Reiselogbuch - 2023 Japan


29. September 2023

Unsere 787-9 cruist in 39.000 Fuß Höhe über das Gelbe Meer, zwischen Seoul und dem chinesischen Festland. Mein Herbstferienabenteuer hat begonnen… einen Tag zu früh, wie viele angemerkt haben. Ich durfte nämlich den freien Tag, den ich – mit zweijähriger Verspätung - zu meinem 25-jährigen Dienstjubiläum bekommen habe, auf den Freitag vor den Herbstferien legen. So konnte ich gestern nachmittag schon starten.
Nach ner ereignislosen Zugfahrt erst nach Köln und dann nach Frankfurt gab es am Flughafen ein bisschen Kuddelmuddel, wo denn das Gepäck abzugeben wäre. Zum Glück hatte ich reichlich Zeit, so dass trotzdem keine Hektik aufkam.
Verspätung hatte dann aber leider die ANA, All Nippon Airways, die größte Fluggesellschaft Japans, mit der ich auf dieser Reise unterwegs bin. Aber auch das hat mich jetzt nicht aus der Ruhe gebracht. Bei ner Flugzeit von über 12 Stunden bei 7 Stunden Zeitverschiebung habe ich für heute nichts mehr geplant.
Japan… Warum Japan? Gute Frage. Das ist ne längere Geschichte. Eigentlich hätte diesen Herbst eine große Chorwallfahrt des Erzbistums Köln nach Rom stattfinden sollen. Die wurde aber wegen zu geringer Teilnehmerzahl abgesagt, und so habe ich im Januar angefangen zu überlegen, wo ich denn diesen Herbst hin will. Japan stand eigentlich nie so weit oben auf meiner Reisewunschliste, aber vor nem Jahr oder zwei hatte meine Mutter mich gefragt „Warum fährst Du nicht mal nach Japan?“ Seit dem hatte sich der Gedanke in meinem Hinterkopf eingenistet und kam bei der Reiseplanung im Frühjahr energisch zum Vorschein. Also Japan. Mein Plan war ursprünglich, eine für mich organisierte Individualtour zu machen, aber das erwies sich als schwierig. Weder Exo Travel (mit denen ich in Laos und Indonesien unterwegs war und die in fast jedem ostasiatischen Land vertreten sind), noch die japanischen Partner verschiedener deutscher Individualreiseveranstalter waren in der Lage mir ne Tour zusammenzustellen. Also: selber machen. Mein Reisebüro hat die Flüge für mich gebucht, ich habe mir ne Route überlegt und Hotels gebucht und ich habe mir eine Zwei-Wochen-Netzkarte  der japanischen Eisenbahn organisiert.
Jetzt sitze ich also hier im Flieger und unter dem rechten Flügel erscheint Japan im Dunst. Der Flug war super. Zum einen bietet die ANA auch in der „Holzklasse“ einen großzügigen Sitzabstand von 34 Zoll… das sind rund 6cm mehr als man bei Lufthansa, KLM oder Air France bekommt. Außerdem ist der Platz neben mir frei, was die Reise nochmal entspannter macht. So habe ich dann wirklich sieben Stunden mit kurzen Unterbrechungen geschlafen. Topp. Gleich beginnt hier der Sinkflug. Den zweiten Teil des Logbuchs schreibe ich nachher im Hotel.

