Reiselogbuch - 2017 Quebec


30. Juli 2017

Nach dem ich den gestrigen Tag ja weitgehend auf Schusters Rappen bestritten habe, stand heute ein anderes Fortbewegungsmittel im Vordergrund. Das Fahrrad.
Als ich heute morgen auf der Terrasse meines B&Bs beim Frühstück saß, lachte der gleiche wolkenlos blaue Himmel über Montreal wie gestern. Trotzdem bin ich heute morgen ins Museum gegangen, denn morgen ist Montag und da haben die meisten Museen zu, so dass ich das also heute erledigen musste.
Das Musée des Beaux-Arts de Montréal bietet alles, von mittelalterlicher Kunst über die alten Meister bis zu moderner Kunst, und zwar nicht nur Gemälde sondern auch Skulpturen, Alltags- und Sakralgegenstände, Möbel usw. usw. Die ersten paar Minuten waren daher etwas verwirrend, bis ich mich an den Kuddelmuddel gewöhnt hatte. Das  Musée des Beaux-Arts de Montréal ist das größte Museum der Stadt und das älteste Kanadas. Nachdem ich die ersten paar Säle hinter mir hatte, war mir klar, dass ich den Rest des Tages hier verbringen würde, wenn ich mich nicht beschränke, und deswegen habe ich zum Beispiel die flämische und niederländische Abteilung ausgelassen und mich auf die kanadischen Künstler konzentriert. Preiswert war der Spaß darüber hinaus auch, denn am letzten Sonntag jeden Monats bietet das Musée des Beaux-Arts de Montréal freien Eintritt.
Nach dem Museum wollte ich zum Marché Atwater, einem der Sonntagsmärkte hier in Montreal. Mit der U-Bahn wäre das ziemlich kompliziert gewesen, deshalb dachte ich mir „Nimm mal den Bus.“ Busfahren ist hier in Montreal nicht so kompliziert. Viele Buslinien fahren immer nur eine Straße rauf und runter... was natürlich hier in Amerika, wo Städte geplant und viele Straßen ziemlich lang und grade sind, ne ganz schöne Strecke sein kann. Praktischerweise gibt's Montreal aber an fast jeder Querstraße ne Bushaltestelle und man steigt dann in den Bus, der die Querstraße rauf- und runterfährt um. Soweit die Theorie.
Als ich an der Kreuzung Rue Sherbrooke und Avenue Atwater ausstieg, um in den nächsten Bus umzusteigen, war der grade weg. „Okay“, dachte ich, „wartest Du auf den nächsten.“ Und dann sah ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Mietstation von Bixi, der städtischen Fahrradvermietung. Wie ich heute morgen in meinem Quartier erfahren hatte, waren heute nicht nur die öffentlichen Verkehrsmittel, sondern auch die  Mietfahrräder umsonst, zumindest für die erste halbe Stunde. (Ob das hier jeden Sonntag so ist, bin ich zwar nicht gewahr geworden, das war aber für mich heute ja auch egal.) Ich habe mir also ein Fahrrad gemietet, und bin die Avenue Atwater runter bis zum Markt geradelt... wo es natürlich auch eine der automatisierten Vermietstationen gab und wo ich den Drahtesel problemlos zurückgeben konnte.
Ich bin gemütlich über und durch den Marché Atwater spaziert und dann war es Zeit für's Mittagessen. Das konnte man am Marché Atwater ganz gut, denn hier gibt es auch Imbissbuden, aus aller Herren Länder. Man merkt, dass Kanada ein Einwanderungsland ist. Ich habe mir also was zu Essen gekauft, bei einem Stand, der Essen von der Insel Réunion im Indischen Ozean verkauft. War sehr lecker... Rindergulasch und eine Art Wurstgulasch auf Reis mit Linsen. Damit wenigstens ein bisschen was Kanadisches dabei war, habe ich zum Trinken ne Dose Canada Dry Ginger Ale bestellt.
