4. Juli 2023

Heute war ein ziemlich komischer Tag, wobei das „komisch“ schon vor meiner Abreise zu Hause begonnen hatte. Ein paar Tage bevor es losgehen sollte bekam ich eine Mail, dass die Fährverbindung nach Prince Edward Island vorübergehend nicht bedient würde, weil das Schiff in Reparatur sei. So wurde aus den gemütlichen 300km, die Ihr auf der Karte in grau seht, eine ziemlich lange Fahrerei von über 500km… Aber was soll man machen? Der Corolla kann noch schlechter schwimmen als ich.
Diese Nacht hatte immer wieder Regen auf das Dach meines Motelzimmers geprasselt und heute morgen sah das Wetter kein bisschen vielversprechend aus. Da es in meinem Quartier in St. Ann’s kein Frühstück gab, bin ich um kurz vor neun einfach zum ersten Programmpunkt heute aufgebrochen. Der war nämlich nur 18km entfernt. Frühstück sollte es anschließend bei Tim Hortons geben.
Dieser erste Programmpunkt war die Alexander Graham Bell National Historic Site in Baddeck. Hier hatte der aus Schottland stammende und später längere Zeit in Washington, D.C., lebende Erfinder ein Grundstück samt Haus für den Sommer gekauft. Alexander Graham Bell war nicht nur der Erfinder des Telefons, sondern hat sich auch auf vielen anderen Gebieten als Konstrukteur und Erfinder betätigt, so zum Beispiel im Bereich von Tonaufnahmen, Schiff- und Luftfahrt. In Baddeck gibt es ein Museum, das das Leben und Wirken von Bell dokumentiert. Leider ist das ganze ein bisschen chaotisch angelegt und müsste meiner Meinung nach mal dringend museumsdidaktisch überarbeitet werde. Darüber hinaus ist das Haus, in dem Bell in Baddeck gewohnt hat, noch im Privatbesitz der Familie und nicht öffentlich zugänglich. Insofern bin ich dann doch eher unzufrieden aus Baddeck weitergefahren, und das lag nicht nur daran, dass ich nicht gefrühstückt hatte.
Nach dem Frühstück war ich dann zwar etwas weniger grumpy, aber so richtig dolle war’s immer noch nicht. Nova Scotia machte seinem Namen schon in einer Hinsicht Ehre, denn das Wetter war durchaus schottisch. Tiefhängende Wolken und Regenschauern. Einzig die Straße sorgte für bessere Laune, denn kurz vor Antigonish wurde der Trans-Canada Highway zu einer vierspurigen Autobahn, so dass man zumindest gut aus den Füßen kam.
In Truro hat der Corolla neuen Sprit bekommen und dann ging’s bis Amherst weiter, immer wieder mal durch den Regen. Direkt hinter Amherst wurde die Grenze nach New Brunswick passiert und dann führte die Fahrt rechts ab in Richtung Prince Edward Island.
Prince Edward Island ist die kleinste der kanadischen Provinzen. In der Hauptstadt Charlottetown fand 1864 die Charlottetown-Konferenz statt, die letztendlich zur Gründung des Bundesstaates Kanada am 1. Juli 1867 führte. Zur Erinnerung an dieses Ereignis hat man die Straßenbrücke, die seit 1997 Prince Edward Island mit dem Festland verbindet, Confederation Bridge genannt. Die Brücke seht Ihr im ersten Bild des Tages. Mit über 12km Länge ist sie eine der längsten Brücken der Welt (aktuell auf Platz 47, laut Wikipedia).
Kurz bevor ich an die Brücke kam, kam das Sönnchen raus. Die Bilder sind ja schon besser, wenn der Himmel blau ist… *lach… Vor der Überfahrt habe ich am Cape Jourimain Nature Centre Station gemacht. Dort gab es zum einen den tollen  Blick auf die Brücke und auch noch eine kleine Vogelpirsch.
Von der Brücke bis Downtown Charlotte, wo sich mein Quartier befindet, sind es nochmal rund 55km. Die Landschaft hier auf Prince Edward Island ist ziemlich europäisch. Wären da nicht die großzügig angelegten Straßen, die charakteristisch kanadisch-amerikanisch anmutenden Orte und statt der Nadel- Laubbäume, dann könnte man hier auch in Südengland sein. Lieblich rollendes Land und viel Landwirtschaft. Große Felder mit Kartoffeln, Mais, Getreide und Kühe, die auf Weiden stehen.
Charlottetown ist ungefähr so groß wie Düren und hat mich interessanterweise an eine andere Stadt in Amerika erinnert, zu der ich seit langem eine sehr enge Beziehung habe, nämlich an Hattiesburg, Mississippi. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Fahrtstrecke an der großen University of Prince Edward Island vorbeiführte. Hattiesburg ist übrigens nur unwesentlich größer als Charlottetown.
Ich wohne hier sehr schön in einem kleinen Inn mitten im Stadtzentrum und nur wenige Schritten von Hafen und Waterfront entfernt. Nachdem ich meine Siebensachen im Zimmer verstaut hatte, bin ich ein bisschen spazieren gegangen, habe zu Abend gegessen und danach den Stadtspaziergang fortgesetzt. Charlottetown ist echt hübsch. Einen typischen Straßenzug seht Ihr im zweiten Bild des Tages. Das ist mitten in der Innenstadt hier. Sehr malerisch, klein und gemütlich.
Nachdem ich also den Stadtspaziergang heute schon erledigen konnte, werde ich morgen ein bisschen die Insel erkunden. Dadurch, dass ich nicht mit der Fähre fahren konnte sondern über die Brücke musste, ist meine Zeitplanung etwas durcheinander geraten. Aber ich habe durch den Stadtspaziergang heute ein bisschen davon wieder gutmachen können.


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