7. August 2010

Samstag – der letzte volle Tag in England. Morgen abend geht’s zurück nach Hause.
Ich bin grade aus'm Pub gekommen. Heute war ich im „Boathouse“. Erinnert Euch an gestern. Ich habe was gelernt. Während die Pubs von J.D.Wetherspoon zwar in ganz England unter vielen Namen laufen aber doch zu einer Kette gehören, hat's mit Greene King etwas anderes auf sich. „Greene King“ ist eine Brauerei aus Bury St. Edmunds ganz hier in der Nähe und die beliefern etliche der Pubs mit Ale. Ich weiß jetzt nicht wie das mit den Eigentumsverhältnissen aussieht aber Pubs mit Greene King im Türschild gehören wohl, egal wie sie heißen, nicht zu einer Kette.
Heute waren wieder Kathedralen angesagt. Ich hab schon ernsthaft überlegt, ob ich die Reise von „Südengland 2010“ in „C & C 2010“ umbenennen soll. Hmmmmm – denkt mal nach... „Castles and Cathedrals“. Ich glaube das wäre nicht unpassend.
Zuerst stand heute Peterborough auf dem Programm. Das ist ne gute halbe Stunde nördlich von Cambridge und sehr bequem über ne Autobahn zu erreichen. Zuerst bin ich zur Post gestiefelt und habe mir selbst ein Paket nach Deutschland geschickt. Während der Tour ist einiges an bedrucktem Papier zusammengekommen und per Royal Mail war's deutlich billiger den Krempel nach Hause zu bringen als per Air Berlin Übergepäck. Ich war schon auf dem Hinflug ein bisschen über der Freigepäckgrenze aber Air Berlin war kulant. Trotzdem wollte ich es nicht ausreizen und lieber auf Nummer sicher gehen.
Danach ging's zur Kathedrale. Die war früher mal ne Abbey aber im Zuge der englischen Reformation unter Henry VIII. hat sich der damalige Abt von Peterborough persönlich beim König dafür stark gemacht, die Abteikirche in ne Kathedrale umzuwandeln und hatte Erfolg. Deshalb ist Peterborough Cathedral heute eine sehr ansehnliche romanisch-frühgotische Kathedrale und keine Ruine. Die Kathedrale ist außerdem die letzte Ruhestätte von Katharina von Aragon, der ersten Frau von Henry VIII., wegen deren Kinderlosigkeit, oder vielmehr Sohnlosigkeit, er den ultimativen Krach mit dem Papst vom Zaune brach. Und für eine gewisse Zeit war auch Mary, Queen of Scots, hier begraben... in zwei Teilen – wir erinnern uns: Elisabeth I. hatte Mary den Kopf abhacken lassen. Mittlerweile ruht Mary aber in Westminster Abbey.
Von Peterborough bin ich durch die Fens genannten weiten Ebenen von East Anglia nach Ely gefahren. Auch hier gibt’s eine höchst schicke Kathedrale, die es im Gegensatz zu Peterborough schon im 12. Jahrhundert von der Abteikirche zum Bischofssitz gebracht hatte und folglich bei Ausbruch der Reformation außer Gefahr war, bis auf die bunten Fenster, die man damals vor rund 500 Jahren zerstört hat und die erst vor 150 Jahren im viktorianischen Stil erneuert wurden. In Ely ist mir auch endlich das gelungen, woran ich in Salisbury und Winchester gescheitert bin. Ich war auf dem Turm. Genial – mit ner sehr guten Führung und nem phantastischen Blick rund über die hier flache Gegend. Ely lag im Mittelalter noch auf einer Insel, die sich ein paar Meter über das ringsum liegende Marschland erhob. Heutzutage ist das alles trockengelegt und aus den Fens wurden Getreidefelder. Das Wasser muss aber immer noch abgepumpt werden, damit dieser Teil der Grafschaften Cambridgeshire und Suffolk nicht wieder versumpft.
So einiges anderes habe ich heute noch erfahren. Zum Beispiel, dass der Hauptturm der Kathedrale sich eigentlich über der Vierung befand, aber in den frühen Morgenstunden des 22. Februar 1322 eingestürzt ist. Man glaubt kaum, wie viele Turmeinstürze es an den Kathedralen hier in England gab. Neben Ely sind Chichester und Winchester zwei sehr prominente Beispiele. Nach dem Einsturz hat man in Ely keinen neuen Vierungsturm mehr gebaut sondern eine achteckige Laterne in einer mehrere hundert Tonnen schweren Holz-Blei-Konstruktion an seine Stelle gesetzt und dafür den Westturm auf seine heutige Höhe von 66m aufgestockt. Da oben war ich heute und natürlich entstand auch das Bild des Tages von da oben. Der Blick geht über das Langhaus, die Vierungslaterne und die Querhäuser hinweg über die Stadt und hinaus auf die Fens. Man beachte das Wetter ;-)
Zum Abschluss des heutigen Besichtigungsprogramms ging's noch zu den Ruinen der Abtei von Bury St. Edmunds (genau – da wo auch das Bier herkam und wo ich mich bei der Einfahrt in die Stadt ob der großen Zuckerfabrik sehr an meine Heimat erinnert fühlte). Die St. Edmunds Abbey war mal eine der größten und reichsten Benediktinerabteien Englands. Außer nem schönen Park mit ein paar Mauerresten ist davon allerdings kaum was übrig und so blieb Bury St. Edmunds so wie die anderen Abteiruinen, die ich besucht habe auch, dann doch eher hinter meinen Erwartungen zurück.
Morgen steht der letzte Tag noch mal im Zeichen der Luftfahrt. Es geht nach Duxford. Da befindet sich nämlich die Fliegerei-Außenstelle des Imperial War Museum. Außerdem werde ich wohl noch was Zeit zum Spotten in Stansted haben, bevor es Abschied von meinem treuen Corsa nehmen heißt. Diesen Sommer sind's mal ausnahmsweise nicht so sehr viele Flugstunden, die mich von der Heimat trennen. Ich habe heute übrigens ein bisschen überlegt während meiner Fahrten. Ich werde versuchen, Euch morgen von Stansted einen Tagebucheintrag zu morgen zukommen zu lassen und dann am Montag morgen einen abschließenden Von-zu-Hause-aus-Rückblick schicken. Normalerweise endet das Logbuch ja am Tag meiner Rückkehr, aber ich werde morgen abend, sofern Air Berlin keinen Mist baut, erst gegen halb 12 zu Hause sein und dann hab ich wahrscheinlich wenig Lust, noch einen Logbucheintrag zu schreiben. Aber mal kucken. Ihr werdet es morgen oder übermorgen sehen.

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