Nach der Mittagspause bin ich mit einem neuen Mietfahrrad den Canal Lachine entlang gefahren. Hier gibt es schöne Rad- und Spazierwege, picknick- und sonnenbadtaugliche Wiesen, immer wieder auch Bäume, und das alles vor der Kulisse von Montreal Downtown auf der einen und vom Canal Lachine mit seinen Schleusenanlagen, Kais und Brücken auf der anderen Seite. Der Canal Lachine war früher mal für die Industrie hier wichtig, aber wird mittlerweile fast nur noch für Ausflugsboote verwendet. Die Tour endete am alten Hafen von Montreal, wo ich gestern ja schon mal war. Eigentlich wollte ich von hier dann mit dem Bus ins Zentrum von Downtown Montreal, aber nachdem ich mich ein bisschen schwer damit getan hab, eine passende Buslinie zu finden hab ich mir gedacht, „Warum fährst Du nicht mit dem Fahrrad? Kost' doch nix.“ Flugs war ein neues Veloziped ausgeliehen und es ging weiter durch die Stadt.
In Montreal Downtown angekommen – nachdem ich zwischen durch mal kurz bei Starbuck's eingekehrt war – bin ich in der Rue St. Catherine und rund um den Square Dorchester ein bisschen shoppen gewesen. Gekauft hab ich zwar nix, aber es war trotzdem interessant. Hier, im Herzen des kommerziellen Montreal, war heute am Sonntag ganz schön was los.
Mit dem mittlerweile vierten Fahrrad des Tages bin ich von der Rue St. Catherine zurück zum Hafen geradelt und bin dabei auch nochmal an der Kathedrale Notre-Dame und am Place Jacques Cartier vorbeigekommen. Auf dieser Strecke entstand an der Kreuzung von Rue St. Pierre und Rue St. Jacques das Bild des Tages. Man sieht das ehemalige Gebäude der Molson Bank aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Old Montreal ist voll von solchen Häusern. Auch die Touri-Pferdekutsche ist hier ein alltäglicher Anblick. Und links vor dem Gebäude sieht man eine der vielen Fahrradmietstationen von Bixi.
Am Hafen habe ich mich ein bisschen in die Sonne gesetzt, mit dem Lonely Planet Pläne für morgen gemacht und Leute angekuckt. Und dann habe ich das letzte Fahrrad des Tages ausgeliehen und bin zurück ins Quartier gestrampelt, auf Umwegen, denn durch das Autorennen und den dazugehörigen Trubel waren immer noch Teile der Stadt für den Verkehr gesperrt.
Morgen ist wieder ein normaler Arbeitstag hier in Montreal. Für den Vormittag habe ich mir den Biodôme vorgenommen und nachmittags will ich noch mal rauf auf den Mont Royal..

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1. August 2017

Ich bin unterwegs... „endlich“, möchte ich beinahe sagen. So gut es mir auch in Montreal gefallen hat, so hat doch einfach im Auto sitzen und zu einem neuen Ziel unterwegs sein auch was für sich. Vor allem, wenn die Bedingungen so gut sind, wie sie's heute waren. Ich hab nämlich zur Abwechslung mal ein bisschen Glück mit der Mietwagenfirma gehabt und habe ein cooles Auto bekommen.
Nach dem Frühstück habe ich in meinem B&B ausgecheckt und bin dann mit dem Linienbus zum Flughafen gefahren. Das ist die Linie „747“ und diese Zahl macht mir langsam ein wehmütiges Gefühl. Ich glaube, Montreal wird gar nicht mehr mit Passagier-Jumbos angeflogen.
Ne Stunde ungefähr hat der Bus gebraucht... und es war ein bisschen wie eine letzte Stadtrundfahrt. Es ging unter anderem vorbei am Musée des Beaux-Arts, am Marche Atwater und am Canal Lachine. Bei Alamo war nichts los, als ich dort ankam, und während der Anmietung habe ich den Mitarbeiter gefragt, ob ich einen Zweitürer haben könnte. Das finde ich nämlich immer ein bisschen bequemer. „No problem“, war die Antwort, „I have one for you. It's a Volkswagen Beetle.“ 'Nicht schlecht', dachte ich, denn ich hätte gar nicht damit gerechnet, dass ein Beetle als Compact Car, zählt. Auf dem Weg zum Auto ging mir dann so durch den Kopf, 'Wäre ja schön, wenn der jetzt auch noch ne coole Farbe hat... aber der ist bestimmt weiß oder sowas.' Aber was soll ich sagen? Er ist knallrot. Echt nicht unschick. Automatik natürlich und hat auch noch einiges unter der Haube, wie ich auf der Autobahnauffahrt festgestellt habe. Und noch dazu eine anständige Musikanlage, die auch bei offenem Fenster und 100 auf der Autobahn noch für anständige Beschallung sorgt. Also, in fahrtechnischer Hinsicht sollten die nächsten 16 Tage schon eine Spaßveranstaltung werden.
