4. April 2012

Mein letzter Abend in Ponta Delgada. Schade eigentlich. Ich hab mich so langsam an die Stadt und die Insel gewöhnt. Wenn ich das nächste Mal hier bin, dann werde ich drauf achten, dass es nicht direkt zu Beginn der Reise ist, wenn man noch die Hektik und den Stress von zu Hause im Kopf hat. Und dass das Programm ein bisschen entspannter ist und vielleicht auch Zeit für nen geruhsamen Spaziergang oder ne Wanderung oder zum einfach mal irgendwo dasein und sitzen bleibt.
Geruhsame Momente gab's heute allerdings auch, doch davon später. Jetzt erst mal zum Highlight des Tages. Ich war zum Whale Watching. Konntet Ihr Euch wahrscheinlich schon denken, bei dem Bild des Tages.
Um kurz nach neun ging's auf's Schiff heute morgen, warm angezogen und mit Superpep griffbereit in der Hosentasche. Reisekaugummis sind für mich ein Muss, denn meine Seefestigkeit ist doch eher gering. Ich wollte es allerdings so lange wie möglich ohne versuchen. Ein bisschen gewundert habe ich mich schon, dass heute die Tour stattfinden sollte, nachdem sie gestern wegen dem Wetter abgesagt worden war. Okay, heute gab's keinen Nieselregen, aber der Wind war kräftig und die See grau. "Naja", hab ich gedacht, "die werden schon wissen, was sie tun." Wussten sie auch... so halbwegs. Es gab erst eine rund 20-minütige Einweisung und ein paar Infos zu den Walen und Delphinen rund um die Azoren. Nach dem Ende des kommerziellen Walfangs hier, im Jahre 1986, hat man auf Waljagd mit der Kamera umgestellt – und dabei eine Institution aus der "guten alten Zeit" bewahrt, nämlich, dass an Land ein paar Beobachter mit dicken Ferngläsern sitzen, die die Whale Watching-Boote zu den Tieren dirigieren. So kann man sich das Suchen sparen. In Anbetracht des Windes und der kleinen weißen Krönchen auf den Wellen war ich recht froh, dass ich mich für das große Boot und nicht für das Zodiac als Vehikel meiner ersten Walsafari entschieden hatte. Kaum hatten wir den Hafen verlassen ging's schnell richtig zur Sache. Aber ganz in der Tradition von Ishmael und Kwikwek stand ich tapfer am Bug des Katamarans... und fotografierte erst mal schön die Gelbschnabel-Sturmtaucher. Ich schwöre, die waren die einzigen, die an dem Wind und dem Seegang richtig Spaß hatten. Nach zehn Minuten war ungefähr ein Viertel der rund 40 Passagiere grün um die Kiemen, und ich war superpep-frei und unbeeindruckt.
Die ersten Meeressäuger, die wir gesehen haben, war eine Gruppe von Gemeinen Delphinen. Doofer Name für so schöne Tiere, die grau, gelb und braun gefärbt sind und in fast allen Meeren der Welt leben. "Gemein" heißt hier auch nicht 'niederträchtig' sondern 'gewöhnlich', aber ich finde den englischen Namen 'common dolphin' (= "häufiger Delphin") doch besser. In den Gewässern um São Miguel ist der 'common dolphin' der häufigste Meeressäuger.
Während der zügigen Fahrt mit unserem Katamaran war der Seegang ja noch halbwegs zu ertragen gewesen, aber jetzt als das Boot zur Delphin-Beobachtung einfach nur so da lag und vom Seegang auf und ab bewegt wurde, wurden schon an einigen Stellen die Plastiktüten verteilt. Ich hingegen war weiter unbeeindruckt, unmedikamentiert und langsam etwas stolz ;-)
Nach den Delphinen ging's ne gute Viertelstunde weiter über die bewegte See -  ich schwöre, die Sturmtaucher haben gegrinst wenn sie am Boot vorbeisegelten – dann waren wir an dem Punkt wor der Auskuck an Land einen Großwal gesichtet hatte. Und wirklich, keine fünf Minuten später blies er. Ein Finnwal. Damit ist auch das Bild des Tages erklärt. Leider waren die Fotobedingungen suboptimal, auf Grund des Sturms und des Seegangs, deshalb kann ich Euch nichts besseres anbieten. Aber da ich nicht weiß ob ich auf dieser Tour noch andere Wale zu sehen bekomme ist das jetzt erst mal das Bild des Tages für heute. Die Delphine haben damit leider nur den zweiten Platz gemacht, wobei die Bilder von denen noch mehr zu wünschen übrig lassen. Delphine zu fotografieren ist meinen Erfahrungen nach schon unter idealen Bedingungen, also Sonnenschein und ruhige See, ein Alptraum, und heute war's echt pure Glückssache. Trotzdem – der Ausflug hatte sich für mich gelohnt. Dann kam die Rückfahrt, die jetzt bei stärker werdendem Seegang auch noch gegen den Wind erfolgte. Eine knappe Stunde hat's gedauert und dabei ist mehr als eine Kappe über Bord geweht worden und es wurde so mancher Azoren-Fisch gefüttert. Und was soll ich sagen? Ich hatte nix und habe nicht mal einen Reisekaugummi eingeworfen. Als wir wieder im Hafen waren war ich selber total überrascht von mir. So seefest wie heute war ich echt noch nie. Wäre schön, wenn das jetzt so bliebe. Ich hoffe ich kann das auf dieser Reise noch bei der einen oder anderen Gelegenheit überprüfen.
Die Mittagspause habe ich im Hotel verbracht und danach habe ich mich auf einen ausgedehnten Stadtrundgang hier in Ponta Delgada begeben. Kirchen, Straßenszenen, die Hafenfestung aus dem 16. Jahrhundert und zum Schluss ne gemütliche dreiviertel Stunde im Café an einer der Kirche mit Leute kucken und nem portugiesischen Espresso. Tja, ich wollte eigentlich noch ne Bilanz von São Miguel ziehen, aber das Logbuch ist jetzt schon über ne Seite lang und ich will's ja auch nicht übertreiben. Morgen gibt es einen Reisetag. Ich fliege von Ponta Delgada über Terceira nach Pico, der nächsten Station meines Insel-Hoppings. Da wird es morgen abend wahrscheinlich eher wenig zu berichten geben und ich werde dann morgen einen Rückblick auf São Miguel halten.

