8. Juli 2015

Mein erster ganzer Tag auf den Shetland-Inseln... und das Kontrastprogramm zu den Orkneys ging heute ungebremst weiter. Im Laufe des heutigen Logbucheintrags werdet Ihr sehen, was ich meine.
Der Tag begann heute morgen nach dem Frühstück mit einer Fahrt in Richtung Süden. Das Wetter war nämlich eigentlich ganz schön und so wollte ich mit dem Boot nach Mousa rüberfahren. Das ist ein kleines Inselchen vor der Ost-Küste von Süd-Mainland, und da gibt’s ein Vogelschutzgebiet und auch nen Broch. Was ich aber bei dem Sonnenschein nicht bedacht hatte war, dass eine steife Brise unterwegs war. Entsprechend war denn auch die Information im Hafen von Sandwick „Heute keine Überfahrt“. Was mir bei der Brandung, durch die wir durch gemusst hätten, einleuchtete und auch nicht so unlieb war.
Also kam Plan B zum Zuge. Ich bin in den Nordwesten von Mainland gefahren, nach Eshaness. Hier gibt es fantastische Klippenlandschaft, gegen die der ungebremste Atlantik prallt. Und damit bin ich schon im dritten Absatz des Logbucheintrags beim Bild des Tages. Das Panorama in Eshaness ist echt spektakulär, und durch den Wind wurde das ganze noch mal verstärkt. Ein braver Atlantik 65m weiter unten hätte nicht halb so gut gewirkt. An den Klippen segeln Eissturmvögel und Basstölpel vorbei und die Aussicht ist atemberaubend... nicht zuletzt weil es – und das zeigt das Bild leider nicht – da oben so stürmte, dass es einen fast von den Füßen geholt hat.
Von Lerwick nach Eshaness sind es 40 Meilen und auf den breiten Straßen hier kommt man gut voran. Selbst die letzten Meilen, wo die Straße dann nur noch einspurig mit Ausweichbuchten ist, ist sie gut gebaut und sogar mit Fahrbahnrandmarkierungen versehen. Auf den Orkneys gab's nur ganz wenige Straßen, die rechts und links ne Markierung hatten... Was mir übrigens auch aufgefallen ist, im Gegensatz zu Orkney: die Leute hier haben es eilig. Gefahren wird extrem sportlich. Da bin ich so mit 65 Meilen auf der Straße unterwegs und die Shetlander brausen an mir vorbei, dass es eine Wonne ist. Auf den Orkneys war man zwar auch zügig unterwegs, aber den Anflug von Hektik hier, den gab's da nicht.
An einigen Stellen wirkt Shetland Mainland so, als hätte sich ein Stück von Skandinavien losgerissen und wäre ins Meer gedriftet. Immer wieder sieht man, grade in den Außenbezirken der Ortschaften, bunte Häuser. Sehr unschottisch. Das gab's auf den Orkneys nicht. Da war ganz klar schottisches Grau angesagt. Der Kontrast fiel heute besonders auf, als ich auf dem Rückweg von Eshaness nach Lerwick in Scalloway Station gemacht habe. Scalloway ist die alte Hauptstadt von Shetland. Das Hafenstädtchen liegt an der Westküste und der Hafen ist bei weitem nicht so groß und gut geschützt, wie der von Lerwick. Dafür ist Scalloway aber in der Nähe von Tingwall, wo zur Zeit der Wikinger- und der dänischen Herrschaft das shetländische Parlament auf einer kleinen Insel in einem See tagte. In Scalloway gibt es darüber hinaus auch ein Castle aus dem 16. Jahrhundert und ein Museum. Im Museum wird unter anderem die Geschichte des Fisch- und Walfangs auf den Shetlands beschrieben und ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit dem „Shetland Bus“. Das waren verdeckte Operationen im Zweiten Weltkrieg, bei denen mit kleinen Booten Agenten nach Norwegen gebracht wurden und Material an den norwegischen Widerstand geliefert wurde.
Auf dem Weg von Eshaness nach Scalloway habe ich noch einen kurzen Abstecher in Richtung Sullom Voe gemacht, wo sich das shetländische Ölterminal befindet. Hier kommen die Brent und die Ninian Pipelines von den Ölfeldern in der nördlichen Nordsee an und das Öl und Gas werden zwischengelagert und auf Tanker gepumpt.
Was es in Sullom Voe auch gibt (was ich bis heute gar nicht wusste), das ist ein kleiner Flugplatz, Scatsta. (Ihr merkt schon: Ortsnamen auf den Shetlands sind ein Kapitel für sich.) Hier findet vor allem Flugverkehr im Zusammenhang mit der Ölindustrie statt. Innerhalb einer halben Stunde habe ich drei Saab 2000 von Eastern Airways und zwei Hubschrauber fotografiert. Ganz schön was los, also.
Von Scalloway ging's dann zurück nach Lerwick. Ich hab gestern noch von „Städtchen“ gesprochen, aber ich muss mich korrigieren. Lerwick ist ne richtige Stadt. Im Norden liegt am Fährhafen auch ein großes Industriegebiet und es hat alles, was zu ner richtigen Stadt gehört. Inklusive Staus.
Da es erst halb fünf war bin ich noch mal ins Zentrum gefahren... und habe mir ne Mütze gekauft. Bei den für unsere Verhältnisse herbstlichen Temperaturen hier und vor allem dem kräftigen Wind ist das besser für meine Ohren. Anschließend habe ich noch einen kurzen Blick ins Fort Charlotte geworfen, die alte Stadtfestung von Lerwick aus der napoleonischen Zeit. So richtig einschüchternd wirkte sie nicht, und in der napoleonischen Zeit hat sie auch keinen Feind zu Gesicht gekriegt.
Morgen geht’s schon wieder weiter. Ich fahre nach Unst. Das ist die nördlichste der Shetland-Inseln und gleichzeitig auch der nördlichste Punkt Großbritanniens.


 

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