16. April 2022

Ich bin übellaunig, und das nicht zu knapp. Dass ich seit heute wieder alleine unterwegs bin, war bei der Planung der Tour natürlich schon einkalkuliert. Trotzdem würde ich lügen, wenn ich sage, dass ich Saki nicht vermisse. Natürlich ist einiges einfacher, wenn man alleine unterwegs ist, grade für jemand wie mich mit meinen verschrobenen Hobbys. Aber in guter Gesellschaft zu reisen hat eben auch Vorteile, und selbst wenn es nur darum geht auf andere Gedanken gebracht zu werden oder bessere Laune zu bekommen. (Saki ist übrigens letzte Nacht wohlbehalten in Miami angekommen.)
Aber alles der Reihe nach, dann wisst Ihr am Ende des heutigen Logbuchs genau, was mich heute alles angefressen hat.
Vergangene Nacht hat es in Atlanta geregnet, und zwar kräftig. Mir war’s egal, denn ich hatte ja nichts mehr vor. Dass ich beim Aufwachen eine SMS von Leticia vorfand, die unser gemeinsames Frühstück abgesagt hat, war jetzt auch eigentlich nicht schlimm. So hatte ich mehr Zeit und Ruhe um alles zu packen und aufzubrechen und darüber hinaus bin ich nächste Woche ja wieder in Atlanta. Zum Glück musste ich im Apartment nicht aufräumen oder putzen. Ich habe einfach meine Siebensachen in den Golf geladen und konnte losfahren. Die allererste Etappe des Tages war kurz. Es ging nur bis zum Kroger’s Supermarkt auf der Ponce de Leon Avenue, wo ich Wasser, ein bisschen Verpflegung fürs Frühstück und für abends sowie im angegliederten Starbucks einen Modekaffee fürs Frühstück erstanden habe. Anschließend habe ich mich auf den Interstate 85 in Richtung Südwesten gestürzt. Dabei war die Fahrt vorbei am Stadtzentrum von Atlanta schon spektakulär, denn die Spitzen der Wolkenkratzer von Atlanta Downtown steckten noch in den tiefhängenden Wolken.
Erster Sightseeing-Stopp heute war Montgomery, die Hauptstadt von Alabama. Ich war schon einmal dort gewesen, weiß aber jetzt gerade gar nicht mehr wann das war. Ich vermute mal 1995, als ich im Anschluss an meine Graduation an der University of Southern Mississippi mit meiner Mutter noch durch die Südstaaten getourt bin. Montgomery hat nicht den rühmlichsten Platz in der amerikanischen Geschichte, denn es war eine der Hochburgen des Widerstands gegen die Aufhebung der Rassentrennung in den USA. Andererseits haben sich in Montogmery auch Größen wie Rosa Parks und Martin Luther King massiv für das Ende der Rassentrennung eingesetzt, und unter anderem 1955 den Montgomery Bus Boycott organisiert, der ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung war. Trotzdem steht auch heute noch vor dem Kapitol des Bundesstaats Alabama eine überlebensgroße Statue von Jefferson Davis (dem ersten und einzigen Präsidenten der Konföderierten Staaten von Amerika). Bin nicht sicher, ob das wirklich so ein angemessener Umgang mit der eigenen Geschichte ist.
Da Samstag war, war das Zentrum von Montgomery und die Gegend rund um das Kapitol ziemlich tot. Parkplätze gab es also reichlich. Nachdem ich ein paar Bilder von außen gemacht hatte, musste ich allerdings feststellen, dass das Kapitol abgeschlossen war. Kein Foto in die Kuppel also. Mist. Aber zu verschmerzen.
Zu verschmerzen war zu diesem Zeitpunkt auch, dass es anfing zu regnen. Ich hatte in Montgomery nichts mehr zu tun und habe also meine Fahrt in Richtung Süden zum Golf von Mexiko fortgesetzt. Leider hat es aber dann nur noch etappenweise aufgehört zu regnen und es war durchgehend grau und trüb.
Kurz vor Mobile habe ich dem Golf - also meinem VW, nicht dem Golf von Mexiko - seine nächste Tankfüllung spendiert und dann bin ich zum USS Alabama Battleship Memorial gefahren. Vor 20 Jahren war ich hier schon mal, und damals hat Leticia in Mobile gewohnt. Ich habe sie im Sommer 2002 dort besucht und mir auch das Schiff angesehen. Diesen Besuch wollte ich heute wiederholen, mit inzwischen digitaler Kameraausrüstung.
Ich muss allerdings leider sagen: so richtig dolle ist das an der USS Alabama nicht. Klar, das Schiff ist groß und eindrucksvoll, aber die Touren sind schlecht ausgeschildert, viele Bereiche, inklusive der Brücke, waren abgesperrt wegen Renovierungsarbeiten und der Zahn der Zeit nagt sehr an dem Schiff. Ich habe außer der USS Alabama auch schon die USS North Carolina in Wilmington und die USS Missouri in Pearl Harbour besucht und bei beiden war alles besser organisiert und in Schuss. Auch die USS Yorktown, die wir in Charleston gesehen haben, macht deutlich mehr daher als die USS Alabama. Dass darüber hinaus noch unter dunkelgrauem Himmel ein ungemütlicher Wind über den Golf von Mexiko pfiff und es so gleichzeitig frisch und schwül war, machte es nicht besser. Ebensowenig, wie die vorzeitige Schließung des Souvenirshops an der USS Alabama. Ich habe also eher halbherzig noch ein paar Fotos des Schiffs von Land aus gemacht, sowie von den im angrenzenden Park stehenden Flugzeugen (inklusive einer von nur zwei je gebauten Northrop YF-17, die ansonsten ein echtes Highlight gewesen wäre). Nichtsdestotrotz hat die USS Alabama das Bild des Tages bekommen. Ich finde das Schiff mit den ganzen, zum drückend-bleigrauen Himmel starrenden Kanonen und Antennen sieht ein bisschen wie ein Stachelschwein aus.
Als ich von der USS Alabama aufgebrochen bin, wusste ich allerdings noch nicht, dass mein Programm für morgen komplett auseinander fallen würde. Im Hotel hier in Spanish Fort habe ich kurz die Seite des National Naval Aviation Museum aufgerufen, das für morgen der wichtigste Programmpunkt sein sollte. Tja… Leider hat das Verteidigungsministerium kurzfristig den Zugang beschränkt. Das Museum liegt nämlich auf dem Gelände einer Navy-Flieger-Basis (der Naval Air Station Pensacola, um genau zu sein) und aktuell kommt man dort nur mit einer Mitarbeiteridentifizierung des us-amerikanischen Verteidigungsministeriums rein, oder mit einem Hintergrund-Check des US-Heimatsicherheitsministeriums.
Hart, sehr hart… Ich überlege jetzt, was ich morgen mache. Ein paar Ideen habe ich schon und ich denke, am Ende des morgigen Tages werde ich Euch durchaus was berichten können. Für heute aber bin ich übellaunig. Da konnte auch der kalifornische Cabernet Sauvignon, den ich heute morgen gekauft habe, nichts mehr machen. Das einzig Gute: ich kann morgen was länger schlafen, was meinem Pipps bestimmt gut tut.



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