29. Juli 2018

Um 4:15 Uhr war die Nacht zu Ende, denn um viertel vor fünf kamen Nanang und mein Fahrer um mich zum Sonnenaufgang zur Tempelanlage von Borobudur zu fahren. Frühstück gab's um diese Zeit noch nicht, und mir wäre so früh auch sowieso nicht zum Essen zu Mute gewesen...
Von meinem Quartier bis zum Tempel sind es nur rund 15 Minuten Fahrt. Am Einlass zur Sonnenaufgangsbesichtigung war schon ziemlich viel los. Hauptsächlich europäische Touristen in Shorts, Tshirts und Flipflops, die sich an der angenehmen Morgenluft - ich schätze mal es war so um die 18 Grad – erfreuten und eingemummelte indonesische Mitarbeiter, Security-Leute und Tourguides, denen es entschieden zu kalt war. Momentan ist hier in Südjava die kälteste Zeit des Jahres und die Indonesier frieren. Ich habe einen der Mitarbeiter der archäologischen Stätte mit ner Skimaske über die oberen Tempelebenen laufen sehen.
In der Dunkelheit und im Schein unzähliger Taschenlampen bewegte sich der Strom der Touristen auf den Tempel. Nanang zeigte mir einen Platz wo ich mich hinsetzen konnte und eine gute Sicht hätte, wenn die Sonne denn aufginge. Es war nämlich bewölkt heute morgen. Jetzt kann sich dieser Zustand ja schon mal im Verlauf einer Morgendämmerung ändern, aber wie Ihr Euch in Ermangelung eines Sonnenaufgangbildes vielleicht schon gedacht habt, fiel der Sonnenaufgang wegen Wolkendecke aus. Ein Spektakel der anderen Art boten die Touristen, was auch eher zu meiner frühmorgendlichen Übellaunigkeit passte... Ich habe also statt des Sonnenaufgangs Menschen beobachtet.
Ein paar kurze Infos zu der Anlage in Borobudur: Der "Tempel" ist ungefähr 1300 Jahre alt, aus vulkanischem Gestein errichtet, und eine buddhistische Anlage. Er stammt aus einer Zeit, in der es in Java mehrere Königreiche gab, die entweder buddhistisch oder hinduistisch waren. Eigentlich ist es auch kein Tempel, sondern nur ein Stupa. Der Buddhismus, der hier gepflegt wurde, war laut Nanang eine ähnliche Strömung wie der in Tibet. Dass es da unterschiedliche Varianten gab, war mir zwar irgendwie klar gewesen, aber dass es im Buddhismus auch sozusagen 'Konfessionen' gibt, das wusste ich nicht.
Das Bauwerk in Borobudur besteht aus neun Ebenen und symbolisiert den Weg des Buddhisten zur Erleuchtung. Die Wände der unteren, rechteckigen Ebenen sind mit Reliefs geschmückt, die inpirierende Geschichten und das Leben Siddhartha Gautamas erzählen. Auf den drei oberen, runden Ebenen gibt es keinen Reliefschmuck mehr, sondern nur noch die aus Steinen zusammengesetzten Gebäude, die man im ersten Bild des Tages sieht. Die Dinger erinnern mich total an die Phasierungsglöckchen, die bei mir in der Schule durch die Klassen und Pultschränke geistern (meine Kolleginnen und Kollegen, die das hier lesen, wissen genau, was ich meine und griemeln grade vor sich hin). Jede dieser Glocken enthält eine Buddha-Statue in einer der typischen Meditationshaltungen. Die durchlöcherten Mini-Stupas mit den Statuen drin sind ungefähr vier Meter hoch. Oben auf der neunten Ebene steht der eigentliche Stupa. Das ganze Konstrukt des Borobudur enthält 50.000 Kubikmeter Stein und ist schon echt gewaltig. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich es mir anders, und größer, oder besser gesagt weitläufiger, vorgestellt hatte. Fotos ohne Menschen drauf zu machen erforderte darüber hinaus sehr gutes Timing und einen Blick für den passenden Winkel. So einsam, wie das auf dem Bild aussieht, ist es dort echt nicht.
