3. November 2017

Hurghada... was soll ich sagen? Die Milieustudien zum Thema „Tourismus in Ägypten“ gingen heute weiter. Unser Hotel war zu 60% von Osteuropäern, 30% Deutschen und 10% sonstigen Nationalitäten bewohnt. Es gab Plastikarmbänder, die anzeigten, welche Verpflegungskategorie man gebucht hatte. Aus Gründen, die uns allen nicht klar waren, hatten wir All-inclusive. Was nur ein bescheidener Bonus war, denn das kostenlose Bier war begrenzt gut, und über den kostenlosen Wein will ich nicht reden. Wobei ich glaube, dass man gegen Bezahlung das gleiche Zeug bekommen hätte. Heute morgen war's ziemlich egal, denn das Frühstück in dem großen, an eine Kantine erinnernden Speisesaal war für alle inklusive.
Wir hatten heute morgen reichlich Zeit, denn wir sind erst um 10:00 Uhr in Hurghada losgefahren. Man ist das gar nicht mehr gewöhnt, ausschlafen zu können. Ich war entsprechend auch schon um halb sieben wach... *lach... Wenigstens werde ich mich ab Montag nicht umstellen müssen, was die Weckzeiten angeht.
Auf dem Programm standen heute zwei koptische Klöster. Das erste war das Paulus-Kloster. Die Anlage geht auf den Heiligen Paulus (nicht den Apostel!) zurück, der im vierten Jahrhundert nach Christus hier als einer der ersten Christen als Eremit lebte. Historische Belege gibt es zwar nicht, aber Legenden und eben das nach ihm benannte Kloster.
Der Weg zum Paulus-Kloster führte uns über weite Strecken am Roten Meer entlang. Leider kann man die Landschaft nicht wirklich gut fotografieren, weil es hier ziemlich auf das 360°-Erlebnis ankommt. Rechts hatten wir das Meer und dann geht der Strand nahtlos in die Wüste über. Man hat den Eindruck der Strand wäre viele Kilometer breit und würde am Gebirge im Westen enden. Ich habe trotzdem eine Ansicht vom Roten Meer – aus dem Bus raus fotografiert – als erstes Bild des Tages ausgesucht. Im Hintergrund sieht man eine der zahlreichen Bohrinseln.
Wer bei „Kloster“ an sterbende Gemeinschaften, billig verkaufte Liegenschaften, eine Handvoll alter Mönche und kalte, feuchte Gemäuer denkt, der liegt hier in Ägypten falsch. Die koptischen Christen machen zwischen 6 und 10% der ägyptischen Bevölkerung aus, und Nachwuchssorgen hatte keines der drei Klöster, die wir auf dieser Reise besucht haben. Zum Paulus-Kloster gehören 115 Mönche, von denen 90 im Kloster leben, und der Rest im Dienste der koptischen Kirche in der Welt unterwegs ist.
Als wir im Paulus-Kloster ankamen, war der Parkplatz voll mit Bussen, Kleinbussen und Autos. Was uns im ersten Moment ziemlich erstaunte, weil wir uns nicht vorstellen konnte, was so viele Chinesen hier wollten. Wie sich dann aber herausstellte, waren die einzigen Touristen... wir. All die Leute, die hier rumwimmelten, waren koptische Ägypter, die den freien Tag (heute ist Freitag, was der traditionelle freie Tag für die muslimische Welt ist) genutzt hatten, um dem Kloster einen Besuch abzustatten. Familienausflüge, alte Leute, kleine Kinder, Jugendliche, die vor dem Platz vor der Cafeteria mit dem Fußball rumkickten... es war richtig was los. Wie in Maria Laach an nem schönen Juni-Sonntag, nur das hier der Altersdurchschnitt dramatisch niedriger war.
Wie im Kloster in Wadi Natroun wurden wir von einem Mönch geführt, und Mostafa hielt sich raus, damit, wie er sagte, wir fragen konnten was wir wollten und unbefangener wären. Das hat auch hier dann deutlich besser funktioniert als im Wadi Natroun, wo unser Mönchsführer zwar nett und freundlich war, aber wir alle noch nicht so wussten, was wir von der ganzen Sache halten sollten. Unser Guide im Paulus-Kloster, Abuna Angelis, war grade mal 30 und in einem früheren Leben Apotheker gewesen. Nicht ohne Stolz zeigte er uns sein Kloster: das zum Museum umgewandelte Refektorium, die alte Kirche, die sich an die Eremitenhöhle des Heiligen Paulus anschloss, den Garten und zum Schluss die Quelle. Die Klöster hier liegen nämlich mitten in der Wüste und ohne Wasser bzw. eine eigene Quelle geht gar nix.
