28. Juli 2016

Ich bin in Hattiesburg. Kurz zur Information für alle, die sich nicht mehr so genau erinnern oder mit diesem Teil meiner Vergangenheit nicht so vertraut sind: In Hattiesburg befindet sich die University of Southern Mississippi, wo ich von August 1993 bis Juni 1994 zwei Semester als Austauschstudent der Uni Bonn studiert habe, und wo ich im Mai 1995 meinen Master of Arts in Englisch verliehen bekommen habe.
Eigentlich war auf dieser Tour nur eine kurze Zwischenübernachtung hier geplant, auf dem Weg nach Memphis, denn ein direkter Flug dahin war dieses Jahr (zumindest mir) zu teuer. Hattiesburg hätte praktisch an der Strecke von New Orleans nach Memphis gelegen. Am Ende kam dann aber doch alles anders und aus den drei Tagen in Memphis wurden zwei Tage in Hattiesburg.
Ich hab heute morgen ein bisschen länger geschlafen und bin daher erst im Laufe des Vormittags von Metairie aufgebrochen. Das sollte meine Zeitplanung für den heutigen Tag noch etwas durcheinander bringen.
Zuerst ging's auf die Autobahn - nicht irgendeine, sondern den Interstate 10. Ich weiß nicht wirklich warum, aber der I-10 ist meine Lieblingsautobahn in den USA. Vielleicht weil es der Interstate Highway ist, auf dem ich schon am meisten und am längsten unterwegs gewesen bin. Die Straße verläuft von Santa Monica in Kalifornien nach Jacksonville, Florida, und berührt unter anderem Los Angeles, Phoenix, Tucson, Las Cruces (New Mexico), El Paso, San Antonio, Houston, Lafayette (Louisiana), Baton Rouge, New Orleans, und Mobile (Alabama)... alles Orte, wo ich schon war, und wo mich dieser Highway zum Teil hin- oder weggeführt hat. Wenn ich nicht so ne Abneigung gegen Gabelflüge hätte, dann würde sich mal ne Tour von einem Ende des I-10 bis zum anderen anbieten. Aber die ganze Strecke wieder zurückfahren oder den Rückweg auf dem I-20 antreten, das würde wahrscheinlich die mir zur Verfügung stehenden Zeitkontingente sprengen.
Hinter New Orleans bin ich aber erst mal wieder von der Autobahn runter und habe – getreu dem Schwerpunkt dieser Tour - noch mal ein bisschen Naturbeobachtung betrieben, im Bayou Sauvage National Wildlife Refuge. Das liegt am Ufer des Lake Pontchartrain im Nordosten von New Orleans. Zum Glück hatte ich mir die Karte des NWR auf meinen Laptop geladen, denn hier hat sich seit meinem letzten Besuch 2005 doch einiges verändert. Kein Wunder, denn die Gegend ist ja im August 2005 von einem schweren Hurrikan heimgesucht worden. Im Bayou Sauvage NWR gab's Vögel zu sehen (inklusive einem kompletten Neuzugang für meine Amerika-Liste) und auch den einen oder anderen Alligator (leider weit weg). Und das ganze vor der Kulisse der typischen Küstenlandschaft von Louisiana, die mir deutlich besser gefällt als der Süden Floridas.
Von Bayou Sauvage wollte ich eigentlich noch zum Mississippi Sandhill Crane NWR gefahren sein, aber da hatte ich die Entfernungen etwas unterschätzt und war darüber hinaus auch zeitlich an eine Deadline gebunden. Ich war nämlich heute abend um sechs mit meinem ehemaligen Kommilitonen Dane Conrad zum Abendessen verabredet.
Dane und ich haben während meiner Zeit an der University of Southern Missisippi mehrere Kurse zusammengehabt, uns dann aber irgendwie aus den Augen verloren. Zuletzt gesehen habe ich ihn vor 21 Jahren als ich im Mai 1995 zur Graduation hier in Hattiesburg war. Dann war lange nix, und dann kam das Facebook-Zeitalter, wo sich so manche alten Bekannten wiederfinden.
Ich war sehr gespannt auf das Treffen, denn eine richtige Vorstellung davon, worüber man sich nach 21 Jahren mit dazwischen nur sporadischen Facebook-Kontakten unterhält, hatte ich nicht. Aber es war ein sehr lustiger und unterhaltsamer Abend und uns ist in über drei Stunden der Gesprächsstoff nicht ausgegangen. Was natürlich half war, dass Dane in der gleichen Branche arbeitet wie ich. Er ist zwar inzwischen nicht mehr Lehrer aber dafür Director of Technology für die öffentlichen Schulen im Schulbezirk Hattiesburg. Computergedöns und so... da hatten wir natürlich auch das eine oder andere fachliche Thema.
Tja, jedenfalls sind diesem Termin die Kraniche zum Opfer gefallen. Ich bin zwar noch bis Gulfport auf dem I-10 in Richtung nach Biloxi (in dessen Nähe sich das Schutzgebiet befindet) gefahren, aber dann habe ich mal kurz die Strecken und die verbleibende Zeit im Kopf überschlagen und mich für den direkten Weg von Gulfport weiter nach Hattiesburg entschieden. Was insofern interessant war, weil die Strecke über den US-Highway 49 führte, der mitten durch Hattiesburg läuft und mit der Hardy Street die beiden Hauptverkehrsachsen in der Stadt bildet. Ich war nur noch nie auf dem Highway 49 von Süden aus in Hattiesburg angekommen. Unter einem US-Highway muss man sich übrigens normalerweise eine Straße vorstellen, die eher unseren Bundesstraßen entspricht. Es gibt Kreuzungen und Ampeln. Der Highway 49 hat auch das heutige Bild des Tages bekommen. Darauf erkennt man nicht nur die Straße selbst samt Kreuzungen und Einmündungen, sondern man bekommt auch einen Eindruck von der Landschaft hier im Süden von Mississippi – welliges Gelände und viel Wald.
Morgen früh geht’s erst mal auf den Campus. Mal kucken, was ich noch wiedererkenne.

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