Wenn man so auf ne Landkarte von Kanada kuckt, dann scheinen Montreal und Québec City direkt neben einander zu liegen. Das täuscht aber, denn die riesigen Dimensionen des Landes verzerren das alles ein bisschen. Ich bin heute satt über 270km gefahren. Bei strahlendem Sonnenschein, Temperaturen um die 26, 27 Grad und bei kaum einem Wölkchen am Himmel. Es hat, wie schon erwähnt, richtig Spaß gemacht. Die Landschaft ist anfänglich noch flach, zumindest auf dem nördlichen Ufer des St. Lorenz-Stroms. Später, so ab Trois-Rivières, wird es sanft rollendes Gelände. Interessant ist vor allem die Veränderung in der Vegetation. Während es rund um Montreal noch mitteleuropäisch aussieht, hat man die letzten75km vor Québec den Eindruck, durch Süd-Skandinavien zu fahren.
In Québec City hatte ich heute noch einen Programmpunkt. Ich war auf den Plains of Abraham, wo im Rahmen des siebenjährigen Krieges am 13. September 1759 die entscheidende Schlacht zwischen den britischen Truppen unter General Wolfe und den Franzosen unter General Montcalm stattfand. Beide Generäle verloren in der Schlacht ihr Leben aber die Engländer blieben siegreich. In der Folge musste Frankreich einen Großteil seines Besitzes in Nordamerika abgeben, der dann später ein Teil von Kanada wurde.
Am Visitor Center des Schlachtfelds startete grade eine Führung, als ich dort ankam, und die habe ich dann direkt und ziemlich spontan mitgemacht. Einer der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der im normalen Leben sonst als Historiker für die Stadt Québec City arbeitet, leitete den Spaziergang, komplett in der Uniform eines französischen Generals und mit nachgebauter Muskete und er sprach, sehr niedlich, von sich selbst als General Montcalm, wozu sein nicht einstudierter französischer Akzent schön passte. Alles komplett 'in character'. Wir waren insgesamt nur sechs Touris, so dass die Führung schön persönlich war, und wir haben viel gelernt. Dass die hier in Québec City die Geschichte eher aus der Sicht der Franzosen erzählen, liegt irgendwo nahe. So sah das auch unser Québecois in Generalsuniform.
Mein Quartier hier ist bei weitem nicht so stylish, wie das in Montreal. Allerdings wohne ich auch hier wieder mitten drin. Die Altstadt von Québec City ist nicht so riesig, so dass ich hier morgen alles zu Fuß erkunden werde. Da hat der Beetle am zweiten Tag schon frei.
Zum Abendessen gab's heute ne Pizza in einer der Pizzerien an der Rue Saint-Louis. Es war übrigens sehr voll hier in der Altstadt. Mal kucken wie das morgen sein wird.
Beim Bild des Tages war ich heute ein bisschen in Verlegenheit. Ich habe heute grade mal 45 Bilder gemacht. So richtig dolle waren die alle nicht. Das Bild des Tages zeigt den Blick von der Anhöhe der Plains of Abraham oben auf den Klippen über dem St. Lorenz-Strom runter auf den Fluss und das Südufer. Die Kanone steht da nur zu Deko- und Demonstrationszwecken. Solche Kanonen waren eigentlich oben auf den britischen Festungstürmen vom Beginn des 19. Jahrhunderts, den sogenannten Martello Towers, stationiert.

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3. August 2017

Die nächste Etappe der Rundfahrt liegt hinter mir. Ich bin in Tadoussac, der (nicht unberechtigt) selbsternannten „Whale-watching Capital of the World“. An Tadoussac habe ich sehr positive Erinnerungen von vor 17 Jahren, und ich konnte mich auch gut an den Ort hier erinnern. Wie allerdings das Hotel hieß, wo ich damals gewohnt habe, das hab ich vergessen. Muss ich noch mal nachkucken, wenn ich wieder zu Hause bin. Überhaupt weiß ich gar nicht mehr, wie wir das damals gemacht haben im Jahr 2000, wo das Internet noch in den Kinderschuhen steckte und man nicht mit Hilfe irgendwelcher Hotelreservierungswebseiten innerhalb von ner Stunde Quartier in 20 Städten rund um den Globus machen konnte. Das ist schon alles viel bequemer geworden.
