14. August 2017

Heute habe ich mich stark an meinen ersten Tag in Montreal erinnert gefühlt. Ich habe Ottawa unter die Füße genommen. Entsprechend platt bin ich heute abend auch.
Heute morgen ging's erst mal vom Hotel per Auto in die Stadt. Öffentliche Verkehrsmittel sind zwar ganz schön, aber auch zeitraubend, wenn man das System in einer fremden Stadt noch nicht kennt und ich hatte ja nur diesen einen Tag. Also ab ins Auto und direkt am Parliament Hill in die Parkgarage.
Erster Besichtigungspunkt war das Parlament von Kanada. Theoretisch kann man das auch von innen besichtigen, aber das geht nur im Rahmen einer kostenlosen Führung und wie ich heute feststellen musste sind die begrenzten Tickets dafür in den kanadischen Sommerferien morgens schon innerhalb von Minuten weg. Nichtsdestotrotz blieb natürlich die Besichtigung von außen, und ich muss sagen, dass ich sowohl das Gebäude als auch dessen Lage auf einem Felsplateau hoch über dem Ottawa River sehr beeindruckend finde. Ich bin also etwas um das Parlament gegangen, habe mir die Statuen der kanadischen Staatsmänner, die im Park rund um das Parlament stehen, angekuckt und die Aussicht auf den Ottawa River auf die Brücken und die gegenüberliegende Stadt Gatineau genossen. Der Ottawa River bildet hier die Grenze zwischen Ontario und Québec.
Vom Parliament Hill bin ich zur Fußgängerzone in der rue Sparks Street spaziert.In Ottawa sind lustigerweise alle Straßen-Schilder und auch viele sonstige Beschilderungen zweisprachig. Auf Schilder mit Straßennamen steht daher zuerst „rue/promenade/chemin/etc.“ und dann hinter dem Namen „Street/Avenue/Lane/etc.“ Was auffällt, wenn man so durch Ottawa läuft (und auch fährt), das ist die hohe Zahl an Kaffeeläden. Nicht nur meine Stammmarke aus Seattle, sondern auch mehrere lokale Ketten kämpfen um den Markt. Ich bin allerdings für meine Mittagspause bei Starbucks eingekehrt, an der Ecke „rue Slater St.“ und „rue Bank St.“. Das liegt schon ein bisschen außerhalb des touristischen Zentrums von Ottawa, und so kannte ich mir beim Kaffeetrinken die Zeit damit vertreiben, ganz normale Ottawaer anzukucken, die über die Straße gingen und auch Mittagspause hatten. Man merkt schon, dass Ottawa ein politisches und wirtschaftliches Zentrum ist. Man sieht an so nem regulären Montag echt viele Schlipse und schicke Schuhe auf der Straße. Was man auch sieht - wie ich finde deutlich mehr als in Montreal – das sind Bettler bzw. Obdachlose. Keine Ahnung, woran das liegt, aber die sammeln sich scheinbar in Ottawa. Und, wo wir schon mal dabei sind, was das Bild des Stadt prägt... libanesische Imbissbuden. Fast kein Block, wo es nicht einen Laden mit Zedern-Logo gibt, der Shawarma feil bietet.
Insgesamt gibt sich Ottawa sehr staatsmännisch und selbstbewusst-hauptstädtisch. Denkmäler an fast jeder Straßenecke und auch mehrere schöne Parks.
Nach der Mittagspause habe bin ich zuerst zum Confederation Park, wo es ein sehr eindrucksvolles Denkmal für die Angehörigen der First Nations, die in den verschiedenen Kriegen gekämpft haben, gibt. Danach ging's zum Confederation Square, wo das National War Memorial, samt Grabmal des unbekannten (kanadischen) Soldaten inklusive Ehrenwache zu sehen ist. Auch sehr eindrucksvoll und sehr nachdenklich, weil es keine heroisierenden Skulpturen sind, die man sieht, sondern eine Szene aus dem Ersten Weltkrieg. Ironie der Geschichte, dass das National War Memorial 1939 eingeweiht wurde.
