12. April 2012

Es regnet hier... Nebel wabert durch den Hafen von Praia da Vitória und es ist draußen nicht wirklich gemütlich. Naja, muss es ja auch nicht sein, ist ja schon halb neun abends.
Heute sollte der Tag im Zeichen des Fliegerkuckens stehen, aber nachdem ich heute morgen von meinem Spotterkontakt eine Email bekommen hatte, dass vor 17:00 Uhr nicht mit dem Eintreffen der Maschinen zu rechnen sei habe ich kurz entschlossen nach dem Frühstück eine Tour über die Insel gemacht. Nicht wirklich ne Inselrundfahrt, aber doch zu einigen markanten Punkten. Zuerst ging es in die Berge, um genauer zu sein zur Serra de Santa Barbara. Das ist der Name der jüngsten Caldera hier auf Terceira, deren Kraterrand mit knapp über 1000m auch den höchsten Punkt der Insel bildet. Es gibt natürlich noch mehr Vulkane und auch noch weitere Caldera-Reste, aber die Serra de Santa Barbara ist die jüngste und am besten erhaltene. Der Weg dahin führte durch das zentrale Hochland von Terceira und nicht zum ersten Mal auf dieser Reise fühlte ich mich an Schottland und an das Inselinnere von Hawai'i ("Big Island") erinnert. Weite Wiesen- und Heideflächen, Kuhweiden und Wäldchen. Das letzte Stück rauf auf den Berg war dann nur noch ein asphaltierter Feldweg, auf dem mir das heutige Bild des Tages gelang, und noch dazu sogar mit der Panasonic. Ein Buchfink der auf den Azoren lebenden Unterart. Die singen zwar genauso wie unsere Buchfinken, aber sind von der Farbe her deutlich blasser und auf dem Rücken fast komplett blaugrau.
An dieser Stelle muss ich mal was zu den ornithologischen Aspekten der Azoren sagen. Ich hatte vor Beginn der Tour sehr widersprüchliche Informationen zu diesem Thema bekommen aber jetzt weiß ich ja aus erster Hand Bescheid. Also... es gibt total viele Vögel auf den Azoren. Überall singt und fleucht es, dass es eine wahre Wonne ist. Zum Beispiel gestern bei meinem Spaziergang durch Angra do Heroísmo, scholl es aus jedem Busch. ABER... das große "Aber" ist, dass es hier praktisch keine Landvögel gibt, die es bei uns nicht auch gibt. Die beiden einzigen Ausnahmen sind der Azoren-Gimpel, von dem es allerdings, wie schon berichtet, nur ein paar Handvoll im östlichen Bergland von São Miguel gibt, und der sich meinen zaghaften Beobachtungsversuchen schnöde entzog, und dann gibt's noch Kanarienvögel. Genau, DIE Kanarienvögel. Natürlich in der Wildform. Die sehen alle aus wie Zündorfs Franz. Und singen auch so. Aber sonst sieht man hier nur Vögel, die es – eventuell wohl in anderen Unterarten – auch bei uns gibt: Bussarde, Buchfinken, Amseln, Spatzen, Ringeltauben... immerhin aber alles in Hülle und Fülle.
Bei den Seevögeln ist es schon ein bisschen spannender. Mittelmeermöwen habe ich ja schon in Portugal reichlich beobachtet und dokumentiert. Und dann sind da noch die Gelbschnabel-Sturmtaucher, Verwandte des Eissturmvogels und der Albatrosse. Die sieht man zwar kaum von Land aus, denn es sind richtige Hochseevögel, aber bei den Walsafaris hatte ich reichlich Gelegenheit, sie zu beobachten und sie sind auf einen Schlag in den Kreis meiner Lieblingsvögel aufgenommen worden. Demnächst gibt es dazu eine ausführliche Seite im Safari-Bereich meiner Webseite.