Nah dem Auschecken bin ich heute morgen erst mal ein Stückchen gefahren und habe dann in einem der nördlichen Vororte von Québec City Station gemacht, für ein Frühstück bei Café Starbucks, und für ein bisschen Shopping im Supermarkt. Ab heute geht es ja raus auf's platte Land, und da wollte ich vorher ein paar Vorräte besorgen. Najaaa... nicht so viele Vorräte. Wasser, Küchenrolle, ein Sixpack Molson und ein paar Nüsschen. Die beiden letzten Sachen für die Abendgestaltung... was schon mal ein kleiner Fehlschlag war, denn mein Zimmer hier in Tadoussac hat keinen Kühlschrank. Ich habe hier vor Ort also auch noch ne Flasche kalifornischen Rotwein gekauft...
Auf dem Weg von Québec City nach Tadoussac gab es noch einen kurzen Stopp am Chute Montmorency. Dieser Wasserfall bildet quasi die Mündung des Flusses Montmorency in den St.Lorenz-Strom und ist 83m hoch. Das sind fast 30m mehr als die Niagara-Fälle. Aber die Chute Montmorency sind bei weitem nicht so breit und imposant, wie die Niagara-Fälle. Was sie allerdings auch sind, genau wie die Niagara-Fälle, das ist kommerziell ausgeschlachtet. Um ehrlich zu sein ist es hier für mein Empfinden sogar noch schlimmer als in Niagara. Es gibt ne Seilbahn, Brücken, Treppen, Zip-Lining... nicht wirklich würdevoll... und auch nicht billig. Parkplatz und Eintritt haben mich 12,15Can$ gekostet, das sind rund 8 Euro. Und damit hatte ich noch keine der anderen Aktivitäten in Anspruch genommen. In Anbetracht der Menschenmassen, die sich hier tummelten, habe ich aber auch problemlos darauf verzichten können. Ich bin nur mal kurz zum Fuß der Fälle spaziert und dann wieder ab ins Auto.
Den Rest des Tages war fahren angesagt, wobei ich jetzt für die Strecke nicht so irre lange gebraucht habe. Dreieinhalb Stunden, inklusive ein paar Fotostopps unterwegs. Was ich vorgestern schon über die Landschaft gesagt hatte, das hat sich heute fortgesetzt. Das Adjektiv, das die Gegend hier am Nordufer des St.Lorenz-Stroms am besten beschreibt, ist 'skandinavisch' mit französischem Einschlag. Mittelgebirgig, Nadelwälder, Elchwarnschilder entlang der Straße, und das ganze immer wieder unterbrochen von Wiesen und Feldern und kleinen Städten und Dörfern mit Namen wie Saint-Fidèle, Saint-Irénée, Baie-Saint-Paul oder Saint-Cassien-des-Caps... und mit in Pastellfarben gestrichenen Holzhäusern und Kirchen mit spitzen Türmen und silbern glänzenden Zinkdächern... sehr schön irgendwie, und überhaupt nicht typisch kanadisch. Zumindest nicht so, wie man es sich bei uns allgemein vorstellt, denn bei Kanada denkt man ja zuerst an die Rocky Mountains.
Gegen halb vier war ich am Fähranleger in Baie-Sainte-Catherine. Hier mündet der Saguenay-Fjord in den St.Lorenz-Strom und das Wasser ist hier so tief, dass man (bisher) keine Brücke gebaut hat. Drei Fähren pendeln zwischen der Anlegestelle von Baie-Sainte-Catherine und Tadoussac hin und her. Die Benutzung ist kostenlos, und es dauert auch nur ein paar Minuten, bis man drüben ist. Ich musste also nicht lange warten bis zum Übersetzen. Während dieser Zeit entstand auch das Bild des Tages. Man sieht die Mündung des Saguenay-Fjords, die Fähren, und auf der anderen Seite des Fjords so ziemlich in der Bildmitte die gegenüberliegende Anlegestelle und in der rechten Bildhälfte die Häuser von Tadoussac.
