31. Juli 2019

Yellowknife ist schon ne seltsame Stadt. Nicht nur, dass es hier am Rande von Nirgendwo liegt. Ich versuch‘s mal zu beschreiben. Städtebaulich ist es ein Katastrophe. Im Schachbrettmuster sind ja sehr viele Städte in Nordamerika angelegt, aber Bauvorschriften scheint es hier keine zu geben. In dem was sich Downtown nennt gibt es ein paar höhere Häuser – sieht man im ersten Bild des Tages - und ein paar Geschäfte, und Banken und hauptsächlich Behörden, aber auch leerstehende Häuser und Läden mit zugenagelten Fenster.
Auf dem Stadtplan, den man mir gestern bei Hertz am Flughafen gegeben hat, war „old town Yellowknife“ eingezeichnet. Da bin ich nach dem Frühstück hingefahren. Nein, Moment. Nach dem Tim Horton-Frühstück bin ich ZUERST zum Visitor Centre in der Stadtverwaltung gefahren. Ein Jüngelchen, mehr als 18 war er nicht, saß dort hinter dem Tresen und auf meine Frage, ob es die Möglichkeit gäbe, ne Bootstour auf dem Großen Sklavensee zu machen, meinte er, „wahrscheinlich nicht“, und ging dann auf Socken (ich dachte echt, ich seh nicht richtig) zum Regal und gab mir ne Fotokopie mit Telefonnummern, wo man Trekkingtouren buchen oder Boote zum Angeln auf dem See mieten könnte. Das Telefonieren habe ich mir aber gespart und bin nach „old town“ gefahren. „Old town Yellowknife“ steht in keiner Weise mit dem in Zusammenhang steht, was man in Europa gemeinhin als Altstadt bezeichnet. Es ist einfach nur der ältere Teil der Stadt, wo es heutzutage hauptsächlich Wohnhäuser und Bootsanleger gibt. Wofür es sich allerdings trotzdem gelohnt hat, hinzufahren, das war der Blick vom Pilots‘s Memorial, einem Felsen, auf dem sich das Denkmal für die Buschpiloten der 1920er- und 1930er-Jahre befindet. Die hatten nämlich erheblichen Anteil an der Erkundung der Gegend hier und daran, dass Yellowknife heute weit und breit die größte Stadt ist. Der Blick von dort oben ist sehr schön, auch wenn man den See nicht in Gänze sieht, denn Yellowknife liegt an einer der vielen Buchten. Landschaftlich ist es hier eher flach und ein bisschen wellig. Am Horizont gibt es rundum keine Erhebung. Die Bäume sind klein und man fühlt sich an Zentral- und Nord-Skandinavien erinnert. Passt ja auch von den Breitengraden her. Ich glaube, man kann das im ersten Bild des Tages einigermaßen erkennen.
Von Yellowknife ist es nicht mehr weit bis zum Beginn der Tundra. Das habe ich heute Nachmittag im Prince of Wales Northern Heritage Centre gelernt, einem Museum, wo Natur und Kultur der Gegend hier dokumentiert sind, von prähistorischen Bison-Arten bis hin zu Gegenständen aus der Stadtgeschichte. Schön gemacht, nicht groß aber interessant. Zum Nachmittagsprogramm gehörte auch ein Besuch im Parlament der Northwest Territories. Mehr Sitze als im Stadtrat von Euskirchen gibt‘s da zwar nicht, aber dafür ist das ganze in nem richtig schicken Gebäude untergebracht. Man hat, wie es sich für einen Parlamentssaal gehört, Besuchergalerien und passend hzu den Nummernschildern hier liegt auf dem Boden des Sitzungssaals ein Eisbärfell. Alles ziemlich schick… und im Jahr 1994 von der Queen höchstpersönlich eingeweiht.
Zur Mittagszeit war ich allerdings am Flughafen. Dort hatte ich eine Hangarführung bei Buffalo Airways gebucht. Diese Fluggesellschaft ist eine von vielen, die die Menschen hier in der Gegend mit allem Lebensnotwendigen versorgt. Allerdings hat Buffalo Airways eine Flotte, die zum Teil aus immer noch zuverlässigen Oldtimern besteht. Dazu gehören Douglas DC-3, Lockheed Electras und, wie im zweiten Bild des Tages, die Curtiss C-46 Commando. Vielleicht hat der eine oder die andere auch schon mal was im Fernsehen von Buffalo Airways gesehen, in der Serie Ice Pilots NWT. Ich kannte Buffalo Airways aus der einschlägigen Fachpresse. Vor kurzem war über die Gesellschaft noch ein Artikel in der Airliner World.
Die Mitarbeiterin, die die Führung machte (in silbernen Schlappen übrigens) war Stella… aus Münster, großer FC-Fan… und der Liebe wegen von Westfalen aus in Yellowknife gelandet. Obwohl sie selber keine Pilotin war, hatte sie aber echt viel Ahnung von der Fliegerei und den ganzen technischen Aspekten. Muss man auch haben, wenn man hier quasi ein Fachpublikum durch eine Flugzeugwerkstatt führt. Da zähle ich mich selber noch nicht mal dazu, da kommen hier bestimmt noch ganz andere Cracks hin.
Insgesamt muss ich allerdings sagen, dass ich mir ein bisschen mehr von dem Besuch bei Buffalo Airways versprochen hatte. Außer einer DC-3 und der C-46 sowie einigen kleineren Beechcraft-Maschinen und einem Wasserflugzeug-Oldtimer gab es nicht viel zu sehen. Ich hatte eigentlich auf ne Lockheed Electra gehofft, oder eine C-46, die nicht gerade auseinander geschraubt war. Aber immerhin war die Führung kostenlos.
Am späteren Nachmittag bin ich ein zweites Mal heute zum Flughafen gefahren, weil mir meine Flightradar24-App verraten hatte, dass sich eine 737 der Air North auf dem Weg nach Yellowknife befand. Ich habe also noch ein bisschen gespottet und damit war das Programm für den Tag heute auch rum.
Morgen wird‘s crazy. Ich mache eine Flugexkursion mit Canadian North. Diese Fluggesellschaft ist eine der wenigen, die (noch) Boeing 737-200 in gemischter Konfiguration (Fracht und Passagiere) betreiben, die noch dazu mit „gravel kit“ ausgestattet sind, einer speziellen Zusatzausrüstung, die Boeing entwickelt hat, um die Maschinen von Schotterpisten aus betreiben zu können. Von diesem Flugabenteuer habe ich schon lange geträumt. Es wird auf jeden Fall morgen viel zu erzählen geben.

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