3. Juli 2023

Es ist 15:46 Uhr, Neufundland-Zeit, und ich sitze schon hier und schreibe Logbuch. Verrückt. Vor mir erstreckt sich der Atlantik, um genauer zu sein die Cabot-Straße unter einer dichten Nebeldecke. Wir haben jetzt gut dreieinhalb Stunden unserer siebenstündigen Seereise hinter uns. Die MV Blue Puttees liegt ruhig auf dem Wasser und ich musste noch keine Medikamente einwerfen… *lach… also eine echt ruhige Überfahrt.
Hier in der vorderen Lounge kann man nach vorne über den Bug rauskucken, aber die Aussicht ist in alle Richtungen eh die gleiche. Nebel. Erstaunlicherweise macht mir der Mangel an Panorama gar nichts aus. Stattdessen beobachte ich die Umgebung hier auf dem Schiff.
Newfoundland Folk Rock klingt aus den Lautsprechern hier in der Lounge, ein bisschen zu laut, um Hintergrundmusik zu sein. Links von mir sitzen vier Reisende an einem Tisch, spielen Karten und reden Französisch. Daneben eine junge Familie mit einer Tochter im Kindergartenalter, die auf ihre Eltern einquatscht… auf Englisch. Der Vater trägt Shorts und Flipflops. Wäre jetzt nicht ganz die Bekleidung meiner Wahl heute, obwohl es draußen nicht kalt ist. Der Fahrtwind pfeift zwar ziemlich, aber die Temperaturen sind sehr gemäßigt.
Hinter mir sortiert eine Mitarbeiterin von Marine Atlantic, so heißt die Fährgesellschaft, das Geschirr und Inventar der Bar. Ich würde mal schätzen, dass das Schiff gerade mit einem Viertel der vollen Passagierkapazität besetzt ist. Man hat also Platz um sich auszubreiten. Alle anderthalb Minuten tönt das Nebelhorn der MV Blue Puttees und mischt sich unter die Musik, manchmal sogar in der richtigen Tonart.
In den anderen Lounges sieht es ähnlich aus. Im hinteren Teil des Schiffes finden sich große Aufenthaltsräume mit Sitzen ähnlich wie im ICE, nur noch breiter und mit größerem Abstand. Hier gibt's keine Musik, aber man kann sich per Kopfhörer den Sound der auf großen Bildschirmen laufenden Fernsehsendungen auf die Ohren holen. Etliche Passagiere haben sich bestimmt auch in ihre Kabinen verkrümelt. Auf eine Kabine habe ich bei der Fahrt von Port-aux-Basques nach North Sydney verzichtet. Bei ner Fahrtdauer von rund sieben Stunden, noch dazu tagsüber, lohnt sich das nicht wirklich. Für die 17-stündige Rückfahrt nach Neufundland Ende nächster Woche habe ich aber ne Kabine gebucht.
Alles in allem also ein sehr gemütlicher Tag heute. Der Corolla hat heute kaum Arbeit. Erst nach unserer Ankunft in North Sydney hab ich noch ne gute halbe Stunde Fahrt bis zum Quartier.
Bei den Fährfahrten bin ich übrigens wieder auf meinen eigenen und Oma Kätes Spuren unterwegs. Damals haben wir die Tour, die ich dieses Jahr mache, aber in umgekehrter Richtung unternommen und sind zum Beispiel von North Sydney nach Port-aux-Basques gefahren.
Gerade kucke ich vorne über den Bug wieder aus dem Fenster und was soll ich sagen? Der Nebel hat sich gehoben. Die MV Blue Puttees fährt jetzt unter einer niedrigen Wolkendecke nach Südsüdwest. Da werde ich jetzt mal ein bisschen nach draußen gehen und das Reiselogbuch nachher zu Ende schreiben…

So, den Rest des Logbuchs schreibe ich jetzt im Quartier in St. Ann’s. Ich konnte dann doch noch die letzten gut anderthalb Stunden der Überfahrt an Deck verbringen und hatte dabei noch eine lustige Begegnung. Ich habe ein kanadisches Ehepaar aus Ontario wieder getroffen, die mit mir in L’Anse aux Meadows im Valhalla B&B gewohnt haben. Wir haben ein bisschen erzählt über unsere Erlebnisse und zugesehen, wie die Landschaft am Sydney Harbour an uns vorbeizog.
Nach dem Ausladen hatte ich noch ne gute halbe Stunde Fahrt bis zum Motel in St. Ann’s. Eigentlich hätte ich auch noch was weiterfahren können, das wäre mit Blick auf den morgigen Tag besser gewesen. Apropos „halbe Stunde“ mit der Ankunft in North Sydney bin ich auch in der Atlantischen Zeitzone angekommen und habe die Uhren eine halbe Stunde zurück gestellt. Mein Abstand zu Mitteleuropa ist jetzt fünf Stunden.

P.S. 391 Passagiere waren an Bord. Ich hab an der Rezeption gefragt. Das war ungefähr ein Drittel der maximalen Kapazität.


Kurzer Nachtrag: Die beiden Bilder des Tages zeigen zum eine den Hafen von Port-aux-Basques vor der Abfahrt und zum anderen den Blick auf's Meer, so ungefähr ne Stunde nach Beginn der Fahrt.


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