Um viertel nach sechs, es war inzwischen richtig hell, sind Nanang und ich zur Führung aufgebrochen und dazu erst mal wieder von den oberen Ebenen, wo der Sonnenaufgang stattfinden sollte, ganz nach unten geklettert. Er hat mir die Reliefs und die durch den gesamten Komplex symbolisierte Philosophie erklärt und so haben wir uns langsam wieder nach oben gearbeitet.
Nach anderthalb Stunden war's dann aber auch genug, und wir sind zurück zum Hotel, wo das Frühstück auf mich wartete. Ich hab indonesisch gefrühstückt - mit gebratenen Nudeln, Kaffee, Guavensaft und Obst... und dann hab ich mich noch mal ein bisschen hingelegt, denn der nächste Programmpunkt begann erst im halb zwölf.
Vor dem Mittagessen gab es für mich eine Kutschfahrt samt Führung durch eines der umliegenden Dörfer. Ich hatte da ne ziemliche Tourifalle erwartet, aber es war echt schön. Zum einen war ich mit meiner Führerin Erva, die hochschwanger war,  sowie dem Kutscher allein unterwegs, und es hat auch niemand versucht, mir was zu verkaufen. Stattdessen habe ich viel über das Leben auf dem Land hier in Südjava erfahren. Ich hab  gesehen wie Maniokchips hergestellt werden. Erva hat mir erklärt, wie man hier Häuser baut und welche Pflanzen kultiviert werden (Maniok, Papaya, Mango, Jackfrucht, Orangen, Erdnüsse, Chilis, Limonen, Mahagoni, Teak...). Außerdem haben wir traditionelle javanische Musik gemacht – ohne Publikum und Touri-Show, nur Erva, eine andere Frau aus dem Dorf und ich... zum Schluss gab es dann noch ein traditionelles indonesisches Mittagessen.
Der vorletzte Programmpunkt nach der Dorfbesichtigung war der Pawan-Tempel, der wie der Mendut-Tempel gestern ebenfalls zum Borobudur-Komplex gehört. Und dann gab es noch eine Begegnung mit Kopi Luwak.
Ich weiß nicht, ob Ihr davon schon malgehört habt. In Südostasien, besonders in Indonesien, wird Kaffee hergestellt, der von Luwaks (so der sumatraische Name des Fleckenmusangs) vorverdaut wird. Der Fleckenmusang ist mit den Ginsterkatzen und Mungos verwandt und frisst unter anderem Kaffeebeeren. Die Bohnen werden dabei nicht verdaut, fermentieren aber im Verdauungstrakt der Tiere, was zu einem besonderen Geschmack führt (dazu gleich mehr). Klingt auf den ersten Blick etwas eklig, und auch die im zweiten Bild des Tages zu sehenden Fleckenmusangköttel sind eher unansehnlich. Aber die Kaffeebohnen werden mehrfach gewaschen, dann getrocknet, geschält, geröstet, gemahlen und mit kochendem Wasser aufgebrüht. Gegenüber des Pawan-Tempels war ein Kopi Luwak-Café, wo Nanang mir die Herstellung erklärte, und sogar einige in Käfigen lebende Luwaks zeigen konnte. Er versicherte mir zwar, dass die Kaffeebohnen von wilden Luwaks stammten und dass in Indonesien die Luwaks seitens der Regierung geschützt seien. Wikipedia hat mir da allerdings etwas anderes erzählt (kuckt mal unter "Fleckenmusang" oder "Kopi Luwak" nach), aber ich werde da morgen keine Diskussion anfangen.
Ich hab's mir trotzdem nicht nehmen lassen, für umgerechnet 1,80 Euro eine Tasse Kopi
Luwak aus Arabica-Bohnen (es gibt ihn auch in der Robusta-Variante) zu trinken. In Europa würde das ein vielfaches mehr kosten. Es ist schon ein geschmacklicher Unterschied zu normalem Kaffee. Dem Kopi Luwak fehlt komplett die Säure und Schärfe, die man sonst vom Kaffee kennt. Letztendlich ist es dann aber doch nur Kaffee, und ich habe keinen gekauft. Dabei sind – nach dem, was ich gelesen habe – die umgerechnet 24 Euronen für 100 (!) Gramm Kopi Luwak ein wirklich guter Preis.
Nach dem Kaffeetrinken sind wir zurück ins Hotel gefahren und ich habe Siesta gemacht und auch sonst gab es kein Programm mehr. Da war ich angesichts des frühen Starts heute morgen auch nicht traurig drüber.

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