. Sie sitzen auf der Grasnarbe der Inseln vor ihren Nisthöhlen, schwimmen auf und im Wasser und fliegen wild durch die Gegend. Ähnlich sieht es mit Trottellummen aus und in geringerem Maße auch mit Dreizehenmöwen. Mein persönliches Highlight war aber der Kappensturmtaucher, den Ihr im zweiten Bild des Tages seht. Ich hatte bisher erst einmal Kappensturmtaucher gesehen und das war 1991 während meiner Überfahrt von Neufundland nach Nova Scotia. Ich hatte gehofft, dass ich auf der langen Fährfahrt wieder welche zu sehen und vielleicht sogar auch gut fotografieren könnte. Das war zwar gestern nix (obwohl ich immerhin den Atlantiksturmtaucher neu auf meine Lebensliste setzen konnte). Aber heute habe ich während der Bootstour von Bay Bulls aus mehrere Kappensturmtaucher gesehen und fotografiert. Sturmtaucher gehören zu den sogenannten Röhrennasen, zu denen auch der Eissturmvogel und die Albatrosse zählen. Röhrennasen heißen so wegen ihrer röhrenförmigen Nasenlöcher. Durch diese scheiden sie überschüssiges Salz aus, das sie durch das Trinken von Meerwasser aufnehmen. Röhrennasen sind ausgesprochenen Hochseevögel. Das gilt auch für den Kappensturmtaucher. Der Kappensturmtaucher brütet auf einigen entlegenen Inseln im Südatlantik und macht sich als Zugvogel im südlichen Herbst, also unserem Frühjahr, auf den Weg nach Norden, um den südlichen Winter im Nordatlantik zu verbringen. Ich war auf jeden Fall mit meinen Beobachtungen sehr glücklich und dass sogar noch präsentable Bilder dabei rausgekommen sind, freut mich doppelt. Da konnte ich auch das touristische Beiprogramm verschmerzen, das auf dem Tourboot geboten wurde in Form von irischen und neufundländischen Volksliedern, entweder aus den Lautsprechern oder von der Crew live gesungen. Gut anderthalb Stunden hat die Tour gedauert und ich hätte noch so manch anderes Bild hier zeigen können.
Von Bay Bulls nach St. John’s ist es noch mal ne halbe Stunde Fahrt. Ich wohne hier echt schön im Hampton Inn am Flughafen. Beim Einchecken habe ich auch schon direkt geklärt, ob ich einen Teil meines Gepäcks hierlassen könnte, denn am Mittwoch habe ich eine weitere Nacht in diesem Hotel hier. Ist kein Problem, wurde mir versichert.
Morgen mittag startet dann das dritte Kapitel meines Sommerabenteuers 2023. Es geht nach St. Pierre et Miquelon.


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