13. Oktober 2012

Bari... Gestern hatte ich ja etwas zum Thema Erwartungen und Realität gesagt. Heute ist genau das Gegenteil von dem passiert, was gestern passiert ist. Meine -  zugegebenermaßen sowieso schon hohen – Erwartungen wurden noch übertroffen. Bari ist klasse. Ich wollte schon immer mal hier hin, keine Ahnung, was mich angesprochen hat. Vielleicht nur der Klang des Ortsnamens. Aber es war für mich zum Beispiel sonnenklar, dass ich nach Bari fliegen würde und nicht nach Brindisi, was von Deutschland aus mindestens genauso praktisch gewesen wäre. Und heute war's dann soweit – ich habe Bari erobert.
Bari hat rund 320.000 Einwohner und ist damit ziemlich genau so groß wie Bonn. Außerdem ist es die Hauptstadt der Region Apulien sowie der Provinz Bari, erkennbar am BA auf dem Nummernschild. Die schwarzen Nummernschilder mit den orangen Buchstaben, die man früher in Italien hatte, fand ich ja schöner als die neuen weißen. Nicht zuletzt, weil bei den weißen die Provinzbuchstaben oft fehlen. In Bari gibt’s einen großen Fährhafen und man kann von hier zu verschiedensten Zielen auf dem Balkan übersetzen, zum Beispiel nach Dubrovnik, Patras, Igoumenitsa oder nach Durrës in Albanien.
Die Altstadt von Bari ist nicht so riesig groß und liegt wie meistens hier in Apulien auf einer Halbinsel. Reste der Stadtbefestigung sind noch erhalten, inklusive des von Friedrich II. gebauten Staufer-Kastells. Unter strahlend blauem Himmel bin ich also heute morgen los spaziert und habe mich ins Getümmel gestürzt. Es war Samstag und entsprechend viel los. War zumindest mein Eindruck. Erste Besichtigungsstopp war die Kirche San Nicola, wo die Gebeine des Heiligen Nikolaus liegen. Genau. DER Nikolaus. Baresische Seeleute „retteten“ -  mancher würde sagen entführten oder raubten – die Reliquien des Heiligen Nikolaus im Jahr 1087 aus Myra in der heutigen Türkei. Die Aktion wurde damals damit gerechtfertigt, dass man die Gebeine vor den Seldschuken in Sicherheit bringen musste. Der willkommene, wenn nicht sogar beabsichtigte Nebenerfolg der Aktion war, dass Bari mit einem Schlag eines der Top-Pilgerziele in Europa wurde und für die orthodoxen Christen auch immer noch ist. Entsprechend viel Russisch drang folglich an meine Ohren, während ich mir die Nikolaus-Basilika angekuckt habe. Sogar Wladimir Putin war schon hier, wie eine auf italienisch und kyrillisch beschriftete Tafel an einer der Umfassungsmauern der Piazza San Nicola beweist. Die Kirche ist vom Architektonischen her ein gutes Beispiel für normannische Romanik, allerdings gefällt mir in der Hinsicht die Bareser Stadt-Kathedrale San Sabino deutlich besser. Das Bild des Tages stammt aber trotzdem aus San Nicola. Es zeigt das Grab des Heiligen Nikolaus in der Krypta von San Nicola, samt russischen Pilgern und der massiven Diebstahlsicherung aus eisernen Gittern. Ich glaube da will man hier in Bari lieber kein Risiko eingehen.
Nach der Nikolaus-Kirche ging's zur Kathedrale, wie schon erwähnt ebenfalls sehr schöne normannische Romanik, allerdings waren hier grade Exequien und deshalb habe ich auf eine ausführliche Besichtigung erst mal verzichtet und mir stattdessen das Staufer-Kastell angekuckt. Ich denke wenn ich wieder zu Hause bin, dann werde ich mal anfangen müssen, etwas zum Thema Staufer und vor allem zum Thema Friedrich II. zu lesen. Meine Studienschwerpunkte im Bereich Mittelalter haben die Zeit der Staufer irgendwie sehr sauber ausgespart. Da muss man was gegen tun.
Nach einem wieder mal exzellenten Mittagessen habe ich ein bisschen Siesta gemacht und bin gegen halb vier wieder aufgebrochen, um nochmal in Ruhe die Kathedrale von innen zu besichtigen und auch noch ein paar Außenaufnahmen von San Nicola bei Licht aus Westen zu machen. Leider hatte es sich im Laufe des Nachmittags zu gezogen. Aber immerhin waren die Schatten jetzt weg. Danach bin ich noch ein bisschen am Lungomare – der Hafenpromenade - entlang spaziert und habe mir im Adidas-Laden am Corso Vittorio Emanuele II Schuhe gekauft.
Also – Ihr merkt schon: Bari gefällt mir. Es ist nicht so düster wie Táranto, aber auch wenn es besser in Schuss ist liegt doch noch ein Hauch von „halbwildem“ Italien über der Stadt.
Morgen ist wieder Fahren angesagt – aber in Form einer Tagestour, denn ich habe noch eine weitere Nacht in Bari. Am Montag geht’s dann zur letzten Station der Reise nach Barletta.

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