Ich bin in Tokio, nach dem bisher längsten und weitesten Flug meiner Reisekarriere. Die ungefähre Strecke könnt Ihr auf der Karte nachvollziehen. Über 12.000km in etwas über 13 Stunden. Seit dem Ukraine-Krieg haben sich Strecke und Flugzeit nach Tokio um ein Viertel erhöht.
Bei der Landung in Tokio-Haneda war’s schon dämmerig. Die Stadt ist sehr eindrucksvoll von oben, wie man im Bild des Tages sehen kann. Der Flughafen Haneda liegt auf einer Insel in der Bucht von Tokio. Hier will ich auf jeden Fall am Ende der Reise noch Spotten. Viele schicke Flieger, die man bei uns nicht sieht.
Eine Erwartung, die ich an Japan hatte, wurde schon erfüllt. Die Japaner sind gut organisiert. So eine zügige, reibungslose Einreise hatte ich noch nirgends. Bin gespannt, ob dieser Eindruck sich in den nächsten Tagen bestätigt. Was sich (noch) nicht bestätigt hat, das sind die Verständigungsprobleme. Bisher lief hier alles problemlos auf Englisch. Sogar der Taxifahrer konnte genug für ein paar Sätze Smalltalk.
Ich wohne hier ziemlich schön mitten in Tokio. Wie verkehrsgünstig, das kann ich noch nicht sagen. Werde morgen früh einfach mal zum Sightseeing losziehen und morgen abend berichten. Heute war’s ja schon dunkel als ich ankam. Morgen werde ich also beginnen die Stadt zu erobern.


Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 


30. September 2023

Tag eins in Tokio. Die Nacht war komplett durcheinander nach dem langen Flug und den sieben Stunden Zeitunterschied. So habe ich es heute morgen ruhig angehen lassen und nach dem Frühstück noch mal ein Päuschen eingelegt. Um viertel vor elf habe ich mich erst auf den Weg gemacht.
Mein Hotel liegt nur fünf Minuten zu Fuß von der U-Bahn-Station Onarimon. Ich habe Euch beides mal auf der Karte eingezeichnet, damit Ihr eine kleine Vorstellung von den Entfernungen bekommt und was wo liegt. Für heute hatte ich mir kein strammes Programm vorgenommen sondern es ging mir darum, erst mal ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Ich muss sagen: mir gefällt es hier. Die Sprachbarriere ist nicht so groß wie ich vermutet hatte. Tokio ist ziemlich sauber, wenn auch nicht ganz so perfekt gestylt wie Singapore. Das liegt auch daran, dass einiges hier in die Jahre gekommen ist. Zum Beispiel die U-Bahnhöfe. Es ist alles tipptopp sauber, aber könnte teilweise schon mal ne Renovierung vertragen. Finde ich jetzt aber nicht schlimm.
Am Eingang der meisten U-Bahnhöfe zeigt ein Schild, wie hoch man über dem Meer ist. Nur wenige Meter. Wenn man also in die U-Bahn hinabsteigt dann ist man zwangsläufig unter dem Meeresspiegel.
Heute ist Samstag und am Wochenende geht es hier gemütlich zu. Die U-Bahnen waren nicht voll und in manchen U-Bahn-Stationen war kein Mensch zu sehen. Gar nicht so schlecht also, um sich hier zu orientieren. Leider hatte ich es heute morgen im Tran offensichtlich nicht gebacken bekommen, die japanische Pre-Paid-Daten-Karte richtig zu aktivieren. Deswegen war ich zuerst mal ohne Apps unterwegs. Hat zwar genervt, ging aber auch… *lach… Was dagegen einwandfrei funktioniert, das ist meine Suica-Karte. Das ist die Pendlerkarte mit der man die öffentlichen Verkehrsmittel hier benutzen kann, ähnlich wie die Oyster Card in London.
Drei Stationen mit einmal Umsteigen, dann war ich in Sakuradamon, dem südlichen Tor zum Gelände des kaiserlichen Palastes. Die brutale Sommerhitze, die für Tokio typisch ist, gab es heute zwar nicht, aber es war trotzdem warm und schwül. Zum Glück macht mir so ein Wetter nicht viel aus.
Ich bin gemütlich am östlichen Wassergraben vorbei spaziert und habe mir die Anlagen angekuckt. Es war so richtig klassisch wie ich mir alte Festungen in Japan vorgestellt habe. Man sieht es auch im Bild des Tages. Schwere Steinmauern, geschwungene Dächer, Wasser und viel Grün. Und das mitten in einer Abermillionenstadt. Okay, der Samstag hat bestimmt zur entspannten Atmosphäre beigetragen. Sehr interessant finde ich auch den Kontrast zwischen dem Alten und dem Neuen, denn nur ein paar hundert Meter östlich vom Kaiserpalast befindet sich der Hauptbahnhof von Tokio mit dem darum herum liegenden Geschäftsviertel.
