30. Juli 2017

Nach dem ich den gestrigen Tag ja weitgehend auf Schusters Rappen bestritten habe, stand heute ein anderes Fortbewegungsmittel im Vordergrund. Das Fahrrad.
Als ich heute morgen auf der Terrasse meines B&Bs beim Frühstück saß, lachte der gleiche wolkenlos blaue Himmel über Montreal wie gestern. Trotzdem bin ich heute morgen ins Museum gegangen, denn morgen ist Montag und da haben die meisten Museen zu, so dass ich das also heute erledigen musste.
Das Musée des Beaux-Arts de Montréal bietet alles, von mittelalterlicher Kunst über die alten Meister bis zu moderner Kunst, und zwar nicht nur Gemälde sondern auch Skulpturen, Alltags- und Sakralgegenstände, Möbel usw. usw. Die ersten paar Minuten waren daher etwas verwirrend, bis ich mich an den Kuddelmuddel gewöhnt hatte. Das  Musée des Beaux-Arts de Montréal ist das größte Museum der Stadt und das älteste Kanadas. Nachdem ich die ersten paar Säle hinter mir hatte, war mir klar, dass ich den Rest des Tages hier verbringen würde, wenn ich mich nicht beschränke, und deswegen habe ich zum Beispiel die flämische und niederländische Abteilung ausgelassen und mich auf die kanadischen Künstler konzentriert. Preiswert war der Spaß darüber hinaus auch, denn am letzten Sonntag jeden Monats bietet das Musée des Beaux-Arts de Montréal freien Eintritt.
Nach dem Museum wollte ich zum Marché Atwater, einem der Sonntagsmärkte hier in Montreal. Mit der U-Bahn wäre das ziemlich kompliziert gewesen, deshalb dachte ich mir „Nimm mal den Bus.“ Busfahren ist hier in Montreal nicht so kompliziert. Viele Buslinien fahren immer nur eine Straße rauf und runter... was natürlich hier in Amerika, wo Städte geplant und viele Straßen ziemlich lang und grade sind, ne ganz schöne Strecke sein kann. Praktischerweise gibt's Montreal aber an fast jeder Querstraße ne Bushaltestelle und man steigt dann in den Bus, der die Querstraße rauf- und runterfährt um. Soweit die Theorie.
Als ich an der Kreuzung Rue Sherbrooke und Avenue Atwater ausstieg, um in den nächsten Bus umzusteigen, war der grade weg. „Okay“, dachte ich, „wartest Du auf den nächsten.“ Und dann sah ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Mietstation von Bixi, der städtischen Fahrradvermietung. Wie ich heute morgen in meinem Quartier erfahren hatte, waren heute nicht nur die öffentlichen Verkehrsmittel, sondern auch die  Mietfahrräder umsonst, zumindest für die erste halbe Stunde. (Ob das hier jeden Sonntag so ist, bin ich zwar nicht gewahr geworden, das war aber für mich heute ja auch egal.) Ich habe mir also ein Fahrrad gemietet, und bin die Avenue Atwater runter bis zum Markt geradelt... wo es natürlich auch eine der automatisierten Vermietstationen gab und wo ich den Drahtesel problemlos zurückgeben konnte.
Ich bin gemütlich über und durch den Marché Atwater spaziert und dann war es Zeit für's Mittagessen. Das konnte man am Marché Atwater ganz gut, denn hier gibt es auch Imbissbuden, aus aller Herren Länder. Man merkt, dass Kanada ein Einwanderungsland ist. Ich habe mir also was zu Essen gekauft, bei einem Stand, der Essen von der Insel Réunion im Indischen Ozean verkauft. War sehr lecker... Rindergulasch und eine Art Wurstgulasch auf Reis mit Linsen. Damit wenigstens ein bisschen was Kanadisches dabei war, habe ich zum Trinken ne Dose Canada Dry Ginger Ale bestellt.
Nach der Mittagspause bin ich mit einem neuen Mietfahrrad den Canal Lachine entlang gefahren. Hier gibt es schöne Rad- und Spazierwege, picknick- und sonnenbadtaugliche Wiesen, immer wieder auch Bäume, und das alles vor der Kulisse von Montreal Downtown auf der einen und vom Canal Lachine mit seinen Schleusenanlagen, Kais und Brücken auf der anderen Seite. Der Canal Lachine war früher mal für die Industrie hier wichtig, aber wird mittlerweile fast nur noch für Ausflugsboote verwendet. Die Tour endete am alten Hafen von Montreal, wo ich gestern ja schon mal war. Eigentlich wollte ich von hier dann mit dem Bus ins Zentrum von Downtown Montreal, aber nachdem ich mich ein bisschen schwer damit getan hab, eine passende Buslinie zu finden hab ich mir gedacht, „Warum fährst Du nicht mit dem Fahrrad? Kost' doch nix.“ Flugs war ein neues Veloziped ausgeliehen und es ging weiter durch die Stadt.
In Montreal Downtown angekommen – nachdem ich zwischen durch mal kurz bei Starbuck's eingekehrt war – bin ich in der Rue St. Catherine und rund um den Square Dorchester ein bisschen shoppen gewesen. Gekauft hab ich zwar nix, aber es war trotzdem interessant. Hier, im Herzen des kommerziellen Montreal, war heute am Sonntag ganz schön was los.
Mit dem mittlerweile vierten Fahrrad des Tages bin ich von der Rue St. Catherine zurück zum Hafen geradelt und bin dabei auch nochmal an der Kathedrale Notre-Dame und am Place Jacques Cartier vorbeigekommen. Auf dieser Strecke entstand an der Kreuzung von Rue St. Pierre und Rue St. Jacques das Bild des Tages. Man sieht das ehemalige Gebäude der Molson Bank aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Old Montreal ist voll von solchen Häusern. Auch die Touri-Pferdekutsche ist hier ein alltäglicher Anblick. Und links vor dem Gebäude sieht man eine der vielen Fahrradmietstationen von Bixi.
Am Hafen habe ich mich ein bisschen in die Sonne gesetzt, mit dem Lonely Planet Pläne für morgen gemacht und Leute angekuckt. Und dann habe ich das letzte Fahrrad des Tages ausgeliehen und bin zurück ins Quartier gestrampelt, auf Umwegen, denn durch das Autorennen und den dazugehörigen Trubel waren immer noch Teile der Stadt für den Verkehr gesperrt.
Morgen ist wieder ein normaler Arbeitstag hier in Montreal. Für den Vormittag habe ich mir den Biodôme vorgenommen und nachmittags will ich noch mal rauf auf den Mont Royal..

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