Als nächstes habe ich am Rideau Canal dem Schleusenbetrieb zugesehen. Der Rideau Canal wurde im Anschluss an den Krieg von 1812 zwischen Großbritannien und den USA konstruiert und verbindet den Ottawa River mit dem Lake Ontario. Der Kanal ist 202km lang (davon 19km von Menschen gemacht, der Rest sind Flüsse und Seen) und hat insgesamt 49 Schleusen. Die ersten acht Schleusen befinden sich in Ottawa und heben die Boote vom Ottawa River aus um 24m an, um die Rideau Falls zu umgehen. In gewisser Weise ist der Kanal der Grund für die Existenz Ottawas. Die Stadt ist nämlich aus dem Camp entstanden, das für die Arbeiter am Kanal errichtet wurde. Das ist schon sehr eindrucksvoll, was man hier gebaut hat, und die acht hintereinander geschalteten Schleusen im Betrieb zu sehen hat echt Spaß gemacht. Man braucht halt nur etwas Zeit, aber ich hatte ja heute außer Sightseeing in Ottawa nichts vor.
Nach den Schleusen bin ich durch den Major Hill's Park bis zum Nepean Point spaziert, wo es eine Statue zu Ehren von Samuel de Champlain (dem ersten Europäer, der in diese Gegend kam) gibt, und wo man einen schönen Blick auf den Ottawa River mit seinen Brücken, auf Gatineau und auf die Rückseite des Parlaments hat, das hoch über dem Fluss thront. Leider zu dieser Tageszeit in ungünstigem Licht.
Die National Gallery of Canada habe ich mir angesichts des fantastischen Wetters gespart, aber einen Blick in die Basilika Notre-Dame konnte ich mrt nicht verkneifen. Mein Urteil ist ähnlich wie das über die Kathedrale von Montreal (siehe Logbuch vom 29. Juli). Ein weiterer Schlenker führte mich zum ByWard-Market, einem der Märkte von Ottawa und nebenbei auch ne ziemliche Touri-Falle mit Andenken und Kramläden... und den hier in Ost-Kanada unvermeidlichen Tabak-Geschäften, die die in den USA immer noch nicht erhältlichen kubanischen Zigarren verkaufen. Ich habe selber allerdings mein  Souvenirshopping auf die Hudson's Bay Company beschränkt. Die ursprünglich als Pelzhandelsgesellschaft gestartete Kaufhauskette (übrigens seit 2015 der Mutterkonzern von Galeria Kaufhof) verkauft auch Merchandising-Artikel in den grün-rot-gelb-blauen Firmenfarben, was ein viel typischeres kanadisches Mitbringsel ist, als das, was man so in den Touri-Souvenir-Läden kaufen kann. Das Merchandising und vor allem die Farbgebung geht zurück auf die Hudson's Bay Company-Decken, die die Pelzhändler schon am Ende des 17. Jahrhunderts als Tauschobjekt gegen Pelze bei den nordamerikanischen Ureinwohnern verwendeten. Die Hudson's Bay Company wurde 1670 in London gegründet und ist damit die älteste Firma Nordamerikas.
So langsam ging damit mein Sightseeing-Tag zu Ende. Ich hatte die Füße platt und viel gesehen. Ottawa gefällt mir richtig gut. Die Museen habe ich heute allerdings alle ausgelassen. Dafür würde man wahrscheinlich noch mal zwei Tage brauchen.
Apropos „Company“... Abendessen gab es bei der East India Company, einem indischen Restaurant... gefährlicherweise mit All-you-can-eat-Buffet, das in einem der Guide-Heftchen beworben war, die ich gestern bei der Touristeninformation bekommen hatte. War sehr lecker.
Tja... morgen geht’s zurück nach Montreal. Meine Zeit hier in Kanada läuft langsam ab. Als Bild des Tages gibt es heute natürlich das Parlamentsgebäude, inklusive des Logos zur 150-Jahrfeier von Kanada und den sich fotografierenden Touristen... *lach...

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