26. Juli 2012

Und da bin ich wieder, mit dem zweiten Teil des Reiselogbuchs in den Sommerferien 2012. Im Moment sitze ich hier in Odessa im Gästezimmer und lasse den Tag Revue passieren. Meine Gastgeber, Georg und Madelene, sind schon seit längerem im Bett. Mein Vetter hat ja keinen Urlaub und muss morgen arbeiten und Madelene hat mit den beiden Jungs Simon und Filip auch nen anstrengenden Job.
Nach über zwei Jahren war es endlich noch mal Zeit für einen Besuch bei den „UNO“-Eichhorns und dieses Mal ging's eben in die Ukraine, genau genommen nach Odessa am Schwarzen Meer. Der Tag hatte es echt in sich für mich, und ich muss sagen, ich glaube ich werde alt.
Mein Flug sollte heute morgen um 6:55 Uhr von Köln über Wien nach Odessa gehen. Ich hatte den Wecker auf zwanzig nach vier gestellt und mir vorgenommen, um 5 Uhr pünktlich los zu fahren, damit ich in Köln keinen Stress hätte. Ein Platz im Parkhaus 3 war schon seit längerem reserviert und als ich um halb sechs mein Auto parkte dachte ich noch, „Klasse, jetzt schön in Ruhe zu Germanwings spazieren und einchecken. Alles stressfrei.“ Wer schon mal vom Parkhaus 3 in Köln zu den Terminals gelaufen ist, der weiß, dass es von dort zum Terminal 2 schon ein guter Weg, aber bis zum Terminal 1 ein richtiger Peatswääch ist, ich würde mal sagen ein guter Kilometer. Um kurz vor 6 war ich mit Einchecken fertig und machte mich auf den Weg zur Sicherheitskontrolle, wo meine Seelenruhe abrupt endete. „Wo ist mein Portemonnaie?“ Mein erster Gedanke war, dass ich es eventuell zu Hause gelassen haben könnte, aber dann fiel mir ein, dass ich mich mit meiner EC-Karte ja an der Schranke vom Parkhaus ausgewiesen hatte. Na klar, reinfahren, EC-Karte verstauen, Portemonnaie auf dem Beifahrersitz, bis in die siebte Etage vom Parkhaus kurbeln, Auto einparken, Stellplatz im Handy notieren, Koffer und Rucksack raus, losmarschieren, und das alles um halb sechs morgens... Also, das Portemonnaie musste auf dem Beifahrersitz liegen. Was nun? Boarding war in 20 Minuten und ich musste ja auch noch durch die Sicherheitskontrolle. Es gab zwei Möglichkeiten (wenn man von der Variante, das Portemonnaie liegen zu lassen und ohne zu fahren absieht, was theoretisch ne Möglichkeit gewesen wäre, denn meine zweite Kreditkarte war im Handgepäck): 1. Mit Rucksack auf'm Buckel die rund 2,5km zum Parkhaus laufen, oder 2. mir ein Taxi nehmen. Ratet mal wofür ich mich entschieden habe... *lach... Für 6,50 Euro hat mich ein verschlafener Kölner Taxifahrer mit  Migrationshintergrund zum Parkhaus und wieder zurück gefahren und ich war rechtzeitig zum Einsteigen am Gate... *uff... Wenig mit Ruhm bekleckert dachte ich während des Fluges nach Wien, dass das ja wohl an Pannen für heute reichen würde. Aber weit gefehlt...
Die nächste Episode ereignete sich dann am Wiener Flughafen. Ich hatte problemlos meine Bordkarte für den Weiterflug mit Ukraine International Airlines bekommen und mich dann zum Gate begeben. Vorher gab's natürlich ne Sicherheitskontrolle. Die Abflüge der meisten Flüge nach Ost- und Südosteuropa finden in Wien nicht direkt am Terminal statt, sondern man muss mit dem Bus zum Flugzeug gebracht werden. Auf diesen Bus warten dann in einem deutlich zu klein dimensionierten Warteraum einige hundert Leute, die nach Belgrad, Skopje, Pristina, Chisinau, Kiev oder auch nach Odessa wollen. Immerhin gab's nen kleinen Duty Free Stand, wo ich noch ein bisschen Schottenschnaps als Gastgeschenk einkaufen wollte. Was kein Problem war, bis mich die Verkäuferin bat, „Zeigen Sie mir bitte Ihre Bordkarte“. Hmmmmm... jaaaaaa... öhmmm... die konnte nur an der Sicherheitskontrolle liegengeblieben sein. Wieder Mist. Ich zurück und bekam auch glücklicherweise sofort meine dort gefundene Bordkarte ausgehändigt. Was war passiert? Der Sicherheitskontrolleur hatte meine Bordkarte in das Tablett, womit der Kleinkram aus den Taschen zum Röntgen fährt gelegt, und da habe ich sie beim Einpacken meiner Habseligkeiten liegen gelassen... Ihr merkt schon, heute war so überhaupt nicht mein Tag. Und er war noch nicht zu Ende. Allerdings war ich an der dritten Episode echt unschuldig und nur das Opfer.
Als mein Flug aufgerufen wurde dachte ich beim Anblick der Schlange, dass ich eventuell  Glück haben könnte und der Flug wäre nicht voll. Ich hatte einen Platz in der vorletzten Reihe am Fenster, eigentlich absolut perfekt. Da ich als einer der letzten in den Transfer-Bus eingestiegen war, war ich als einer der ersten im Flieger und saß bald auch an Ort und Stelle. Wenig später kam ein weiterer Passagier, vermutlich ein Amerikaner mit etwas dunklerem Teint und recht mobbeliger Statur und setzte sich auf den Platz am Gang. Vielleicht hätte ich in dem Moment nicht denken sollen „Gut, dass er nicht neben mir sitzt, sonst wär's was eng geworden.“ Hab ich aber und wurde prompt dafür bestraft. Der Flieger war nämlich doch rappelvoll und mit den letzten Passagieren stieg ein großer, kräftiger, bierbauchiger Mann mit Glatze ein – wenn man einen ukrainischen Neo-Nazi beschreiben müsste, dann sähe er so aus – und kam zielstrebig auf meine Reihe zu. Ich habe also die anderthalb Stunden Flug von Wien nach Odessa auf beiden Seiten Berührungspunkte gehabt, auf der linken Seite mit der Flugzeugkabinenwand und rechts... aber lassen wir das...
In Odessa haben mich Madelene und Simon dann vom Flughafen abgeholt und wir sind in die Stadt gefahren. Erste Eindrücke gab es schon beim Spaziergang zum Restaurant, wo wir fünf heute abend essen waren, aber ich denke über Odessa kann ich morgen deutlich mehr erzählen. Als Bild des Tages gibt es heute einen ersten Blick auf die Stadt kurz vor der Landung, mit dem Schwarzen Meer im Hintergrund.


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