9. Juli 2023

Unverhofft kommt oft. Ich habe heute meinen ehemaligen Schüler Kai Bender getroffen. Hat 2010 an der RS BaM Abschluss gemacht. Ich war zwar nicht der Klassenlehrer aber er hatte bei mir Englisch und Geschi. Ich wusste zwar, dass er in Halifax war, weil er gestern einen meiner Facebook-Posts kommentiert hatte. Heute haben wir uns dann komplett zufällig zwischen den Schiffsmodellen im Maritime Museum of the Atlantic getroffen. Verrückt. So klein ist die Welt.
Mein Tag begann heute morgen sehr gemütlich. Ich habe den gestern verlorenen Schlaf nachgeholt und mir dann zur Abwechslung mal selber Frühstück gemacht. Ich hab ja hier ein komplett eingerichtetes Apartment samt Küche.
Wie zentral ich hier wohne, habe ich direkt gemerkt. In nur fünf Minuten war ich zu Fuß am Waterfront Boardwalk. Wie viele andere Städte am Wasser hat auch Halifax seinen alten Hafendistrikt in eine Gegend zum Flanieren, Shoppen, Essen und Spaßhaben verwandelt. Während im Rest von Downtown Halifax sonntägliche Ruhe herrschte, war hier heute richtig was los. Die Haligonians, so nennt man die Einwohner von Halifax, nutzten den ersten schönen Sonntag seit Wochen, um die Angebote des Waterfront Boardwalk zu nutzen.
Ich bin ein bisschen spazieren gegangen, und habe dann die Böötchen gesehen, die zur Georges Island, einer Insel mitten in der Hafeneinfahrt von Halifax, fuhren. "Warum nicht?" habe ich mir gedacht und war wenig später per Boot unterwegs. Das Stadtpanorama von Halifax ist schon ein echter Hammer und hat natürlich das erste Foto des Tages verdient. Ziemlicher Kontrast zu den ganzen Naturaufnahmen und kleinen Örtchen der letzten zwei Wochen.
Auf Georges Island befindet sich das Fort Charlotte, eine ehemalige Befestigungsanlage, die den Hafen sichern sollte. Ich hab mir alles angekuckt, und auch eine kurze Führung durch die Tunnelanlagen unter der Festung mitgemacht. Das erinnerte stark an die Secret Wartime Tunnels in Dover Castle, wo wir jedes Jahr mit den Schülern hinfahren. Nach der Besichtigung habe ich mir aber auch noch Zeit genommen, in der Sonne zu sitzen und die Aussicht zu genießen.
Wieder am Waterfront Boardwalk angekommen, bin ich trotz des schönen Wetters ins Museum gegangen. Gut so, denn zum einen wäre ich sonst wahrscheinlich Kai nicht begegnet, und zum anderen ist das Maritime Museum of the Atlantic sehr schön. Hier wird so ziemlich alles dokumentiert, was mit dem Meer und mit Halifax zu tun hat. Dazu gehört zum einen die Geschichte der Firma Cunard, bis 1998 noch eine der größten Passagier-Reedereien der Welt, deren Gründer Samuel Cunard aus Halifax stammt, aber auch die Geschichte der Konvois im zweiten Weltkrieg, oder die dramatischen Ereignisse um die Halifax-Explosion. Dabei kollidierte am 6. Dezember ein mit Munition beladenes französisches Schiff mit einem anderen Frachter. Die dadurch verursachte Explosion war bis zur Zündung der ersten Atombombe in New Mexico 1945 die stärkste von Menschen verursachte Explosion der Geschichte. Bei dem Unglück, dessen Sprengwirkung ungefähr 2,9 Kilotonnen, also 2900 Tonnen TNT entsprach, kamen fast 2000 Menschen in Halifax und dem gegenüber gelegenen Dartmouth ums Leben. (Zum Vergleich: die Explosionskatastrophe von Beirut 2020 hatte „nur“ eine Stärke von 1,1kT. Die dramatischen Bilder von damals haben wir ja alle noch vor Augen.)
Was natürlich auch nicht fehlen darf im Maritime Museum of the Atlantic ist die Titanic. Neben anderen Schiffsunglücken vor der kanadischen Atlantikküste hat die Titanic eine eigene Abteilung im Museum. Die Geschichte des Schiffs, des Unglücks und seiner Folgen, aber auch was mit den geborgenen Todesopfern, die alle nach Halifax gebracht wurden, geschah, ist sehr eindrucksvoll aufbereitet. Und es gibt sogar etliche originale Ausstellungsstücke von der Titanic, die im Zuge der Bergungsaktionen im April 1912 eingesammelt wurden. Dazu gehört zum Beispiel der Deckstuhl im zweiten Bild des Tages. Ein original Fundstück von damals. Nur die Sitzbespannung hat man rekonstruiert.
Im Museumshop bin ich ein bisschen eskaliert und direkt mit drei Büchern rausgekommen. Naja, muss auch mal sein. Jedenfalls habe ich jetzt schöne neue Lektüre, inklusive einem Buch über Oak Island. Ihr erinnert Euch ja an gestern.
Dem internationalen Hafenstadtflair von Halifax entsprechend gab es das Abendessen heute beim Vietnamesen. Schon gestern abend hatte ich im Pub direkt neben meinem Quartier meine 13-tägige Serie von „Kein Fleisch sondern nur Fisch“ beendet. *lach…
Morgen habe ich einen weiteren Tag, um mir Halifax zu erobern. Eines kann ich aber jetzt schon sagen: es ist super hier. Auf jeden Fall ne Reise wert.


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