28. September 2008

Ohweia – ich bin ‚öm’... ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass der ‚vino locale’ zum Abendessen für 4 Euro ne ganze Flasche sein würde... hmmmmm – ich bin ihm leider nicht ganz Herr geworden, obwohl er echt lecker war und super zu den Spaghetti alla Pescatora passte. Ich hab hier an zwei Abenden schon mehr Muscheln zu essen bekommen als im Rest des Jahres zusammen. Okay – jetzt hab ich den Tagesbericht von hinten angefangen. Also mal kurz zurück zum Anfang. Nach dem Frühstück hier im Hotel hab ich mich aufgemacht, Neapel zu Fuß zu erobern. Eines weiß ich jetzt schon: ich mag Neapel. Ja, es ist dreckig, und ja, die Mopeds fahren 70 durch die schmalen Gassen. Trotzdem – das Ganze hier hat Flair. Hier ist Italien noch nicht weichgespült. Die Wäsche ist über die Straßen gespannt und trocknet im Abgasdunst, das Tauwasser der Fischgeschäfte läuft durch die Rinnsteine, die Leute stehen gestikulierend diskutierend an den Straßenecken und der Hilfsküster von San Pietro a Maiello wollte mich doch ernsthaft für zwei vierseitige Broschüren, eine auf Englisch und eine auf Italienisch, über seine Kirche um fünf (!) E-Uro (ich liebe es wenn die Italiener unser Geld beim Namen nennen) erleichtern. Ich habe ihm dann zwei gegeben, einen für die Broschüren und einen, weil er mir die angeblich von Giotto stammenden Fresken gezeigt und mich noch in die Sakristei gebeten und mir damit nen Blick hinter die Kulissen gewährt hat.
Man sollte besser gut zu Fuß sein in dieser Stadt. Mit dem Bus fahren geht bestimmt ganz gut, aber bis man sich durch die Linienpläne gekämpft und die passende Umsteigeverbindung kombiniert hat ist man auch zu Fuß da, wo man hin will. Als einziges öffentliches Verkehrsmittel habe ich deshalb heute auch die Funicolare Centrale benutzt, die Standseilbahn mit der man vom Zentrum bequem auf einen der zu Neapel gehörenden Hügel gelangt. Die Stadt ist doch überraschend hügelig. Oben auf der höchsten Erhebung der Stadt, rund 250m über dem Hafen, liegt der Castel San Elmo, und hier hat man die bekannten Postkartenansichten auf den Golf von Neapel und „den Berg“. Klar, dass das heute auch das Bild des Tages ist.
Tja – der Berg. Ich habe ja schon manche Stadt im Schatten ihres Hausberges liegen sehen. Vielleicht weiß ich einfach zuviel über das Monster, das da schlummert, aber der Vesuv wirkt bedrohlich. Der blickt echt überhaupt nicht freundlich auf die umliegende Gegend. Und ist dabei mit 1281m noch nicht mal so besonders groß und imposant. Vielleicht hat es mit dem Aussehen zu tun. Der Berg wirkt als hätte ihn ein Riese mit der Axt gespalten. Auf dem Bild sieht man deutlich die beiden Gipfel. Der linke ist der Monte Somma, die Caldera eines alten Vulkans, die in mehreren Eruptionen während der letzten 20.000 Jahre entstand. Der letzte dieser Ausbrüche zerstörte im Jahre 79 nach Christus Pompeji, Herculaneum und Stabiae. Der höhere der beiden Berge, der eigentliche Vesuv, ist also wesentlich jünger, und nur ca. 2.000 Jahre alt und in dieser Zeit schon mehrfach mit katastrophalen Folgen ausgebrochen. Der letzte Ausbruch erfolgte im März 1944, interessanterweise nach dem im September zuvor das Blut des heiligen Januarius sich geweigert hatte wieder flüssig zu werden. Glaubt’s oder glaubt’s nicht – der heilige Januarius, oder San Gennaro, wie er auf Italienisch heißt, ist der Stadtheilige von Neapel. Sein Blut wird als Reliquie im Dom in einer sehr italienisch-barocken Kapelle (Fotografieren war leider verboten) aufbewahrt. Jedes Jahr findet das Blutwunder von Neapel statt, wo am Fest des heiligen Januarius das Blut wieder flüssig wird – und wenn es das nicht tut, dann droht der Stadt im darauf folgenden Jahr Unheil. Im letzten Jahrhundert waren die Voraussagen des Heiligenblutes korrekt. 1944 brach der Vesuv aus und im Jahre 1982 gab’s hier ein schweres Erdbeben, nach dem das Blut nicht flüssig geworden war. Diesen September scheint wohl alles glatt gegangen zu sein. Die Bevölkerung wirkt jedenfalls nicht beunruhigt.
Morgen geht’s weiter in Sachen Kultur. Ich werde mir das Archäologische Museum ankucken, wo unter anderem die Funde aus Pompeji ausgestellt sind. Soll sehr schön sein, das Museum. Hab ich zumindest gelesen. Ab übermorgen bin ich dann motorisiert und die Erkundung der Umgebung kann beginnen. Die Mietwagenstation hier am Bahnhof habe ich allerdings noch nicht gefunden. Werde morgen mal an der Rezeption fragen.

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