Es war rappelvoll mit Leuten und die Ehrerbietung, die die Leute den Mönchen entgegenbringen, war schon bemerkenswert. Ständig versuchte jemand, unserem Mönchs-Guide die Hände zu küssen, während er uns durch die Anlage führte, und die Tatsache, dass da sechs deutsche Touristen im Kloster unterwegs waren, brachte viele neugierige Blicke mit sich.
Was mir schon beim Begrüßungsgespräch aufgefallen war, das war die dicke Armbanduhr, die Abuna Angelis, trug, und während des Rundgangs holte er ein durchaus schickes Samsung-Handy raus, das mindestens zwei Generationen jünger war als meines, und zeigte stolz Fotos, die er bei Sonnenaufgang vom Kloster gemacht hatte. Ich hab dann mal gefragt, und erfahren, dass es für die koptischen Mönche kein Thema ist, ein Handy zu haben... und WLAN... und Facebook und Instagram... Auch nicht das, was man erwarten würde.
Gegen viertel vor drei sind wir am Paulus-Kloster aufgebrochen, und eine gute Stunde zum Antonius-Kloster gefahren. Dieses Kloster wurde im 4. Jahrhundert nach Christus an der Stelle errichtet, wo der Heilige Antonius der Große, der Vater des christlichen Mönchtums und nicht zu verwechseln mit dem Heiligen Antonius von Padua, seine letzten Lebensjahre verbrachte. Auch hier hatten wir eine Führung durch einen der Mönche, allerdings waren wir die einzigen Besucher und dadurch hatte das Kloster, jetzt in der Abenddämmerung, eine wunderbar ruhige, sehr spirituelle Atmosphäre. Wir haben die Antoniuskirche, das Refektorium, die Quelle und die Toranlage gezeigt bekommen und durften alle in der Hauptkirche eine Kerze anmachen. Zum Schluss der Führung haben wir oben auf der Wehrmauer, die den Kern der Klosterdorfes umgibt, gestanden und zugehört, wie um kurz vor fünf zum Abendgebet geläutet wurde. Dabei entstand auch das zweite Bild des Tages. Leider ist die Sonne schon weg, aber man bekommt einen guten Eindruck von der Anlage und der landschaftlich dramatischen Lage des Klosters.
Unser Quartier für unsere vorletzte Nacht in Ägypten ist in Ein Sokhna. Wieder ein Touristenhotel... allerdings eines für Ägypter. Es gab schon den ein oder anderen verwunderten Blick heute beim Abendessen, denn außer uns sechs waren keine anderen Europäer im Saal. Schon etwas anderes als in Hurghada. Das Hotel ist echt schön, und meiner Meinung nach deutlich besser als das in Hurghada. Das Zimmer hier ist besser in Schuss und das Essen war auch besser. Einziges Manko: hier wird, aus Rücksicht auf die gläubigen Muslime unter den Gästen, kein Alkohol ausgeschenkt. Wir hatten daher schon vorgestern einen Plan gemacht, wie wir uns den letzten gemeinsamen Abend mit Mostafa schön machen könnten. Mostafa hat uns eine Flasche Auld Stag besorgt, und Dorothee und Klaus haben heute an einer Raststätte unterwegs noch Nüsse gekauft.
Nach dem Abendessen haben wir in einer der hinteren Ecken der Poolterrasse gesessen und haben bei einem ägyptischen Whisky mit Mostafa die Tour Revue passieren lassen. Morgen abend sind wir wieder allein, wie in den ersten vier Nächten in Kairo, denn natürlich verbringt Mostafa die Nacht in Kairo nicht mehr im Hotel, sondern zu Hause. Mir schwant übrigens schon, dass wir für den Rückflug in der Nacht zum Sonntag SEHR früh aufstehen werden müssen.

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