30. September 2007

Mykene – eine der Wiegen der Kultur auf dem europäischen Festland. Vor rund 3500 Jahren entstand hier die Festung, die von Heinrich Schliemann ausgegraben und zum Palast Agamemnons erklärt wurde. Die Goldmaske, die Schliemann in einem der hier ausgebuddelten Gräber fand und als das Gesicht Agamemnons bezeichnete ist aber sogar noch ein paar hundert Jahre älter als der sagenhafte König, dessen Bruder ein gewisser trojanischer Prinz die Frau raubte und dadurch das große Gemetzel in der Nordwesttürkei auslöste. Und überhaupt, ich finde hier wird zuviel von der Sage auf die Wirklichkeit übertragen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass mich Mykene echt in seinen Bann gezogen hat. Ich fühlte mich an Troja erinnert und die Ursprünge der beiden Städte sind ja auch im gleichen Kulturkreis zu finden.
Dabei gibt es, nach griechischen Maßstäben gemessen, in Mykene nicht einmal viel zu sehen. Fundamente, niedrige Mauern, ein paar Gewölbe und eine eindrucksvolle Stadtmauer mit zwei Toren - das ganze malerisch auf einem strategisch günstigen Hügel gelegen und nicht soooo viel größer als der Ringwall in Kreuzweingarten. Aber immerhin entstand hier die Kultur Griechenlands. Hier und in vergleichbaren Anlagen, wie Tiryns in der Nähe von Nafplio, dass ich mir schon vorgestern zu Gemüte geführt hatte. Die Bewohner von Mykene hatten zum Beispiel schon eine Schrift, die eine Vorstufe zum späteren Altgriechisch bildete. Die im Museum von Mykene ausgestellten Fundstücke zeigen hochentwickelte Töpfer- und Schmiedekunst. Wenn ich also oben von einer Wiege der Kultur in Europa gesprochen habe, dann war das nicht übertrieben.
Und dann gibt es natürlich noch das Löwentor – Haupteingangspforte auf die Burg von Mykene und rund 3200 Jahre alt. Ich erinnere mich noch an das pädagogisch wertvolle Ravensburger Taschenbuch „Löwentor und Labyrinth“, das ich irgendwann mal von irgendwem geschenkt bekam, und das ich kleiner Grundschüler interessanter finden sollte als Karl May. Ich hab’s nie gelesen, obwohl ich es, glaube ich, immer noch irgendwo stehen habe. Jedenfalls war da vorne das Löwentor drauf und heute stand ich leibhaftig davor. Schon schick... und mit einem Herstellungsdatum von ca. 1200 v.Chr. das älteste Großrelief Europas. Da macht es gar nix, dass den beiden Löwinnen die Köpfe fehlen. Die wurden übrigens nicht von der Plastik abgeschlagen sondern bestanden höchstwahrscheinlich einfach aus einem anderen Material, waren nur auf die beiden Körper aufgesetzt und sind im Laufe der letzten 3000 Jahre verlorengegangen.
Den Tag habe ich heute nur in Mykene verbracht. Erst die Ausgrabungen durchstöbert, dann lesend unter einem Pistazienbaum im Schatten mitten in der Anlage, dann noch mal ein bisschen besichtigend und zum Schluss habe ich wieder schön im Schatten lesend drauf gewartet, dass die Sonne weit genug rumgewandert war, um das Löwentor zu beleuchten. Im Schatten wollte ich es Euch als Bild des Tages nämlich nicht präsentieren ;-)
Im Moment sitze ich in Korinth im Hotel und bin nicht sicher, ob das alles in allem ne clevere Entscheidung war, mich hier für zwei Nächte einzuquartieren. Mal kucken, ob sich da vielleicht noch was ändern lässt und ich nen Tag früher nach Athen komme. Internet gibt’s hier auf den Zimmern übrigens auch nicht und ich hoffe, dass ich gleich unten an der Rezeption das Logbuch losschicken kann. Ihr werdet aber auf jeden Fall erfahren, wie’s gelaufen ist – wenn auch vielleicht mit ein bisschen Verspätung. Was auf jeden Fall morgen auf dem Programm steht sind Alt-Korinth und der Korinthische Kanal. Ich hoffe es fährt ein Schiff durch.

 

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