P.S. Ich habe nach der Rückkunft am Hafen ein Mädchen von der Whale Watching-Crew gefragt, ob die Touren öfter bei so rauher See stattfinden und sie lächelte nur und sagte, dass sie den Nachmittagstörn wieder absagen würden.



Inhaltsverzeichnis nächster Tag

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Reiselogbuch Azoren 2012 – 1. April

 

Mein erster ganzer Tag auf den Inseln – und heute war das Wetter mir eindeutig wohlgesonnener als gestern. Ich habe mir zuerst ein bisschen länger schlafen und ein Frühstück im Hotel gegönnt. Dann ging's los zur Inselrundfahrt. Den ersten Stopp gab es allerdings – wie konnte es anders sein - am Flughafen, wo nämlich mein A310 von gestern immer noch parkte und im schönsten Morgensonnenlicht badete. Sehr fotogen und wichtig für meine Webseite... *lach...

Danach ging's in die Berge im Westen von São Miguel. Naja – das heißt nicht wirklich was, denn die ganze Insel ist bergig. Ich bin zur Caldeira das Sete Cidades gefahren. Hier muss ich ein bisschen ausholen. Die Azoren sind komplett vulkanischen Ursprungs. Der letzte Ausbruch fand 1957 auf der Insel Faial statt und auch sonst hat der Vulkanismus auf dem ganzen Archipel großen Einfluss, bis hin zur Energiegewinnung. Ungefähr 20% des Stroms für São Miguel werden mit Erdwärme gewonnen.

Die Caldeira das Sete Cidades ist eine der Hauptpostkartenansichten von São Miguel. Wie der Name schon sagt – eine Caldera, also ein eingestürzter Vulkankegel. Wenn nach einem Vulkanausbruch die Magmakammer leer ist und der Berg dadurch instabil wird und in sich zusammenstürzt, dann entsteht eine Caldera. (Die andere Entstehungsform einer Caldera ist der Explosionskrater, wie man ihn beispielsweise am Laacher Sees sehen kann.) In der Caldeira das Sete Cidades befinden sich mehrere Seen und die beiden größten sind jeweils blau und grün. Sehr schön, so im Sonnenschein und mit weiß-blauem Himmel darüber. In dem Krater liegt auch das Dorf Sete Cidades (nein, sieben Städte sind's nun wirklich nicht), dass der Caldera ihren Namen gab.

Die Weiterfahrt führte mich dann komplett um das westliche Ende von São Miguel herum. Die Insel ist ziemlich langestreckt aber dafür nicht sehr breit. Die Berge gehen bis auf knapp 1000m hoch und wenn das so direkt am Meeresspiegel anfängt, dann ist das schon recht eindrucksvoll.

São Miguel ist vor allem eins: grün. Dabei haben die Laubbäume teilweise noch nicht mal ihre Blätter. Aber Wiesen, Büsche und Hecken sind schon recht weit. Hier gibt's Hortensien so weit das Auge reicht. Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht grade ein Fan dieser Pflanze bin, aber es würde mich schon interesieren das hier alles mal zu sehen, wenn die Hortensien blühen.

Mit dem Lagoa do Fogo stand noch eine weitere Caldera auf dem Programm. Hier hat im 16. Jahrhundert der letzte Ausbruch stattgefunden und heutzutage fährt man durch dichte Wälder und auf ziemlich steilen Straßen bis auf rund 900 m, um dann in das weite Rund des Kraters und auf den See zu kucken. Insgesamt hatte ich eine schöne Tour über die Insel, auch wenn ich heute nur die westliche Hälfte von São Miguel geschafft habe. Ich werde mich aber am Mittwoch noch mal aufmachen und den östlichen Teil erkunden. Mal kucken, ob ich es bis ganz an die Ostspitze schaffe.

Als Bild des Tages gab es heute mehrere Postkartenmotive zur Auswahl. Ich habe ein bisschen hin und her überlegt und mich dann gegen alle Vulkanseen entschieden. Statt dessen zeige ich Euch heute den Blick vom Miradouro do Escalvado auf die Nordwestspitze von São Miguel. Hier habe ich ne halbe Stunde gestanden, auf das Meer gekuckt und Möwen beobachtet und fotografiert. Bei dem Blick kann ich sofort verstehen, weshalb der Slogan von SATA, der azoreanischen Fluggesellschaft, "The Atlantic and you" lautet.

Apropos SATA. Morgen gibt's nen Tagesausflug per Flieger. Es geht nach Graciosa, einer Insel der Mittelgruppe. Bin gespannt. Insgesamt haben die Azoren neun Inseln, und wenn alles so klappt wie ich es mir vorgstellt habe, dann werde ich fünf von ihnen besuchen. Jedenfalls ist morgen frühes Aufstehen angesagt, denn der Flieger geht schon um 7:15 Uhr. Es soll sich ja lohnen.

Für übermorgen habe ich dann die erste Runde Whalewatching ins Auge gefasst. Morgen aber erst mal Graciosa. Da werde ich bestimmt auch einiges erzählen können.

Ohh – und obwohl heute der 1. April ist hab' ich in diesem Reiselogbuch nicht geflunkert :-)