11. Oktober 2012

„Wildes Italien“ war heute morgen das Motto und das Bild des Tages ist eines der Beweisfotos, die ich dazu gemacht habe. In Táranto ist Italien nämlich noch wirklich wild. So ähnlich wie in Neapel.
Mein Hotel hier liegt absolut zentral, direkt am Wasser. Dazu muss man sich auch die Lage der Stadt vergegenwärtigen. Die Altstadt von Táranto, dem griechischen Taras -  einst eine der mächtigsten Städte von Magna Graecia – liegt auf einer Insel. Bis vor rund 500 Jahren war's noch eine Halbinsel, aber dann hat man das damalige Stadtzentrum vom Festland abgetrennt und noch ein fettes Kastell errichtet, um sich besser gegen die Türken verteidigen zu können. Auf dieser Insel war einst die Akropolis der griechischen Stadt Taras, dem späteren römischen Tarentum. Da wo sich heute die Neustadt befindet lag die griechische Agorá und das Handelszentrum der im 8. Jahrhundert vor Christus als einzige spartanische Kolonie gegründeten Stadt.
Mein Hotel befindet sich genau an dem Kanal, der die Neustadt von der Altstadt trennt.  Mit nur ein paar Schritten über die Brücke war ich also in der Cittá Vecchia und habe mich durch das Gassengewirr treiben lassen. Ein schöner normannischer Dom mit einem Langhaus mit ehemaligen antiken Tempelsäulen gehörte ebenso zu den Sehenswürdigkeiten wie die Überreste des Poseidon-Tempels. Die beiden dorischen Säulen direkt neben dem Rathaus sind die einzigen oberirdisch sichtbaren Reste des einstigen griechischen Glanzes. Was aber nach den restaurierten Prachtstücken von Städten wie Ótranto, Gallípoli, Ostuni oder Lecce am meisten auffällt ist der heruntergekommene Zustand der Altstadt. Viele der Häuser und Palazzi sind echt vergammelt und man fängt grade erst an, zu renovieren. Im Vergleich zu Lecce stehen die Häuser auch noch mal dichter gedrängt, und selbst unter strahlend blauem Himmel ist es in den Schluchten der Altstadt von Táranto dämmerig. Dass da überhaupt Autos durchfahren ist schon verwunderlich. Dazu kommt auch noch der neapolitanisch anmutende Dreck. Man muss immer wieder kucken, wo man hin tritt, denn obwohl ich nur ein paar Hunde bei meinem Rundgang gesehen habe, muss es doch echt viele geben. Also wie ich schon sagte, „wildes Italien“, aber deswegen noch lange nicht unsympathisch. Und man sieht eben auch, wo es beginnt, besser zu werden. Das Bild des Tages, das wie ich finde die Altstadt von Táranto sehr schön zusammenfasst, entstand übrigens am Nordrand der Insel, wo die Fischer anlanden. Ich habe den Hafen im Rücken und deshalb ein bisschen Platz für eine Aufnahme von Häuserfronten gehabt.
Zum Mittagessen gab's Pizza in einer kleinen Osteria direkt in der Nähe vom Hotel und nach dem obligatorischen Nachtischbesuch in der Gelateria habe ich schön Siesta gemacht.
Am Nachmittag sollte dann wieder Kultur auf dem Programm stehen, um genau zu sein das Archäologische Museum, das als das zweitgrößte in Süditalien nach Neapel angepriesen wurde. Die Latte hing also hoch, denn das Museum in Neapel ist echt klasse. Leider konnte Táranto da nicht auch nur ansatzweise mithalten. Der Platz zwei unter den archäologischen Museen Süditaliens ist ein weit weit abgeschlagener. Nach knapp 20 Minuten stand ich wieder auf der Straße und habe mich erst mal mit nem Espresso getröstet. Für 80 Centesimi am Tresen eines Caffés, wie sich das gehört. Da könnte ich mich echt dran gewöhnen. Dann bin ich noch ein dreiviertel Stündchen durch die Neustadt spaziert und habe den Nachmittag auf dem Sockel eines der Denkmäler an der Uferpromenade mit Blick auf die Reede von Táranto und das Castello Aragonese ausklingen lassen.
Ich muss sagen, dass mir Táranto gefällt. Es ist halt wesentlich weniger touristisch und noch nicht so auf gefälliges Erscheinungsbild getrimmt wie zum Beispiel Lecce. Aber ich denke, das wird sich in den nächsten Jahren noch ändern, wenn sich die Leute hier erst mal des Touri-Potenzials der Stadt richtig bewusst geworden sind. Jedenfalls hat mir der Tag in Táranto nicht leid getan. Das ist hier mal ein etwas anderes Apulien als das, was ich bisher zu sehen bekommen habe.
Morgen ist schon Halbzeit meiner Apulien-Tour. Ziel der Tagesetappe ist Bari, aber auf dem Weg dahin, und ich werde natürlich mal wieder nicht den graden Weg nehmen, gibt es noch Etliches zu sehen.

 

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