In den Kaiserpalast selbst kommt man nicht rein. Nur einige Außenbereiche der inneren Anlage sind im Rahmen einer Führung zugänglich. Das habe ich mir aber gespart und stattdessen bin ich weiter zu den östlichen Gärten des Kaiserpalastes spaziert. Dieser Bereich gehört auch zu den kaiserlichen Palastanlagen aber er ist komplett für die Öffentlichkeit zugänglich. Hier finden sich auch noch die Reste des alten Festungsturms der Burg Edo, die während der Herrschaft der Tokugawa-Shogune (vom 16. bis ins 19. Jahrhundert) der Herrschaftssitz war. Das ganze Gelände ist heute als Park angelegt. Japanische Gärten außerhalb Japans haben mich immer ein bisschen befremdet, aber hier in Tokio ist ein japanischer Garten, noch dazu im Schatten der alten Festungsmauern, was ganz natürliches… *lach… Ich hatte in weiser Voraussicht die dicke Kamera mit und habe doch wirklich und wahrhaftig noch ne kleine Vogelpirsch einlegen können.
Gegen zwei bin ich von den kaiserlichen Gärten aufgebrochen in Richtung Bahnhof, für ein spätes Mittagessen. Ich wollte zum Auftakt der Reise was typisch Japanisches essen   und bin, dem Rat meines Lonely Planet folgend, zur Tokyo Ramen Street marschiert. Das ist keine wirkliche Straße sondern eine Ecke in der Mall unter dem Hauptbahnhof von Tokyo, wo sich mehrere Ramen-Restaurants befinden. Nach dem, was ich gelesen habe, ist Ramen essen ein großes Thema in Tokio. Es soll über 3000 Ramen-Läden in der Stadt geben. Ramen besteht aus Brühe mit Nudeln aus Weizenmehl und Ei und irgendwas drauf, Schweinebratenscheiben, weichgekochte Eier, Sojasprossen, Frühlingszwiebeln…
Der Weg zur Tokyo Ramen Street führt durch die Passagen unter dem Hauptbahnhof von Tokio. Auch hier alles sehr ordentlich und sauber. Allerdings habe ich den Trick noch nicht raus, wann man wo gehen muss. In manchen Passagen herrscht Linksverkehr in anderen Rechtsverkehr. Das System habe ich heute aber nicht rausgefunden.
In der Tokyo Ramen Street kann man sich mit Hilfe von Bildern der Gerichte für einen Laden entscheiden. Man muss dann an einem Automaten bestellen und bezahlen und kriegt anschließend einen freiwerdenden Platz zugewiesen. Auch wenn schon Ende der Mittagszeit war steppte hier der Bär. Im ersten Anlauf bin ich zwar an dem Automaten gescheitert (war nur auf Japanisch beschriftet), aber dann habe ich anderen Kunden zugekuckt, wie die das machen und konnte mir so auch ein Essen bestellen. Lange musste ich nicht warten, dann wurde mir ein Hocker zugewiesen und ich bekam mein Essen. Sehr lecker.
Nach dem Essen habe ich mich so langsam auf den Rückweg zum Quartier gemacht. Dabei bin ich unter anderem an der Vorderseite von Tokios Hauptbahnhof vorbeigekommen und konnte hier den schönen Kontrast zwischen dem alten Ziegelsteingebäude vom Anfang des letzten Jahrhunderts und den dahinter liegenden Wolkenkratzern bewundern.
Per U-Bahn ging’s zurück zum Hotel und da war es dann auch schon nach vier. Fünf Stunden Stadteroberung am ersten Tag, das musste reichen.
.


Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 


2. Oktober 2023

Montag. Tokio ist aus dem Wochenende aufgewacht. Als ich mich heute morgen auf den Weg zu U-Bahn gemacht habe, summte und brummte die Stadt. Das normale Leben war zurückgekehrt.
Mein dritter Tag in Tokio war etwas geruhsamer als gestern. Nicht ganz freiwillig muss ich gestehen, denn ich habe rund ne Stunde in der Schlange gestanden, um am Schalter von Japan Rail meine Netzkarte zu aktivieren. Die soll nämlich morgen zum ersten Mal zum Einsatz kommen. Aber selbst wenn ich sofort dran gekommen wäre, dann hätte ich nicht alles geschafft, was ich mir für heute vorgenommen hatte. Das Nationalmuseum ist leider ausgefallen.
Da ich schon mal am Hauptbahnhof war, habe ich die Gelegenheit genutzt und mich auf die Suche nach einem der zahlreichen Export-Import-Wünsche gemacht, die an mich herangetragen worden sind. Filip, der jüngere Sohn von Georg und Madelene, wünschte sich original japanische Pokémon-Karten. Da war die Mall im Bahnhof nen Versuch wert. Und was soll ich sagen? Es gab nen extra Pokémon-Laden und natürlich auch entsprechende Karten. Nicht, dass ich Ahnung von sowas hätte. Ich hoffe mal einfach, dass alles richtig ist… *lach…
Da es jetzt schon um die Mittagszeit war, habe ich mir beim Starbucks im Bahnhof nen Snack und nen Modekaffee organisiert. Man kennt ja eigentlich Starbucks. Der Kaffee schmeckt zwar (mir jedenfalls) aber die Mitarbeiter sind oft mäßig enthusiastisch und eher business-like kurz angebunden, es gibt zu wenige von ihnen und entsprechend dauert es immer was, bis man seinen Kaffee endlich hat. Nicht so hier. Freundliche Mitarbeiter, die sich sehr aufmerksam in gebrochenem Englisch um mich bemühten. Nahrungsmittel, die auf ein Tablett vor mich hingestellt wurden. Ein Kaffee, der fast sofort fertig war. Geht schon. Man muss es nur wollen.
Nach dem Mittagsimbiss bin ich mit der U-Bahn nach Asakusa (gesprochen a-saku-sa) gefahren. Das U-Bahn-Fahren klappt schon wie am Schnürchen hier in Tokio. Eine große Hilfe dabei ist die Japan Travel App, der Firma Navitime. Da kriegt man die Verbindungen gezeigt und den Weg zur Station, auf welchem Bahnsteig man am besten in welchen Waggon einsteigt und an welchem Ausgang man die Station am besten verlässt, um bequem zum Ziel zu kommen. Okay, gibt es auch von Google Maps, aber die Japan Travel App ist noch ein bisschen komfortabler.
Im Stadtteil Asakusa befindet sich der Senso-ji, der älteste buddhistische Tempel Tokios aus dem 7. Jahrhundert n.Chr. und eine der Pflicht-Sehenswürdigkeiten in der japanischen Hauptstadt. Ich war gewarnt worden von meinem Lonely Planet. Man ist dort nicht allein. Immerhin gehört der Tempel zu den meistbesuchten religiösen Stätten der Welt. Nakamise-dori, der schnurgerade Weg zum Tempel, ist mit Buden gesäumt und hier war was los wie in Euskirchen auf der Kirmes am Samstagabend um 19:00 Uhr… richtiger Rummel. Aber das gehört sich halt so und hat mich auch nicht weiter gestört. Der Tempel ist nicht nur ne Touristenattraktion. Er ist auch eine in Betrieb befindliche religiöse Stätte. Viele Japaner kommen hier her zum Beten, und etliche machen sich dafür richtig fein in traditioneller Kleidung. Aber man sieht auch Gruppen von japanischen Jugendlichen, und natürlich Touristen.
Ich habe mir trotz des Gewusels in Ruhe den Tempel angekuckt. Die 53m hohe Pagode, die zweithöchste in Japan, hat es sogar zum Bild des Tages geschafft.
Rechts und links vom Nakamise-dori führen Straßen und Wege hinein ins Stadtviertel Asakusa und da bin ich ein ganzes Weilchen spazieren gegangen. Hier ist es schnell vorbei mit dem Trubel und man befindet sich mitten in einem normalen Stadtviertel. In Asakusa hat Tokio fast schon etwas Kleinstädtisches und Vertrautes. Aber gerade das ist so spannend. Es ist eben nur FAST wie bei uns und die vielen Kleinigkeiten, die nicht wie bei uns sind, machen Tokio für mich interessant.
Eine Sache ist mir allerdings aufgefallen und so richtig verstanden hab ich es immer noch nicht. Tokio ist erstaunlich sauber. Nur ganz ausnahmsweise sieht man irgendwo mal Müll oder auch nur ein Stück Abfall auf dem Boden liegen. Dabei gibt es in der Stadt, zumindest da, wo ich bisher unterwegs war, kaum Abfalleimer. Schon erstaunlich.
Nach einem sehr frühen Abendessen bin ich noch ein bisschen weiter durch Asakusa geschlendert, aber dann habe ich mich auf den Heimweg gemacht, denn ich musste noch das Gepäck umpacken. Heute ist nämlich mein vorläufig letzter Tag in Tokio. Morgen geht es raus auf’s Land.
Aber warum dann umpacken? Das hat mit einer Besonderheit hier in Japan zu tun. Man reist normalerweise nicht mit großem Gepäck in öffentlichen Verkehrsmitteln. Stattdessen lässt man das Gepäck von einem Transportservice befördern. Das organisiert das Hotel. Nachteil ist allerdings, dass es 24 Stunden dauert, bis man seine Sachen wieder hat. Deshalb habe ich für die kommenden zwei Tage ein kleines Übernachtungsgepäck in den Trolli gepackt, und der Sammy reist morgen schon nach Kyoto, zu meinem übernächsten Quartier. So muss ich deutlich weniger schleppen.
.


Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 


1. Oktober 2023

Heute war der Tag rappelvoll. Oder besser gesagt, ich habe den Tag rappelvoll gemacht. Und auch heute habe ich das traditionelle und das moderne Tokio miteinander kombiniert.
Die letzte Nacht war deutlich besser als die davor… so langsam komme ich in der neuen Zeitzone an. Trotzdem habe ich es heute morgen ruhig angehen lassen und bin erst gegen halb elf aufgebrochen. Bin ja schließlich im Urlaub und es werden wahrscheinlich noch Tage kommen, wo ich früher raus muss.
Den Auftakt zum heutigen Programm machte ein Besuch am Meiji-Schrein. Der Schrein ist das bedeutendste Shintō-Heiligtum in Tokio. Shintō ist die traditionelle Religion hier in Japan, und ist eng mit dem Buddhismus verknüpft. So genau kenne ich mich da aber nicht aus. Muss mich mal ein bisschen einlesen. Jedenfalls ist der Meiji-Shintō-Schrein eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Tokios und den wollte ich natürlich nicht auslassen.
Am Meiji-Schrein war einiges los, als ich dort aus der U-Bahn stieg. Die Besucher waren mehrheitlich keine Touristen sondern Japaner, die hier herkommen, um zu beten,  Opfergaben zu bringen und Votivtäfelchen aufzuhängen. Trotz des Betriebs gab’s hier aber keine Hektik. Der Schrein liegt in einem großen, schön angelegten Park mit altem Baumbestand. Eine breite Allee führt durch drei Torii, die bekannten Tore mit den zwei Balken als Sturz, bis zum Schrein. Dort hab ich ein paar Yen für den Opferkasten spendiert. Leider darf man das Hauptheiligtum nicht fotografieren. Schöne Motive gab es trotzdem einige in der Anlage und dem Park, und auch ohne das Hauptheiligtum hätte ich schon ein Foto des Tages gehabt. Ich habe noch einen ausgedehnten Spaziergang durch den Park gemacht, inklusive des „japanischen“ Gartens. Dann ging es weiter zum nächsten Programmpunkt.
Ich gehe mal davon aus, dass die meisten von Euch Shibuya Crossing schon mal im Fernsehen oder im Kino gesehen haben. Diese Straßenkreuzung, wo Massen von Menschen ameisengleich von einer Seite zur anderen wuseln, repräsentiert geradezu ikonisch die Betriebsamkeit der japanischen Hauptstadt und ist ein weiterer Touristenmagnet in Tokio. Das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen und war sehr gespannt, was es mit dem Hype auf sich haben würde und ob es wirklich so wäre, wie man es aus Film und Fernsehen kennt. Erster Eindruck: es ist kleiner als ich es mir vorgestellt hatte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass man auf der Leinwand oder dem Bildschirm meistens Weitwinkelansichten präsentiert bekommt, die natürlich die wirkliche Größe etwas verzerren. Zweiter Eindruck: es ist irgendwie doch so wie im Kino… *lach…
Shibuya Crossing ist eigentlich eine ganz normale Kreuzung in einer Großstadt. Aber da sie genau zwischen dem Shibuya Bahnhof, mehreren U-Bahn-Stationen und etlichen Malls, Geschäften und Einkaufszentren liegt, gibt es hier besonders viel Fußgängerverkehr. Und wie das mit Hypes so ist: sie verstärken sich selber. Ich würde mal sagen, dass mindestens ein Viertel des Fußgängeraufkommens heute Touristen waren.
Ich habe mir viel Zeit gelassen am Shibuya Crossing und People-Safari betrieben. Sehr lustig. Auch der Blick von oben durfte natürlich nicht fehlen. Leider gab es für die Aussichtsplattform von Shibuya Sky keine Tickets mehr und die Aussichtsplattform auf dem Magnet-Einkaufszentrum ist wegen Umbaus geschlossen. So musste das Starbucks im ersten Stock des Plattenladens an der Nordwestecke von Shibuya Crossing herhalten. So konnte ich immerhin meinen frühnachmittäglichen Pick-me-up-Mocha mit dem Blick auf das Treiben unten auf der Straße verbinden und ich hatte auch wirklich nach ein paar Minuten Warten nen Sitzplatz vorne am Fenster.
Spannender finde ich Shibuya Crossing aber auf Augenhöhe. Da kann man die Leute besser beobachten. Ich habe also nach dem Kaffee noch ne ganze Weile unten gestanden  und den Passanten sowie dem Straßenverkehr zugekuckt. Direkt neben einer Straßenlaterne, damit man in dem Trubel nicht umgepumpt wird. Wobei es heute nur Sonntag war und daher nur mäßig viel los. Dicke/aufgemotzte/laute Autos wurden dennoch spazieren gefahren, aber auf der Kreuzung sind neben Kraftfahrzeugen auch Fahrradfahrer und E-Scooter unterwegs und sogar ein Jogger kam vorbei. Den großen Betrieb machen die Fußgänger. Ich hab versucht, das im Bild des Tages etwas zu zeigen. Es gibt heute mal ein Experiment, nämlich ein animiertes GIF. Ich hoffe es läuft richtig. Wenn nicht, bitte Bescheid geben. So hundertprozentig bin ich nicht zufrieden, denn es gibt leider einen kleinen Knick drin, wo sich die Kameraposition leicht verändert. Ich hab die Bilder nicht mit der Absicht gemacht, sie für eine GIF-Animation zu verwenden und deshalb nicht genau auf die Kameraposition geachtet.
Für Shibuya Sky hatte ich zwar kein Ticket mehr bekommen, aber einen Blick auf Tokio wollte ich heute trotzdem. Deshalb bin ich zum Abschluss des Tages zum Tokyo Metropolitan Government Building gefahren. Hier, im 45. Stock der tokioter Stadtverwaltung gibt es ein Aussichtsdeck mit tollem Blick auf die Stadt. Leider war es ziemlich diesig, aber ich habe mir ein bisschen Zeit genommen und zugesehen, wie sich die Dämmerung über die Stadt senkte. So gab es dann zum Schluss des heutigen Programms noch Nachtaufnahmen von Tokio von oben.
Ein strammer Tag also. Aber echt schön. Ich muss sagen: Tokio gefällt mir sogar deutlich besser als ich erwartet habe. Für morgen hatte ich eigentlich einen Tagesausflug nach Nikko ins Auge gefasst, aber ich werde stattdessen hier in der Stadt bleiben. Es gibt einfach noch zu viel zu sehen und zu entdecken. Außerdem ist morgen ja schon der letzte Tag hier in der japanischen Hauptstadt. Am Dienstag geht es raus auf’s Land.
.


Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 


3. Oktober 2023

Heute wurde es spannend. Meine erste Bahnreise in Japan stand an und es sollte raus auf’s platte Land gehen. Wobei… „platt“ ist nicht der richtige Ausdruck. Das Landesinnere von Japan ist ziemlich bergig. In meinem wirklich sehr schönen Hotel in Tokio habe ich nach dem Frühstück den Sammy in die Obhut der Rezeption gegeben. 2500 Yen kostet der Gepäcktransfer, umgerechnet rund 16 Euro. Das war es locker wert, wie ich heute am Ende des Tages sagen kann.
Die beiden ersten Etappen waren easy. Mit der U-Bahn. Das System kannte ich ja schon, und den Trolli über die etlichen Treppen zu tragen war jetzt kein großer Act. (Die heutige Strecke könnt Ihr übrigens auf der Karte nachvollziehen.)
Am Bahnhof Shinjuku, einem der großen Bahnhöfe von Tokio kamen dann aber die ersten Klippen, die umschifft werden mussten. Für den Expresszug nach Kawaguchiko wollte ich am Ticketautomaten eine Sitzplatzreservierung vornehmen. „Alles ganz einfach“, behauptete das Erklärvideo von Japan Rail, „in zwei Minuten erledigt.“ Ja, Pustekuchen. Meine Netzkarte konnte von dem Automaten nicht gelesen werden. Zum Glück hatte ich heute morgen reichlich Zeit am Bahnhof Shinjuku eingeplant. Ich also zum Kundencenter, wo die freundliche Japanerin, die sehr anständig Englisch sprach, mir erst mal ein neues Ticket ausgestellt hat. Dann wollte sie mir auch noch die Sitzplatzreservierung organisieren. Jaaaaa… das ginge aber nur bis Ōtsuki. Denn da müsste ich ja umsteigen. Neenee, sag’ ich, die Japan Travel App behauptet, dass der Zug durchgehend ist. Ahhh… das ist ein Zug von ner privaten Bahnlinie. Da könne ich den JR Pass nicht verwenden. Na toll. Sie hat mir dann den Sitzplatz mit JR bis Ōtsuki reserviert und die Zugverbindung wie ich danach weiterfahren müsste ausgedruckt.
Nach dem das alles geklärt war (so schien es mir zumindest) habe ich mir im Bahnhof noch nen Kaffee gekauft und dann auf dem Bahnsteig gewartet, bis mein Zug abfuhr. Der „Limited Express“ von Shinjuku nach Kōfu über Ōtsuki war jetzt zwar kein übermäßig schicker aber doch ein moderner Zug. Im Green Car – ich hab mir für die Tour die Netzkarte erster Klasse gegönnt – war schön viel Platz und man konnte auch gut rauskucken. Schnell waren wir aber nicht. Ich würde mal schätzen so wie der RE zwischen Euskirchen und Kölle.
In Ōtsuki hätte ich dem Plan nach ne Viertelstunde Aufenthalt haben sollen. Irgendwie war daraus aber ne gute halbe Stunde geworden als ich in Ōtsuki auf die Fahrpläne kuckte. Die Zugverbindung, die mir die JR-Mitarbeiterin ausgedruckt hatte, gab es nicht. Zu dem Zeitpunkt hatte das japanische Eisenbahnsystem schon einiges an Respekt bei mir eingebüßt, aber als Deutscher ist man ja Kummer gewohnt… *lach… und Alternativen hatte ich auch nicht wirklich. Immerhin: den Zug nach Kawaguchiko konnte ich mit der Suica-Karte bezahlen und musste nicht an den Schalter. Ich war echt happy, dass ich den Sammy nicht dabei hatte. Das wäre mit nem großen Koffer echt Plackerei geworden.
