30. Juli 2010

Hatte ich gestern schon wieder das Wetter gelobt? Ich glaube damit sollte ich für den Rest der Tour vorsichtiger sein. Heute morgen hat's in Truro geregnet und auch den Rest des Morgens während meiner Fahrt zum heutigen Etappenziel wurde es erstmal nicht wirklich besser. Nebel und Nieselregen – so wie man sich englisches Wetter gemeinhin vorstellt. Das hat dann auch dazu geführt, dass ich zwei Besichtigungspunkte heute vormittag ausfallen gelassen habe. Im Sprühregen durch einen der berühmten Gärten von Cornwall zu spazieren war jedenfalls nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Und auch die Hurler Stones, drei Steinkreise aus der Jungsteinzeit waren auf den Höhen des Bodmin Moor im Nebel versunken und ich habe mir das Aussteigen aus dem Auto gespart, denn sehen konnte man sowieso nix. Einzig Restormel Castle, die Ruine einer mittelalterlichen Adelsresidenz, wurde im fieseligen Regen erkundet. Recht schön eigentlich, aber die Highlights des Tages kamen dann am Nachmittag.
Endpunkt der Fahretappe war heute Plymouth. Das ist zwar nicht so sehr weit von Truro, aber ich wollte auch was Zeit haben, mir hier die Stadt anzukucken. Um kurz vor eins war das Auto geparkt und ich habe beschlossen, mich mal wieder auf einen Restaurant-Tipp des Lonely Planet zu verlassen und war im „Platters“ Fisch essen. Gegrillte Schollenfilets – einfach phantastisch. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so leckeren Fisch bekommen habe. Danach bin ich ein bisschen durch den Barbican, die noch erhaltenen Altstadt-Teile am Hafen spaziert. Der Regen hatte zum Glück aufgehört, aber die Wolken hingen noch immer tief. Plymouth gefällt mir echt gut. Hätte ich eigentlich gar nicht unbedingt erwartet, aber das Hafenviertel wurde und wird mit viel Liebe renoviert und es gibt auch einiges zu sehen. Ich hatte schon überlegt, ins Aquarium zu gehen, aber dann dachte ich, als ich wieder an den Kais vorbei spazierte, „Mach doch ne Hafenrundfahrt“. Und da hab ich mal wieder alles richtig gemacht. Statt mich im Aquarium über die dort mit hoher Wahrscheinlichkeit gehäuft auftretenden quengelnden Kleinkinder zu ärgern – okay, nicht über die Kinder sondern mehr über deren Eltern... *lach... – bin ich knapp anderthalb Stunden durch den Hafen von Plymouth geschippert worden und es gab sehr schöne Ausblicke auf die Stadt, die Zitadelle, den Plymouth Hoe (dazu erzähle ich gleich noch was), die Docks und den beeindruckenden Wellenbrecher (sieht man zwar nur aus der Ferne, aber ich finde ihn trotzdem beeindruckend. Vier Millionen Tonnen Steine haben französische Kriegsgefangene 1812 in die Hafeneinfahrt gekippt um den Hafen besser gegen die Elemente abzusichern). Man konnte außerdem schön die andere Seite des Flusses Tamar sehen. Dort ist nämlich schon Cornwall, während Plymouth selber in Devon liegt. Und als Höhepunkt gab es, und das ließ mein Herz natürlich echt höher schlagen, ausführliche Blicke auf den Stützpunkt der Royal Navy, wo sich Fregatten und Atom-U-Boote aneinander reihten. Sehr schön. Da hatte ich auch beinahe schon mein Bild des Tages gefunden, aber dann habe ich gedacht, dass ich Euch übermorgen nach meinem Besuch bei „Meet your Navy“ in Portsmouth noch genug Marine-Kram anbieten kann.
Und damit wären wir beim Plymouth Hoe. (Ich weiß gar nicht ob es der oder die Hoe heißen muss. Egal.) Plymouth Hoe ist eine Art Hochplateau über dem Plymouth Sound und heutzutage ein Park (wo heute unter anderem Kirmes war). Man muss sich das so vorstellen: Plymouth liegt auf einer Halbinsel, die im Westen vom River Tamar und im Osten vom River Plym begrenzt wird. Vor dieser Halbinsel befindet sich der Plymouth Sound wo sich die beiden Flussmündungen gemeinsam auf einer Breite von ca. 3km zum Meer hin öffnen. Die Halbinsel selber besteht im Süden aus einem langgestreckten Hügel, ich schätze mal so 50m hoch und mit steilen Klippen zum Meer hin, auf dem sich im östlichen Teil die Zitadelle befindet. Den Rest, ungefähr drei Viertel des Hügels bildet der/die Plymouth Hoe und nach Norden fällt das Gelände wieder ab und hier liegt die Stadt. Irgendwie ne ganz eigenartige, sehr interessante Geografie. Jedenfalls begab es sich, dass im Juli 1588 ein gewisser Sir Francis Drake, Seefahrer, Vize-Admiral der königlichen Marine, Entdecker, Weltumsegler und der Königin höchsteigener Pirat sein Bowls-Spiel kurz unterbrach als er der spanischen Armada vor der Hafeneinfahrt ansichtig wurde und dann sagte „Och – die Partie spielen wir noch zu Ende und dann kriegen's die Spanier, aber so richtig.“ Und genau das tat er dann auch. Zusammen mit seinem Boss, Admiral Lord Howard, gelang es ihm, mit der zahlenmäßig deutlich unterlegenen englischen Navy, die Armada – dem zur Eroberung Englands ausgezogenen Stolz Spaniens – in mehreren Schlachten zu vernichten. Klar, dass dem Mann auf dem/der Plymouth Hoe ein Denkmal gesetzt wurde. Das ist heute auch das Bild des Tages. Ja, kuckt ruhig. Zu diesem Zeitpunkt am heutigen späten Nachmittag hatte sich die Sonne hervorbemüht. (Im Moment regnet es aber wieder.) Wenn ich wieder zu Hause bin werde ich mal nach ein bisschen Literatur zu Francis Drake forschen. Das könnte ne spannende Lektüre sein.
Morgen geht’s nach Portsmouth und unterwegs gibt’s das ein oder andere Castle zu besichtigen. Hmmmmm – das war heute der dritte Tag ohne Kathedrale. Langsam hab ich Entzugserscheinungen. Aber es werden schon noch wieder welche kommen. So – das reicht für heute. Tut mir leid, wenn die Logbucheinträge auf dieser Tour immer ein bisschen länger geraten, aber es gibt halt einfach so viel zu erzählen. Ich hoffe Ihr habt noch Spaß am lesen. Bis morgen.

 

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