In Tadoussac habe ich noch eine kleine orientierende Rundfahrt durch's Dorf gemacht, und mich dann an der Touristeninformation beraten lassen, was das Whale-watching angeht. Ich habe dann erst mal eine Tour für morgen früh um 9:45h gebucht. Je nachdem, wie das läuft mache ich dann nachmittags noch eine weitere, und eventuell übermorgen vormittag noch eine dritte allerdings von unterwegs aus und nicht mehr von Tadoussac aus.
Danach habe ich in meinem Motel eingecheckt und bin zu Fuß wieder ins Dorf, habe die Restaurants ausgelotet und mich für eins zum Abendessen entschieden. Morgen geht der Wecker etwas früher als die letzten Tage, und ich hoffe, dass mir das Safari-Glück hold ist und ich ein, zwei Wale vor die Linse kriege.

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2. August 2017

Québec City... Hauptstadt der Provinz Québec, Herz des frankophonen Kanada, und Anziehungspunkt für Touristen aus aller Herren Länder... Im Gegensatz zu Montreal hatte ich noch ganz gute Erinnerungen an meinen Besuch hier vor 17 Jahren... aber andererseits wohl offensichtlich auch ein paar Sachen verdrängt, denn voll war es damals bestimmt auch schon. Vielleicht habe ich das aber auch nicht so wahr genommen, weil ich damals nicht in der Stadt gewohnt habe. Allerdings muss ich sagen, dass sich meine neue Taktik, im Herzen der Städte zu wohnen, anstatt außerhalb und dann mit dem Mietwagen rein zu fahren, sehr bewährt hat. Der Probelauf letztes Jahr in New Orleans war ja schon ein absoluter Hammer, und Montreal habe ich mir ja jetzt auch schön erschlossen und untertan gemacht...
Wie gestern bereits erwähnt, habe ich meinem Mietwagen heute frei gegeben. In meinem Quartier gab's hier kein Frühstück und so bin ich einfach die Straße runterspaziert und habe mir im Café Starbucks, das sich an der Place d'armes in der Nordecke des Château Frontenac befindet, mein Frühstück selbst zusammengestellt... Das Château Frontenac, optisches Wahrzeichen von Québec City, ist übrigens kein echtes Schloss, sondern wurde am Ende des 19. Jahrhunderts von der Canadian Pacific Railroad- Eisenbahngesellschaft als Hotel gebaut und beherbergt auch heute noch ein Luxushotel mit über 600 Zimmern. Ich habe mich schon immer gefragt, wie man einen solchen Kasten in eine ansonsten recht schnuckelige Altstadt setzen konnte. Mir gefällt das Teil überhaupt nicht, und deshalb habe ich mich auch dagegen entschieden, ein Stadtpanorama von Québec City mit Fluss und Château als Bild des Tages zu präsentieren.
Wenn man von dem Monstrum von Château absieht, dann ist Québec ein nettes Städtchen. Damit meine ich die Altstadt... vor der Stadtmauer liegt eine normale kanadische Großstadt mit 500.000 Einwohnern. Und heute morgen um halb zehn als ich zum Café Starbucks unterwegs war, war es auch einfach eine normale Stadt mit schöner Kulisse. Nur ein paar Touristen waren schon unterwegs, und die Québecer waren auf dem Weg zur Arbeit. Ich habe eine ganz Zeit auf der Terrasse vor dem Château gesessen, meinen Modekaffee getrunken, mein Scone gemümmelt, und zugekuckt, wie der Platz zum Leben erwachte und sich mit Touristen füllte...
Dann ging's auf Stadtrundgang, so ungefähr die Route, die auch mein Lonely Planet vorgeschlagen hat. Québec City bietet schöne Plätze, malerische Gässchen, stattliche und niedliche Häuser... und viele Souvenirläden. Ich muss schon sagen – es dreht sich hier in der Altstadt alles um die Touris. So krass wie hier habe ich das selten erlebt. Da war Montreal schon ganz anders drauf, und auch dort gab's reichlich Touris. Diese Konzentration von Québec City auf das Tourismusgeschäft wird am deutlichsten in der Rue du Petit-Champlain, am Fuß der Klippen des Cap Diamant, auf dem oben das Château Frontenac thront. Das ist auch das heutige Bild des Tages. Der Blick in die Rue du Petit-Champlain von der Treppe aus, die in die Oberstadt führt.