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Serra de Santa Barbara. Hmmm -  oben pfiff der Wind und dichte Wolken hingen um die Gipfel. Suboptimal also, aber für ein paar Minuten hatte ich dann doch mal freie Sicht. Dann ging's wieder runter Richtung Atlantik. In São Mateus war Mittagspause, natürlich in nem Fischrestaurant, und dann bin ich zu einer kurzen und recht späten Mittagpause – es war schn halb drei – wieder ins Hotel gefahren.
Um vier war ich zum Spotten verabredet, mit Leandro Rocha, mit dem ich schon von zu Hause aus Kontakt aufgenommen hatte. Es gibt mehrere Seiten im Internet, die die Spotterplätze hier in Lajes – 'Laschesch' auf Portugiesisch mit zweimal weichem 'sch' – beschreiben und so war es keine Schwierigkeit, sich gegenseitig zu finden. Für heute, gegen 18:00 Uhr war die Ankunft von sechs A-10-Kampfflugzeugen plus zwei Tankern angekündigt. Vor ein paar Jahren machten die A-10 auch noch den Himmel über der Eifel unsicher, der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an die "Warzenschweine". Die Maschinen, die heute in Lajes ankommen sollten, waren auf dem Weg von Afghanistan zurück in die USA. Ihren letzten Zwischenstopp hatten sie in Sigonella auf Sizilien, wo sie heute Mittag aufgebrochen waren.
Zuerst waren wir nur zu dritt, Leandro mit nem Freund und ich, aber im Laufe des Nachmittags kamen noch vier andere portugiesische Spotter dazu, unter anderem Leandros Bruder, und es war echt lustig. Ich habe zwar von der Unterhaltung kein Wort verstanden, aber die Stimmung war gut und Leandro hat mir ab und zu mal übersetzt worum es ging – Wochenendgestaltung auf Terceira, wieviele Kälber kann ne Kuh aufziehen... *lach... Smalltalk halt. Als dann kurz nach sechs die Flieger einschwebten bekam ich als Gast den besten Platz auf der Mauer.
Zwei Tage machen die Amis hier Station und morgen soll ein weiterer Schwung ankommen. Ich werde also wohl noch das ein oder andere Mal mit Leandro und anderen Spottern von Lajes am Zaun stehen.
Was ich allerdings aus dem Programm gestrichen habe ist ein weiterer Ausflug zum Wale kucken. Ich habe gestern in Angra am Hafen mal ein bisschen Erkundigungen eingezogen. Zwei der drei Anbieter dort hatten saisonbedingt noch geschlossen. Beim dritten hieß es, dass man für ne Ausfahrt mindestens vier Kunden zusammenbekommen müsse und man würde mich heute abend anrufen, ob morgen eine Ausfahrt stattfinden würde. Auf meine Frage, wieviele Pottwale sie denn dieses Jahr schon gesehen hätten, hieß es allerdings: noch keine. Bisher gab's diese Saison nur Delphine und nen Seiwal. Ich hab zwar heute abend von der Hotelrezeption die Nachricht gekriegt, dass morgen eine Ausfahrt stattfindet, aber ehrlich gesagt hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, auch im Schatten der tollen Whale watching-Erlebnisse in Pico, das halt einfach dafür auch die erste Adresse auf den Azoren ist. Deshalb habe ich beschlossen, dass es für diese Tour genug Wale gab. Die Wahrscheinlichkeit, dass es besser wird als das was ich schon gesehen habe, ist nämlich gering.


