30. Juni 2015

Leute, ich sag's Euch: Die Orkneys sind super. Ich bin noch nicht mal ganz zwei Tage hier und es ist schon noch deutlich besser, als ich es mir vorgestellt habe...
Als ich heute morgen wach wurde war's am regnen. Mit sowas hatte ich ja gerechnet -  ist immerhin hier Schottland. Nach dem Frühstück habe ich mich – Regen hin oder her -  ins Auto gesetzt und bin zur Erkundung von West Mainland aufgebrochen. Heute sollte Kultur im Vordergrund stehen. Ich wollte mir nämlich die stein- und früheisenzeitlichen Ausgrabungen hier ankucken, die zu den ältesten Europas zählen.
Zusätzlich zum Regen gab es heute auch noch ein weiteres Problem. Als ich am Hafen von Kirkwall vorbeifuhr lag da ein Kreuzfahrtschiff. „Na suuuuper“, dachte ich, „dann wird’s ja überall rappelvoll sein“. Und so war's dann auch. An den ersten beiden Sehenswürdigkeiten, an denen ich im Regen vorbeikam, parkten jeweils mehrere Busse. Ich habe dann erstmal auf die Karte gekuckt und überlegt, wo die vielleicht nicht hinfahren würden. Und so habe ich mich auf den Weg zum Broch of Gurness gemacht. Das war eine weise Entscheidung, denn außer zwei Autos stand dort niemand auf dem Parkplatz. Das war so gegen elf, und ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon ne Stunde Inselrundfahrt hinter mir. Pünktlich mit meiner Ankunft in Gurness hörte es auf zu regnen und ich konnte mir in aller Ruhe die Anlage ansehen.
Als 'Broch' bezeichnet man piktische Wehrtürme, die es überall in Schottland gibt. Der Broch of Gurness stammt aus dem dritten Jahrhundert vor Christus und war wie allgemein üblich von einem kleinen Dorf umgeben, in dem mehrere Familien lebten. (Die Pikten waren übrigens die Bewohner Schottlands zu der Zeit, als in England die Kelten und die Römer lebten.)
Der Broch of Gurness ist eine wirklich beeindruckende Anlage und bot tolle Fotomotive, aber leider hat er es zum Bild des Tages nicht geschafft. Während meines Rundgangs dort kam auch die Sonne raus und den Rest des Tages hatte ich Kaiserwetter. Nach Aussage der Einheimischen (und nach der Feuchtigkeit im Boden zu urteilen) hat's hier wochenlang nur geregnet, aber heute nachmittag war Tshirt-Wetter.
Nach der Besichtigung in Gurness bin ich nach Stromness zum Mittagessen gefahren. Stromness ist das Städtchen, wo der Haupthafen von Mainland liegt und wo die Fähren vom schottischen Festland ankommen.
Nach Fish and Chips in nem schönen Pub ging es dann zum Höhepunkt des heutigen Tages und einem der Gründe, warum ich überhaupt auf die Orkneys wollte (es ging mir nämlich nicht nur um Vogelbeobachtung).
Skara Brae... Skara Brae ist eine steinzeitliche Siedlung, die um 3200 vor Christus gegründet wurde, also 700 Jahre vor dem Bau der Cheops-Pyramide. Darüber hinaus ist es eine der am besten erhaltenen jungsteinzeitlichen Siedlungen in Europa. Hier wollte ich hin seit ich vor etlichen Jahren mal einen Bericht darüber gesehen habe. Um genau zu sein begann die BBC Doku „A History of Britain“ mit Skara Brae. Acht Häuser und einige Nebengebäude hat man hier gefunden, von denen einige als Wohnhäuser und andere als Werkstätten und Lagerräume dienten. Die Gebäude sind halb unterirdisch angelegt, was auch ihren guten Zustand erklärt, denn erst um 1850 wurde die Siedlung entdeckt und erforscht. Ist schon klar, was man auf dem Bild des Tages sieht... *lach... und auch noch im schönsten Sonnenschein. Die wildromantische Lage an der Bucht hatte Skara Brae vor 5000 Jahren übrigens noch nicht. Damals war das Meer deutlich weiter weg.
Als ich in Skara Brae ankam standen da noch zwei Kreuzfahrtschiff-Busse und einer mit dem Schild 'Studiosus'. Da ich es aber zum Glück nicht eilig hatte, habe ich mir einfach viel Zeit in Skara Brae gelassen, die Landschaft genossen, die Spatzen, die zwischen den 5000 Jahre alten Steinen nisten und das Leben genießen, beobachtet (und fotografiert) und siehe da, irgendwann war außer mir, dem Ranger und ner Handvoll anderer Touristen keiner mehr da. Wie lange ich mich hier aufgehalten habe weiß ich gar nicht genau. Ich hatte nämlich heute morgen sowohl Uhr als auch Handy im Quartier vergessen.
Von Skara Brae ging's dann noch zum Ring of Brodgar, einem neolithischen Steinkreis, der zwischen 2500 und 2000 vor Christus entstanden ist. Mit einem Durchmesser von 104m ist er der drittgrößte der britischen Inseln. Auch hier hätte ich problemlos ein Foto des Tages machen können, aber genau wie der Broch of Gurness hat der Ring of Brodgar es nicht auf Platz eins geschafft.
Auf dem Rückweg nach Kirkwall habe ich noch kurz am Besucherzentrum von Maeshowe angehalten und für Sonntag mittag eine Führung durch die jungsteinzeitliche Grabkammer gebucht. Dann werde ich mir auch noch die Standing Stones of Stenness ankucken. Für heute wollte ich es aber mit den Ausgrabungen nicht übertreiben.
Morgen gibt’s was ganz Besonderes. Ich mache ne Tagestour nach Papa Westray. Das ist eine der nördlichen Inseln und es geht da mit dem Flugzeug hin. Nicht, dass man auch mit der Fähre fahren könnte, aber der Flug von Westray nach Papa Westray ist die kürzeste Linienflugstrecke der Welt. Da werde ich morgen noch ein paar Details zu erzählen. Da ich auf Papa Westray nicht motorisiert bin habe ich eine Inseltour über das örtliche Hostel gebucht. Da gibt’s für 40 Pfund den ganzen Tag Programm, Transport und Verpflegung auf der Insel. Morgen abend geht’s dann per Flieger wieder zurück nach Kirkwall. Ich freu mich schon.


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