Gegen eins war hier mein Stadtrundgang zu Ende und ich bin über die Treppen wieder in die Oberstadt und habe in einem (vom Lonely Planet empfohlenen) Restaurant, das Québecois-Küche anbietet, zu Mittag gegessen. Hier in Québec City sind die Restaurant-Besitzer mit den Preisen kein bisschen schinant, wie ich gestern abend schon festgestellt habe, und so empfiehlt es sich, das Mittagessen zur Hauptmahlzeit zu machen. Da gibt es nämlich Tagesgerichte und Tagesmenüs zu halbwegs zivilen Preisen.
Nach dem Mittagessen bin ich noch mal im Café Starbucks gewesen, und hab mir nen Espresso gegönnt... und noch ein bisschen Zeit dort auf der Terrasse verbracht zum Leute kucken. Denn inzwischen war es hier rappelvoll, und es gab auch Straßenmusikanten und -künstler.
Nach der Mittagspause bin ich zur Zitadelle hoch spaziert und habe dort eine Führung mitgemacht. Die Zitadelle von Québec City ist immer noch eine aktive Kaserne und deshalb darf man drinnen nicht alleine unterwegs sein. Hier ist das Royal 22e Regiment der kanadischen Streitkräfte stationiert, die einzige Einheit der kanadischen Armee, in der Französisch die Dienstsprache ist.
Die Führung war sehr interessant und ich habe mir anschließend noch das Regimentsmuseum angekuckt und dann meinen Stadtspaziergang noch ein bisschen fortgesetzt.
Ab morgen geht’s raus auf's Land. Nach soviel KULtur wird es Zeit für NAtur.

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4. August 2017

Ich bin platt... nach fast sechs Stunden auf dem Wasser... aber es hat sich gelohnt.
Der Wecker ging früher als auf dieser Reise bisher gewohnt, denn ich hatte ja für 9:45h eine Whale-Watching-Tour gebucht. Der Shuttlebus sollte mich um viertel nach neun am Hotel abholen. Vorher wollte ich aber auch noch was frühstücken, denn mit leerem Magen auf dem Meer, das macht sich nicht gut... Ich habe mir also in der Bäckerei gegenüber ein Croissant, ein Schoko-Croissant, ne Flasche O-Saft und nen Beutel Milch gekauft, und auf der Terrasse meines Hotelzimmers gefrühstückt. Der Shuttlebus war pünktlich da und kurze Zeit später war ich am Hafen.
Genau erinnere ich mich zwar nicht, aber ich glaube, mit dem gleichen Schiff - oder zumindest einem vergleichbaren - bin ich vor 17 Jahren hier auch unterwegs gewesen. Beim Whale-Watching scheiden sich so ein bisschen die Geister an der Wahl des Bootes. Ein großes Boot hat den Vorteil, dass man höher steht und besser kucken kann. Dafür ist es aber auch groß und langsam(er) und man hat nicht so den direkten Kontakt zur Wasseroberfläche. Zodiacs - Schlauchboote mit festem Rumpf - sind zwar kleiner und wendiger und man ist näher am Wasser und damit auch näher am Geschehen, aber sie sind auch ne wackelige Angelegenheit, und das ist ja für jemanden wie mich, der nur sehr begrenzt seefest ist, nicht unwichtig. Grundsätzlich komme ich jedoch, gegebenenfalls mit dem entsprechenden Doping, mit beiden Arten von Whale-Watching-Booten klar, und habe beide auch schon in der Vergangenheit genutzt. Gestern beider Buchung der Tour hab ich mich aber erst mal für das große Boot entschieden.
Wie gesagt, um 9:45h sollte es los gehen, aber da hatten wir den ersten Zwergwal, der in der Bucht von Tadoussac auf Nahrungssuche war, schon von Bord des noch vertäuten Schiffs gesehen. Der Zwergwal ist der kleinste Vertreter der Bartenwale, um genauer zu sein der Furchenwale, zu denen auch Blauwal, Finnwal, Buckelwal und Seiwal (mit denen ich auch schon Erfahrung habe) gehören.