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Reiselogbuch Azoren 2012 – 1. April

 

Mein erster ganzer Tag auf den Inseln – und heute war das Wetter mir eindeutig wohlgesonnener als gestern. Ich habe mir zuerst ein bisschen länger schlafen und ein Frühstück im Hotel gegönnt. Dann ging's los zur Inselrundfahrt. Den ersten Stopp gab es allerdings – wie konnte es anders sein - am Flughafen, wo nämlich mein A310 von gestern immer noch parkte und im schönsten Morgensonnenlicht badete. Sehr fotogen und wichtig für meine Webseite... *lach...

Danach ging's in die Berge im Westen von São Miguel. Naja – das heißt nicht wirklich was, denn die ganze Insel ist bergig. Ich bin zur Caldeira das Sete Cidades gefahren. Hier muss ich ein bisschen ausholen. Die Azoren sind komplett vulkanischen Ursprungs. Der letzte Ausbruch fand 1957 auf der Insel Faial statt und auch sonst hat der Vulkanismus auf dem ganzen Archipel großen Einfluss, bis hin zur Energiegewinnung. Ungefähr 20% des Stroms für São Miguel werden mit Erdwärme gewonnen.

Die Caldeira das Sete Cidades ist eine der Hauptpostkartenansichten von São Miguel. Wie der Name schon sagt – eine Caldera, also ein eingestürzter Vulkankegel. Wenn nach einem Vulkanausbruch die Magmakammer leer ist und der Berg dadurch instabil wird und in sich zusammenstürzt, dann entsteht eine Caldera. (Die andere Entstehungsform einer Caldera ist der Explosionskrater, wie man ihn beispielsweise am Laacher Sees sehen kann.) In der Caldeira das Sete Cidades befinden sich mehrere Seen und die beiden größten sind jeweils blau und grün. Sehr schön, so im Sonnenschein und mit weiß-blauem Himmel darüber. In dem Krater liegt auch das Dorf Sete Cidades (nein, sieben Städte sind's nun wirklich nicht), dass der Caldera ihren Namen gab.

Die Weiterfahrt führte mich dann komplett um das westliche Ende von São Miguel herum. Die Insel ist ziemlich langestreckt aber dafür nicht sehr breit. Die Berge gehen bis auf knapp 1000m hoch und wenn das so direkt am Meeresspiegel anfängt, dann ist das schon recht eindrucksvoll.

São Miguel ist vor allem eins: grün. Dabei haben die Laubbäume teilweise noch nicht mal ihre Blätter. Aber Wiesen, Büsche und Hecken sind schon recht weit. Hier gibt's Hortensien so weit das Auge reicht. Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht grade ein Fan dieser Pflanze bin, aber es würde mich schon interesieren das hier alles mal zu sehen, wenn die Hortensien blühen.

Mit dem Lagoa do Fogo stand noch eine weitere Caldera auf dem Programm. Hier hat im 16. Jahrhundert der letzte Ausbruch stattgefunden und heutzutage fährt man durch dichte Wälder und auf ziemlich steilen Straßen bis auf rund 900 m, um dann in das weite Rund des Kraters und auf den See zu kucken. Insgesamt hatte ich eine schöne Tour über die Insel, auch wenn ich heute nur die westliche Hälfte von São Miguel geschafft habe. Ich werde mich aber am Mittwoch noch mal aufmachen und den östlichen Teil erkunden. Mal kucken, ob ich es bis ganz an die Ostspitze schaffe.

Als Bild des Tages gab es heute mehrere Postkartenmotive zur Auswahl. Ich habe ein bisschen hin und her überlegt und mich dann gegen alle Vulkanseen entschieden. Statt dessen zeige ich Euch heute den Blick vom Miradouro do Escalvado auf die Nordwestspitze von São Miguel. Hier habe ich ne halbe Stunde gestanden, auf das Meer gekuckt und Möwen beobachtet und fotografiert. Bei dem Blick kann ich sofort verstehen, weshalb der Slogan von SATA, der azoreanischen Fluggesellschaft, "The Atlantic and you" lautet.

Apropos SATA. Morgen gibt's nen Tagesausflug per Flieger. Es geht nach Graciosa, einer Insel der Mittelgruppe. Bin gespannt. Insgesamt haben die Azoren neun Inseln, und wenn alles so klappt wie ich es mir vorgstellt habe, dann werde ich fünf von ihnen besuchen. Jedenfalls ist morgen frühes Aufstehen angesagt, denn der Flieger geht schon um 7:15 Uhr. Es soll sich ja lohnen.

Für übermorgen habe ich dann die erste Runde Whalewatching ins Auge gefasst. Morgen aber erst mal Graciosa. Da werde ich bestimmt auch einiges erzählen können.

Ohh – und obwohl heute der 1. April ist hab' ich in diesem Reiselogbuch nicht geflunkert :-)