11. Oktober 2021

Heute war ein klassischer Studienreise-Sightseeing-Tag, wie er im Buche steht. Es ging wieder um 9 Uhr los, aber heute zuerst nur mit unserem Fahrer und ohne unseren Reiseleiter. Adnan wohnt in Irbid, im Norden nahe der syrischen Grenze. Wir haben ihm gestern gesagt, dass wir ihn erst in Jerash treffen, das nördlich von Amman auf dem Weg nach Irbid liegt. So hat er heute insgesamt vier Stunden Fahrerei gespart.
Jerash ist, wie die meisten antiken Städte hier, unter vielen Namen bekannt und ebenfalls ein uralter Siedlungsplatz. Ihre Blütezeit hatte die Stadt im späten ersten und im zweiten Jahrhundert nach Christus unter den Kaisern Trajan und Hadrian. Letzterer war hier sogar zu Besuch und ihm zu Ehren wurde hier der Hadriansbogen errichtet. In Jerash (oder Gerasa, wie es zur Römerzeit genannt wurde) findet man Kolonnadenstraßen, Tempel, Märkte, Theater, ein Hippodrom und eine Stadtmauer… also alles, was zu einer richtigen römischen Stadt gehört. Die Stadtmauer ist über 3km lang, was schon einen Eindruck von der Größe der Stadt gibt. Neben römsichen Baudenkmälern gibt es aber auch Ruinen von Kirchen aus der byzantinischen Zeit.
Ungefähr ne Stunde dauerte die Fahrt von Amman nach Jerash. Auf dem Parkplatz der Ausgrabungen wartete Adnan auf uns und dann sind wir zur Besichtigung der Ruinen aufgebrochen. Es war knackig warm, so dass man schon froh war, wenn es irgendwo ein bisschen Schatten gab. Nichtsdestotrotz sind die  Ruinen von Gerasa extrem eindrucksvoll und können meiner Meinung nach locker mit Pompeji, Italica (Andalusien) und anderen antiken Städten mithalten. Die von korinthischen Säulen gesäumte Hauptstraße erinnerte mich an Apameia in Syrien, wo ich im Frühjahr 2005 war. Adnan hat uns zu den wichtigsten Punkten der Stadt geführt und schön dazu erzählt. Leider wurden mir allerdings die Nachteile einer Gruppenreise wieder vor Augen geführt. Ich wäre gerne länger in den Ausgrabungen geblieben. Das Erlebnis von Jerash war aber trotzdem super, und mir ist klar, warum die Ruinen hier eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Jordanien sind. Klar auch, dass ein Bild aus Jerash heute das Bild des Tages ist: der Blick nach Norden entlang des säulengesäumten Cardo, der römischen Hauptstraße der Stadt Gerasa. Wenn man genau hinkuckt, dann erkennt man auf den Hügeln in der Ferne die moderne Stadt Jerash. Die Entfernung täuscht ein bisschen, denn die Ausgrabungen sind ringsum von der modernen Stadt umgeben, ähnlich wie in Baalbek, Byblos, Tyrus… oder Rom… *lach…
Nach der Besichtigung von Jerash war Mittagspause angesagt. Wir sind in einem Restaurant direkt an der Ausgrabungsstätte eingekehrt. War ein bisschen touristisch, aber das Essen war absolut in Ordnung. Wir haben schön draußen im Schatten gesessen, und frisch gepressten Granatapfelsaft gab es auch.
Der nächste Programmpunkt war die Burg von Ajlun, ne gute halbe Stunde Fahrt von Jerash entfernt. Die Festung thront auf einem Felssockel von dem aus man einen tollen Panoramablick über die Umgebung hat. Das erklärt auch warum der Sultan Saladin im 12. Jahrhundert diesen Ort für eine Burg auswählte. Man hat nen guten Überblick über die Gegend und kann so die beiden wichtigen Handelsstraßen, die hier vorbeilaufen, beschützen. Die Anlage selbst ist nicht übermäßig groß, aber bei klarem Wetter sieht man über den Jordan bis nach Nablus und darüber hinaus. In der Karte des heutigen Tages habe ich einen etwas größeren Ausschnitt gewählt, damit Ihr die geographischen Verhältnisse und Zusammenhänge besser erkennen könnt.
Auf der Rückfahrt von Ajlun haben wir Adnan wieder in Jerash abgesetzt und Abed hat uns dann nach Amman gefahren. Einen kurzen Fotostopp gab es noch am Nahr ez-Zarqa, dem biblischen Fluss Jabbok. Eher ein Bach, aber in einem so trockenen Land wir Jordanien dann doch schon ein Fluss. Nach dem Jordan und dem Jarmuk ist der Jabbok der drittgrößte Fluss des Landes.
Ein schöner Tag also, und so langsam komme ich im Urlaub an. Wer nicht angekommen ist, das sind unsere vermissten Mitreisenden, und so werden wir zu fünft die Tour fortsetzen, was nicht das Schlimmste ist. So haben wir alle mehr Platz im Bus. Morgen fahren wir nach Osten in die Wüste. Es geht wieder erst um 9 Uhr los. Sehr gemütlich.

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