Aber ich sag ja immer, „Man weiß nie, wofür es gut ist“ und so war’s auch in diesem Fall. Zwei Züge von Fujikyu Rail standen in Ōtsuki am Bahnsteig, ein Bummelzug und ein Expresszug. Beide leicht antiquiert wirkend. Ich habe mich für den „Local Train“, also den Bummelzug, entschieden, weil der etwas früher losfuhr und ich keine Lust mehr hatte zu warten. Zum Glück, denn die Fahrt mit dem Triebwagen aus der Mitte der 1980er Jahre wurde ein tolles Erlebnis. Mit 50 bis 60km/h sind wir durch die japanische Mittelgebirgslandschaft gezuckelt, und an jeder Milchkanne wurde angehalten. Da der Führerstand zum Fahrgastbereich nur verglast war, konnte ich problemlos auch nach vorne fotografieren und filmen. Natürlich ist eines dieser Bilder heute das Bild des Tages. Man sieht die Landschaft und die Siedlungen. Die Täler sind hier alle dicht besiedelt und auf den freien Flächen gibt es Reisfelder und Gemüsebeete. Außerdem könnt Ihr in dem Bild natürlich die bergan führende Gleisstrecke sehen. Wenn sich jetzt jemand denkt „Sieht anders aus als die Eisenbahn bei uns.“ dann hat er in mehrfacher Hinsicht recht. Zum einen hat Japan bei der Eisenbahn (genau wie auf den Straßen) Linksverkehr. Zum anderen liegen die Schienen enger zusammen als bei uns. In Japan ist nämlich auf den meisten Bahnstrecken Kapspur verlegt. Das hat erstmal nichts mit dem Kap der Guten Hoffnung zu tun (auch wenn im südlichen Afrika die meisten Eisenbahnen auf Kapspur fahren), sondern mit dem Namen des Entwicklers. Der Norweger Carl Abraham Pihl baute im 19. Jahrhundert in seiner Heimat Eisenbahnstrecken mit einer Spurweite von 1067mm, was einige Vorteile (aber auch Nachteile) gegenüber der Normalspur von 1435mm hat. Aus den Initialen CAP wurde später „Kap“spur. In Japan sind abgesehen von den Hochgeschwindigkeitsstrecken alle Eisenbahnlinien in Kapspur gebaut.
In Kawaguchiko war ziemlich viel los. Touris über Touris. Der Fuji wird hier richtig vermarktet. Sehen ließ er sich aber nicht sondern hatte sich dezent in Wolken gehüllt. Ich hatte ungefähr ne halbe Stunde Zeit, bis der Shuttlebus vom Hotel mich abholen kam, und die habe ich genutzt um schon mal die Lage für meine Weiterreise übermorgen zu checken. Zum Glück, denn dabei habe ich rausgefunden, dass ich, wenn ich am Donnerstag nicht wieder zurück nach Tokio fahren möchte um weiterzureisen, mit dem Expressbus nach Mishima fahren muss… und dafür braucht man ne Reservierung. Der Bus, den ich eigentlich nehmen wollte, war schon ausgebucht und ich habe noch mit Ach und Krach nen Sitzplatz einen Bus früher bekommen.
Ich wohne hier im Fuji View Hotel, in einem Zimmer im japanischen Stil. Man sitzt auf dem Boden und während ich heute Abend auf Nahrungssuche war, hat das Personal auch das Matratzenbett aufgeschlagen. Um kurz vor sechs bin ich nämlich ins Dorf gegangen und wollte ins Restaurant. Leider ohne Erfolg. Nachdem das zweite Lokal, das ich bei Google Maps gefunden hatte, auch dunkel war, habe ich bei 7-Eleven was zum Essen gekauft. Instant-Ramen… das hatte dann ja auch schon wieder irgendwo Stil. Ein Gutes hatte der Spaziergang durch’s Dorf aber noch. Ich habe den Fuji wolkenfrei im Dämmerlicht gesehen.
.


Inhaltsverzeichnis nächster Tag


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis nächster Tag