2. August 2019

Es ist kurz nach halb zwölf abends und draußen immer noch hell… ich bin in Inuvik. Viele kennen den Namen des Ortes vielleicht noch aus dem Erdkunde-Buch, wo Inuvik immer bei den Klimadiagrammen vorkam. Ist irgendwie schon ein bisschen surrealistisch das ich jetzt hier bin… *lach… Aber für den letzten Programmhöhepunkt meines diesjährigen Sommerabenteuers ist Inuvik ein guter Ausgangspunkt.
Um viertel vor acht ging heute morgen in Yellowknife der Handy-Wecker. Ich wollte auf jeden Fall heute sehr rechtzeitig am Flughafen sein, denn im Gegensatz zu gestern, wo ich nur mit Rucksack unterwegs war, hatte ich heute ja mein ganzes Gepäck dabei. Und gestern stand bei Canadian North ne riesige Schlange. Ich war also um zehn vor neun am Flughafen, habe den Mietwagen zurückgegeben und dann den Sammy und die Echo Bay-Tasche zum Schalter von Canadian North geschleppt… wo kein Mensch anstand. Ich hab dann mal gefragt und die freundliche Mitarbeiterin meinte nur, „Gestern waren unsere Computer ausgefallen und wir mussten alles per Hand machen“. Okay, also heute keine Schlange und mein Gepäck war ich sofort los. Ich habe dann erst mal Frühstück im Flughafen-Café gemacht und meine Milieu-Studien von gestern fortgesetzt. Ganz im Ernst, ich könnte hier den Leuten stundenlang zukucken. Das ist so spannend. Heute war sogar noch mehr los als gestern, denn neben der aus Edmonton kommenden und nach Inuvik weiterfliegenden Maschine gab es von Canadian North wieder den Flug nach Kugluktuk und Cambridge Bay, auf dem ich gestern unterwegs war, den Flug nach Gjoa Haven (die junge Mutter, die gestern nicht mehr mitkam, konnte – wie ich gesehen habe - heute fliegen) und auch noch einen Flug nach Rankin Inlet am Westufer der Hudson Bay. Und dazu kamen auch noch fünf Maschinen von First Air, die Passagiere und Fracht über die Northwest Territories und Nunavut verteilten.
Apropos Fracht. Hier wird halt alles mit dem Flugzeug transportiert. Als ich nach dem Einsteigen auf meinem Platz saß, konnte ich durch das Fenster unserer Boeing 737-300 der Bodencrew noch ein bisschen beim Verladen zusehen. Nicht nur Koffer wanderten in den Bauch, sondern auch Lebensmittelkisten und ein Flachbildfernseher.
Beim Start hat‘s geregnet und auch die ersten paar Minuten des Fluges waren noch sehr holperig. Die Gewitter der letzten Nacht zeigten da noch ihre Nachwirkungen. Der Flug ging in zwei Etappen. Es gab eine kurze Zwischenlandung in Norman Wells, eine gute Flugstunde nordwestlich von Yellowknife. Leute stiegen ein, Leute stiegen aus, Fracht und Gepäck wurden aus und wieder eingeladen, unter anderem wanderten drei mit Panzerband zusammengetapete Schaufeln in den Bauch der 737. Um ein bisschen einen Eindruck von der Gegend hier zu geben, habe ich das erste Bild des Tages ausgesucht. Direkt nach dem Start in Norman Wells. Die Berge, die man sieht, sind die Franklin Mountains. Alles nicht so wirklich hoch. Dafür sind hier in der letzten Eiszeit zu viele Gletscher über die Landschaft geschrappt.
Noch mal eine gute dreiviertel Stunde später war ich in Inuvik. Für mein Programm hier habe ich Tundra North Tours, einen örtlichen Tourveranstalter, engagiert, und die haben mir auch einen Shuttlebus zum Flughafen geschickt. Ein großgewachsener junger Kanadier, Baseballkappe, dicke Jacke, Jeans, aber Flipflops an den Füßen begrüßte mich in der kleinen Ankunftshalle. Ein älteres Ehepaar, dasim gleichen Hotel wohnt wie ich, wartete schon auf meine Ankunft. Wir wurden samt Gepäck in ein Büsschen geladen, in dem auch die beiden Kinder unseres Fahrers saßen und dann ging‘s die zwölf Kilometer in den Ort Inuvik (Stadt kann man bei rund 3500 Einwohnern ja nicht wirklich sagen). Wir hatten die ersten fünf Minuten der Fahrt noch nicht hinter uns, da hatte mir der siebenjährige Sohn unseres Fahrers schon erzählt, dass die meisten Grizzly-Bären am Golfplatz und an der Gemeindemüllkippe zu finden wären und dass man mit Bären aufpassen muss. Habe ich mir auf jeden Fall schon mal gemerkt.
Das Hotel ist echt schön, was ein Glück ist, denn so richtig viel Auswahl gibt es in Inuvik nicht. Heute nachmittag bin ich ein bisschen im strahlenden Sonnenschein, bei T-Shirt-Temperaturen durch den Ort spazieren gegangen. Dabei bin ich auf das Motiv für das zweite Bild des Tages gestoßen. Fahrräder vor der Stadtbücherei… in der es auch kostenloses WLAN gibt.
Inuvik ist eine Sammlung von Holzhäusern, zum großen Teil bunt, und mit viel Platz zwischen drin. Auch hier gibt es einiges an Leerstand. Nicht alle Straßen sind geteert. Vor allem unten am Fluss nicht. Ich bin auf meinem Rundgang bis zum Ufer des East Channel des Mackenzie River runter spaziert. Und? Ich hoffe Ihr habt Euch den Namen des Flusses gemerkt… Genau… Der Athabasca River im Jasper Nationalpark ist einer der Quellflüsse.
Abendessen gab es in der Lounge hier im Hotel und dabei wurde mir bewusst, dass ich grade dabei bin, eine alte Liebe wiederzuentdecken… Überall laufen die Toronto Blue Jays im Fernsehen, und ich habe richtig Spaß beim Zukucken. Heute haben sie die Baltimore Orioles in Baltimore 5 zu 2 geschlagen und es war ein echt schönes und spannendes Spiel, dass ich zuerst in der Lounge und später bei mir im Zimmer bis zum Ende gesehen habe.
Morgen gibt es eine Exkursion zum Arktischen Ozean, der Grund warum ich hier bin. Es geht um zwölf Uhr am Büro von Tundra North Tours direkt hinter meinem Hotel an der Hauptstraße von Inuvik los. Klingt hochtrabend, aber das Hauptquartier der Firma ist eine kleine Holzhütte, mit Firmen Logo auf großem Straßenschild aber innen drin mit iMac und Internetanschluss ausgestattet.
Mittlerweile ist es hier in Inuvik ein Uhr nachts und ich überlege grade, wie die Sonne es bis morgen früh schafft, auf die andere Seite der Stadt zu wandern. Draußen gehen die Leute noch im leicht dämmrigen Licht - die Sonne ist mittlerweile unter dem Horizont – mit dem Hund spazieren und ich ziehe jetzt die Vorhänge zu. Morgen kann ich ja ausschlafen.

P.S. Ich habe für heute ne etwas größere Karte genommen, damit Ihr Euch besser vorstellen könnt, wo ich grade bin.

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