16. Oktober 2019

Heute war ein gemütlicher Tag. Abfahrt war erst um 9:00 Uhr, so dass es echt keinerlei Stress mit dem Aufstehen und dem Frühstück gab. Noch dazu mussten wir heute auch nicht umziehen. Nach den Gewittern von gestern abend hatte ich schon ein bisschen Befürchtungen, was das Wetter anging, aber heute morgen lachte über Byblos und dem Libanon-Gebirge schon wieder die Sonne, und es war sogar ein bisschen abgekühlt und nicht mehr so brutal heiß wie die letzten Tage.
Die Fahrt führte uns heute zuerst auf der Autobahn in Richtung Norden bevor wir kurz vor Tripoli nach rechts in die Berge abgebogen sind. Abbas hat uns ein bisschen was über den Libanon erzählt, aber er hat ein echtes Problem damit, nicht vom Hölzchen auf‘s Stöckchen zu kommen und wirklich die Fragen zu beantworten, die ihm gestellt worden sind. Er macht zwar viel Verzäll, aber er wiederholt manche Sachen ständig und Zwischenfragen sind problematisch. Ich war heute noch nett, aber morgen ist Bergfest und die Schonfrist für den Reiseleiter ist dann vorbei.
Von der Küste geht es direkt steil hoch ins Libanongebirge. Die Landschaft ist typisch mediterran und könnte vom Grundgedanken her auch auf Kreta oder an anderen Stellen im Mittelmeerraum sein. Allerdings ist das Libanon-Gebirge an einigen Stellen schon ziemlich schroff, mit dramatischen Schluchten. Viele kleine maronitische Dörfer und Städtchen säumen den Weg und zuerst gibt es noch Oliven und Steineichen, aber wenn man höher hinauf kommt, dann überwiegt der Obstanbau. Äpfel und Kirschen auf terrassierten Feldern und an den Straßen entlang Walnussbäume.
Erster Stopp des Tages war die Stadt Bcharré. Schreibweisen dieses Namens gibt es ein halbes Dutzend. Ich nehme einfach die, die man auch auf den Straßenschildern hier sieht. Bcharré ist eines der wichtigsten Zentren der Maroniten, es gibt eine große maronitische Kathedrale und Bcharré ist außerdem der Geburtsort des libanesisch-amerikanischen Dichters und Malers Khalil Gibran. Diesen Namen hatte ich zwar schon mal gehört, aber noch nichts von ihm gelesen. Khalil Gibran lebte um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts und war schon als Kind mit seiner Mutter und Geschwistern in die USA ausgewandert. Er lebte, studierte und arbeitete vornehmlich in den USA und Europa, aber auf seinen Wunsch hin wurde er in seinem Heimatdorf bestattet und hat der Gemeinde Bcharré sämtliche noch anfallenden Einkünfte aus seinem Werk vermacht. In Bcharré gibt es ein Museum, wo seine Bilder (die mir nicht wirklich gefallen haben) ausgestellt sind. Außerdem findet man persönliche Gegenstände aus seinem Leben und die Gruft. Spannender als das Museum fand ich zwar die Landschaft und die Lage der Stadt, aber ich habe mir schon vorgenommen, mal eines seiner Bücher zu lesen.
Von Bcharré sind wir noch ein bisschen weiter bergauf gefahren, zu den „Zedern“. Die Libanonzeder war schon im Altertum eines der wichtigsten Handelsgüter dieser Gegend und der Baum kommt sogar in der Bibel vor. Die Berge hier müssen einst mit Zedern bedeckt gewesen sein, wobei der Baum hier im Libanon erst ab einer gewissen Höhe wächst, denn zu warm darf es für Libanon-Zedern nicht sein. Leider war schon in der Antike der Bestand der Libanon-Zeder durch Abholzung so stark bedroht, dass der römische Kaiser Hadrian per Erlass die Zedern im Libanon unter Schutz stellte. Gebracht hat es wenig. Den letzten großen Zedernbestand des Libanon findet man oberhalb von Bcharré. Die Zedern, die hier stehen sind zum Teil schon über 2000 Jahre alt und werden heutzutage gehegt und gepflegt. Immerhin ist die Zeder das Nationalsymbol des Staates Libanon und ziert dessen Flagge. An den Zedern von Bcharré muss man Eintritt bezahlen, um durch den Hain (von Wald kann man nicht wirklich sprechen, dafür ist er zu klein) spazieren zu gehen, es gibt Andenkenbüdchen und ein Restaurant und die Zedern werden professionell betreut. Es gibt sogar Blitzableiter in dem Wäldchen, damit nicht ein Blitz die kostbaren Bäume abfackelt. Natürlich sind also Zedern, samt Gipfelzug des Libanon-Gebirges, das heutige Bild des Tages.
Wir sind durch‘s Wäldchen spaziert und haben dann in dem Restaurant nebenan Mittagspause gemacht. Danach ging es zurück nach Byblos, wo wir gegen viertel vor vier ankamen und den Rest des Nachmittags frei hatten. Ich bin noch mal in die Ausgrabungen gegangen, mit Ruhe und Muße, und habe es sogar geschafft, ein bisschen in dem kleinen römischen Theater zu sitzen und zu lesen. Anschließend bin ich zum Hafen spaziert und habe dort auf der Mauer sitzend den Sonnenuntergang verfolgt.
Zum Abendessen wurde heute für uns gegrillt, nachdem man uns vorher wieder Berge libanesischer Vorspeisen aufgetischt hatte. Alles super lecker.
Als Abschluss des Tages haben Eva, Karl (Herr Meier aus Zürich) und ich auf der Terrasse des Hotels noch einen Absacker genommen, wobei ich zu meiner eigenen Überraschung feststellen musste, dass ich beginne, am Arrak, dem libanesischen Anisschnaps, Gefallen zu finden. Eine weitere Überraschung heute war, dass unsere Schweizer Mitreisende Frau Fattinger Jahrgang 1925 ist. Rechnet selbst. Sie ist zwar mit Walking-Stöcken unterwegs, aber hält sich sehr wacker. Ich denke da, mit ziemlich gemischten Gefühlen an meine Mitreisende Waltraud in Ägypten, die zwar deutlich jünger war aber für die Gruppe viel betreuungsintensiver.

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