10. Oktober 2012

Ich bin in Táranto, der nächsten Station meiner Reise. Der heutige Tag hatte es mal wieder in sich. Nach dem Frühstück wurde in Lecce ausgecheckt aber danach ging es keineswegs auf grader Strecke zum heutigen Endpunkt der Tour. Die erste Etappe endete nach nur rund 20 Minuten an der ehemaligen Abtei Santa Maria a Cerrate, ungefähr auf einem Drittel der Strecke zwischen Lecce und Bríndisi. Hier wurde mein quasi nicht vorhandenes Italienisch zum ersten Mal auf die Probe gestellt, als die beiden Aufpasser mir Anweisungen gaben, was ich mir ankucken sollte, zum Beispiel die unterirdische Olivenölpresse, und was ich nicht durfte, nämlich im Innenraum der ehemaligen Klosterkirche fotografieren. Die Abteiruine war echt niedlich und auf jeden Fall einen kleinen Umweg wert.
Danach ging's zurück auf die Schnellstraße. Ich bin zwar jetzt schon etliche Male mit dem Mietwagen in Italien unterwegs gewesen, aber irgendwie vergesse ich immer wieder den Spaßfaktor beim Autofahren hier unten. Zum Glück kommt die Erinnerung schnell wieder und der Nissan Micra eignet sich hervorragend, um im apulischen Straßenverkehr, sowohl auf Schnell- und Landstraße, als auch im Stadtverkehr mithalten zu können. Gut motorisiert, wendig und auch schnell genug. Was will man mehr?
Nächster Programmpunkt heute war Ostuni. Der Ort war mir von meinem Vater warm empfohlen worden und er lag mit dieser Empfehlung goldrichtig. Malerisch auf einem Hügel gelegen, wie man auch auf dem Bild des Tages sehr schön sieht, bietet Ostuni alles, was das Herz begehrt. Nen niedlichen Duomo, verwinkelte Gässchen und Innenhöfe, weite Blicke über die apulische Adriaküstenebene zwischen Bríndisi und Bari, und schöne Ristorantes und Osterias. Wenigstens war's da schön und vor allem sehr lecker, wo ich heute mittag eingekehrt bin :-) Vorher hatte ich natürlich ausgiebig das Städtchen erkundet und zum Nachtisch gab's noch ein Eis an der Piazza della Libertá, dem Hauptplatz in der Neustadt von Ostuni. Ich habe hier schon mehr Eis aus der Eisdiele gegessen als im ganzen Rest des Jahres 2012 zusammen.
Dritter Programmpunkt heute war Mandúria, um genauer zu sein die Ausgrabungen des antiken Mandúria. Die Stadt war ursprünglich eine Siedlung der Messapier, des südlichsten der drei Hauptvölker, die in der Antike Apulien besiedelten. (Die beiden anderen waren die Peuketier und die Daunier.) Die Herkunft der Messapier ist umstritten. Herodot behauptete, dass sie von den Kretern abstammten. Neuere Forschungen dagegen legen nahe, dass sie aus Illyrien, dem heutigen Balkan, nach Apulien einwanderten. Woher auch immer sie aber kamen, sie siedelten erfolgreich im Salento und wurden nie wirklich besiegt. Im ersten Jahrhundert vor Christus erlangten die Messapier, wie die anderen italischen Völker das römische Bürgerrecht. Mandúria war eine der wichtigsten Siedlungen der Messapier und noch heute kann man große Teile der Stadtmauer und die umliegenden Gräberfelder besichtigen. Deshalb also bin ich nach Mandúria gefahren.
Nach ein bisschen suchen habe ich dann auch den Eingang zu der Ausgrabungsstätte gefunden, nachdem ich vorher schon an etlichen hunderten Metern antiker Stadtmauer vorbeigekurvt war. Tjaaaa, und dann wurde es spannend. Der Eintritt in den archäologischen Park war zwar umsonst, aber die Anlage wurde von einem ehrenamtlichen... ich würde mal sagen Pensionär bewacht. Paolo. Und Paolo hatte sich in den Kopf gesetzt, mir eine Führung zu geben. Was soll ich sagen? Ich bin immer noch ganz baff, wie gut ich Italienisch kann... *lach... zumindest was das verstehen anging habe ich mich höchst tapfer geschlagen, während mich Paolo in strammem Schritt zu der doppelten Reihe von Stadtmauern und zum antiken Brunnen – den schon Plinius in seiner Naturgeschichte erwähnte und der heute das Stadtwappen von Mandúria ziert – führte. Wir sind dann sogar noch mit meinem Auto zu einem entfernteren Teil der Anlage gefahren, wo mir Paolo einen gut erhaltenen Teil der Nekropole, die die Stadtmauer ringförmig umschloss gezeigt und erklärt hat. Es war total lustig und spannend und eigentlich nur schade, dass ich Italienisch wesentlich schlechter sprechen als verstehen kann.
Am Ende des Tages ging's dann nach Táranto, meinem Stützpunkt für die nächsten beiden Nächte. Da ich nicht wie die meisten Leute von Norden oder Nordosten, sondern von Südosten hier ankam hatte die Stadt auch noch keine Gelegenheit, mich mit ihren berüchtigten Industriegebieten zu erschrecken. Von Südosten ist es nur ne recht normale Großstadt am Mittelmeer. Morgen werde ich mal kucken, was sie an Kunst und Geschichte zu bieten hat.

 

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