Rund drei Stunden dauerte unsere Wal-Safari im Gebiet des Saguenay-St.Lawrence Marine Park, einem der wenigen Nationalparks in Kanada, die nur für ein Seegebiet eingerichtet wurden. Das Meer war glatt wie ein Spiegel, bis auf einige Stellen, wo sich Strudel, Strömungen und Unruhe bilden durch die Vermischung des Süßwassers aus dem Saguenay-Fjord mit dem Salzwasser des Atlantiks, das hier schon in den St.Lorenz-Strom eindringt. Grade diese Konstellation aus Süß- und Salzwasser führt zu dem Nährstoffreichtum, der die Gegend hier für Wale so attraktiv macht.
Das Meer war zwar ruhig (und ich musste keine Medikamente nehmen), aber leider war die Sicht durch Nebel getrübt. Nichtsdestotrotz hatten wir eine sehr erfolgreiche Safari. Wir haben mehrere Zwergwale beobachtet, eine größere Gruppe Belugas, die allerdings recht weit weg waren, außerdem ein paar Schweinswale, Kegelrobben, Seehunde und Vögel. Was leider gefehlt hat im Vergleich zum Sommer 2000, das waren die Finnwale. Aber immerhin hatte ich jetzt schon mal – endlich – Bilder von Zwergwalen auf der Speicherkarte. Die brauchte ich nämlich dringend.
Um kurz vor eins waren wir wieder im Hafen von Tadoussac, und ich habe mir dann für heute nachmittag eine weitere Tour gebucht, dieses Mal mit dem Zodiac. Um halb fünf sollte es los gehen.
In der Zwischenzeit wollte ich in dem Restaurant über der Bäckerei, gegenüber von meinem Hotel, zu Mittag essen. Leider machten die erst heute abend auf und so habe ich mir in der Boulangerie auch noch das Mittagessen zusammengestellt und es auf meiner Terrasse in der Sonne sitzend zu mir genommen.
Nach ner kurzen Mittagspause bin ich wieder zum Hafen runter spaziert, habe mir das Interpretationszentrum für Meeressäuger angekuckt und noch ein bisschen in der Sonne gesessen. Um kurz vor vier begann dann die Vorbereitung für die Schlauchboot-Tour. Wir bekamen alle wind- und wasserdichte Klamotten in leuchtenden Farben an, für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand außenbords gehen würde. Heute morgen war ich ein bisschen sportlich ausgefahren, mit kurzer Hose und nur mit Jööpchen. Das ließ sich auf dem großen Schiff, wo man auch mal reingehen und sich aufwärmen konnte, so grade aushalten. Heute nachmittag war ich mit Jeans, Jööpchen und North Face-Jacke ausgestattet... UNTER dem Survival-Anzug... und ich muss sagen: ich war nicht zu warm angezogen. Zum Glück hatte ich einen privilegierten Sitzplatz, auch wenn es im ersten Moment so ausgesehen hatte, als hätte ich in dieser Hinsicht die A****-Karte gezogen. Ich saß nämlich hinten im Zodiac, direkt hinter der Rückseite des Führerstandes. Ich konnte also nach vorne raus genau null sehen... Aber dafür war ich wind- und spritzwassergeschützt. Das sollte sich heute nachmittag bezahlt machen, denn es war Wind aufgekommen, und die Tour fand auf ziemlich bewegtem Wasser statt... und natürlich für mich unter Chemikalieneinsatz. Der Seegang machte das Fotografieren zwar deutlich diffiziler, aber wie man am Bild des Tages sehen kann, hab ich doch vorzeigbare Ergebnisse erzielen können.
Neue Walarten sind zwar heute nachmittag nicht mehr dazu gekommen, trotzdem war das Whale-Watching vom Zodiac aus ein tolles Erlebnis. Den Tag habe ich dann mit einem schönen Abendessen in dem Restaurant, wo ich eigentlich schon heute mittag hinwollte, abgeschlossen. Morgen heißt es Abschied nehmen von Tadoussac. Aber vielleicht habe ich morgen früh unterwegs nochmal die Gelegenheit für ne dritte Runde Walsafari. Das wird nicht zuletzt vom Wetter abhängen. Heute abend hat's hier nämlich geregnet.

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