2. Oktober 2008

Auch heute wollte ich das Programm vom Wetter abhängig machen. In Neapel hat’s heute morgen gefiselt aber der Berg war frei und nach dem es gestern dann im Laufe des Nachmittags doch schön wurde wollte ich heute morgen mal mit den Ausgrabungen von Herculaneum beginnen und dann eventuell nachmittags auf den Berg. Naja – es kam dann anders. Nachdem ich erst mal ne gute halbe Stunde durch Ercolano, das moderne Herculaneum, gekurvt bin, davon gute 15 Minuten hinter nem Trauerzug her, der auf dem Weg zur Kirche hinter dem Leichenwagen herspazierte, fing’s an zu regnen und der Berg zog sich zu. Deshalb bin ich dann kurzentschlossen wieder zurück auf die Autostrada und bin nach Paestum gefahren. Paestum, das antike Poseidonia, liegt ungefähr 100km südlich von Neapel, also noch deutlich hinter Salerno von hier ausgesehen (hmmmm – und eigentlich auch von Euch aus gesehen). Die Stadt wurde folglich nicht vom Vesuv zerstört, so heftig war’s dann auch nicht, sondern verfiel einfach nur vor etlichen Jahrhunderten. Gegründet wurde Poseidonia von den Griechen. Ab dem dritten Jahrhundert vor Christus wurde es eine römische Siedlung, nachdem die Römer erfolgreich Süditalien unterworfen und die Bedrohung durch die Karthager überstanden hatten. Entsprechend sieht man hier also Elemente einer griechischen und einer römischen Siedlung nebeneinander. Besonders auffällig ist dies an den Tempeln, von denen drei sehr gut erhalten sind und die noch aus der griechischen Zeit stammen. Aber es gibt auch ein Forum und ein Amphitheater. Okay – ein halbes Amphitheater, denn die Straße am Rand der Ausgrabungen entlang geht da mitten drüber und weiter wurde Paestum auch nicht freigelegt.
In Paestum war weitgehend Sonnenschein. War also die richtige Entscheidung, heute dort hinzufahren. Paestum ist auch insofern interessant, als ich da heute zum ersten Mal im Rahmen der Tour auf meinen eigenen Spuren gewandelt bin. Viele von Euch kennen die Geschichte zwar bestimmt schon, aber für diejenigen, die’s noch nicht wissen sei es hier noch mal kurz erzählt. Im Frühjahr 1974 führte meine allererste Auslands- und Flugreise zum Golf von Neapel, wo unsere Oma auf Ischia zur Kur wollte. Oma Käte war ja keine, die es lange mit Müßiggang aushielt und so gab es mehrere Besichtigungstouren. Hauptsächlich auf Ischia selber, aber eben auch eine Tour auf dem Festland nach Herculaneum und Paestum. In Pompeji waren wir interessanter Weise nicht. Keine Ahnung warum und ich habe auch nie gefragt warum nicht. Jedenfalls, um es abzukürzen: nein - es sind in Paestum keinerlei Erinnerungen an die Tour vor 34 Jahren wach geworden. Um ehrlich zu sein hätte es mich auch gewundert. Vielleicht klickt es ja noch wenn ich in den nächsten Tagen nen Ausflug nach Ischia mache.
Dennoch war Paestum echt Klasse. Ich würde es ohne zu Zögern auf eine Stufe mit Selinunt in Sizilien stellen. Es ist allerdings nicht so groß und weitläufig wie Agrigent. Die drei erhaltenen Tempel von Paestum sind aber auf jeden Fall sehenswert, und darüber hinaus gibt es auch noch reichlich andere Steinhaufen zu sehen. Zum Beispiel sind die Comitien noch erhalten. Das war ein theaterähnlicher runder Versammlungsraum, wo zur Römerzeit die Volksversammlungen (Comitien) abgehalten wurden. Da ließ sich auch ganz gut sitzen und lesen. Ich habe also den Tag zwischen den Trümmern auch sehr entspannt genießen können. Allerdings steht zu befürchten, dass ich nicht ausreichend Lektürematerial dabei haben werde. Da merkt man mal, wie viel Zeit man mit Internet und so was alles verbringt.
Als Bild des Tages habe ich heute einen Wald von Säulen für Euch. Die Teilansicht stammt vom sogenannten Poseidon-Tempel. Heutzutage gehen die Archäologen zwar davon aus, dass der Tempel dem Apollon geweiht war, aber weil er der größte und besterhaltene Tempel in Paestum/Poseidonia war, glaubten die ersten Forscher im 19. Jahrhundert, dass er dem Gott errichtet wurde, von dem die Stadt ihren Namen hat.
Tja – zu morgen kann ich heute genau so wenig sagen wie gestern. Es bleibt spannend.

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