27. Juli 2015

Das heutige Logbuch entsteht – zum ersten Mal für diese Tour und erst zum zweiten Mal diesen Sommer – im Pub. Meine Eltern wollten nach dem Abendimbiss schon ins Bett, in meinem Zimmer gibt’s nur eine sporadische Internet-Verbindung, und das Pub im „Howard Arms“, unserem Quartier hier in Brampton ist schön gemütlich. Da sitze ich besser hier, als auf der Bude.
Der heutige Tag war ein echtes Highlight, obwohl das Wetter extrem bescheiden war. Einziger Programmpunkt heute war der Hadrianswall.
Der Hadrianswall war das geographische Ende des römischen Reiches in Britannien. Unter der Herrschaft des römischen Kaisers Hadrian wurde hier zwischen 122 und 128 n. Chr. eine Mauer errichtet, um die Provinz Britannien nach Norden abzusichern und die Einfälle piktischer Stämme zu unterbinden. Der Hadrianswall verläuft 117,5km (73 englische oder  80 römische Meilen) vom Solway Firth bei Carlisle zur Tyne-Mündung in Newcastle. Auf dieser Strecke errichteten die Römer 80 Wachtürme, 16 Kastelle und mehrere größere Lager. Die Mauer war zwischen fünf und sechs Meter hoch und verlief zum Teil oberhalb von Felsabbrüchen als zusätzlichem Schutz. Die Bauzeit betrug ungefähr sechs Jahre und wurde von den in Britannien stationierten Legionen ausgeführt. Man schätzt, dass 16.000 Mann an dem Bau beteiligt waren. Das entspricht drei Legionen plus Hilfstruppen.
Um es direkt vorweg zu nehmen: der Hadrianswall ist ein echter Hammer. Das ist mal wieder einer der Momente wo ich sage, „Ich bin ja – in aller Unbescheidenheit - nicht leicht zu beeindrucken, aber...“
Das erste Stück der Mauer begegnete uns in einem Wohngebiet im Nordwesten von Newcastle, direkt nach dem wir von der Stadtautobahn runter waren. Unser Tag hatte heute morgen im Regen auf Lindisfarne begonnen und das Wetter wurde den ganzen Tag über nur episodenweise besser.
Die Fahrt von Lindisfarne nach Newcastle ging flott über die Autobahn. Bei dem Regen hatte man auch nicht wirklich Lust, zwischendurch ein Päuschen zu machen und irgendwas zu besichtigen. Von Newcastle aus sind wir zuerst noch ein Stück über die A69 gefahren, was bei uns ner Bundesstraße entsprechen würde, und dann ab Corbridge über die B6318, eine Landstraße, die ziemlich genau dem Verlauf des Walls folgt. Sehr praktisch, weil man so direkt von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit geleitet wird.
Unser erste Stopp war am Chesters Roman Fort, aber da haben wir uns wegen des Regens nicht aufgehalten sondern sind weiter gefahren. Das Wetter war den ganzen Tag über bescheiden, was leider für Besichtigungen weniger als suboptimal war. Andererseits hat es natürlich schon ein bisschen zur Atmosphäre beigetragen. Bei 13 Grad, Regen und Wind kriegt man ein deutlich besseres Gefühl für die Widrigkeiten, die die Jungs, die hier vor 1800 Jahren die Mauer bewacht haben, erdulden mussten. Die kamen aus allen Ecken des Römischen Reiches und waren in der Regel anderes Wetter gewohnt.
Unser zweiter Stopp fiel dann mit einer Regen-Pause zusammen und so konnten wir am Housesteads Roman Fort schön durch die Ruinen spazieren und uns die römischen Überreste ankucken. Zur römischen Zeit hieß dieses Fort Verovicium. Hier waren zwei Kohorten der II. Legion „Augusta“ stationiert. Man kann noch schöne Überreste der Gebäude, vor allem der 'principia', d.h. des Hautquartiers, der vier Tore, sowie der Badehäuser und Latrinenanlagen sehen. Außerdem bieten sich von den Mauern des Forts tolle Blicke über die Landschaft Northumberlands und den Hadrianswall.
Zwei weitere Stopps entlang des Hadrianswalls waren ein Aussichtspunkt und das Roman Army Museum in der Nähe des Kastells Vindolanda. Die haben sich aber meine Eltern wetter- und siestabedingt gespart.
Danach ging es weiter zum Birdoswald Roman Fort, wo man einen weiteren römischen Stützpunkt besichtigen kann. Dankenswerterweise hat mir aber die freundliche Mitarbeiterin von English Heritage an der Kasse gesteckt, dass sich bei dem Wetter der Besuch nicht wirklich lohnt, wenn man schon in Housesteads Fort war. Ich habe also auf die Besichtigung verzichtet. Was es aber in Birdoswald auch zu sehen gibt, das sind die längsten erhaltenen Teile des Walls, und damit wären wir beim Bild des Tages. Da seht Ihr schön, wie die Mauer durch die Landschaft von Northumberland schneidet. Links ist Feindesland und rechts die römische Provinz Britannien. Wenn man sich vorstellt, dass die Mauer mal sechs Meter hoch war, mit Wachposten, Türmen und Kastellen versehen, dann kann man sich auch vorstellen, wie beeindruckt die Briten gewesen sein müssen.
Also, wie schon oben angemerkt, der Hadrianswall ist echt super und auf jeden Fall ne Reise wert. Hier bin ich nicht zum letzten Mal gewesen, und ich überlege grade, ihm eine eigene Sektion auf meiner Webseite zu geben. Der Hadrianswall eignet sich sogar als Ziel für ein langes Wochenende. Flug nach Newcastle, Mietwagen, und los geht’s. In drei Tagen kann man hier sehr viel sehen.
Morgen ist schon unser letzter Tag in England. Wir cruisen durch den Lake District. Da geht’s vor allem um Landschaft. Bleibt zu wünschen, dass wir ein bisschen besseres Wetter haben als heute.

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