19. Juli 2012

Wie gestern angekündigt habe ich heute ausgeschlafen. Das ging sogar bis zwanzig nach neun... Oioioi... Ein Blick aus dem Fenster hat mich dann überzeugt, dass ich heute keinen Spotter- sondern einen Sightseeing-Tag mache. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Mitarbeiter der Eskdale-Lodge, wo ich logiere, hab ich dem Vauxhall Corsa, den ich seit gestern Abend fahre, frei gegeben. Stattdessen bin ich mit der Straßenbahn in die Stadt gefahren. Die Haltestelle ist nur rund 10 Minuten Fußweg vom Quartier entfernt und für die 3,60 Pfund für Hin- und Rückfahrt hätte ich in der Innenstadt von Manchester bestimmt kein Parkhaus für den größeren Teil des Tages bekommen.
Im Zentrum angekommen habe ich mich dann, den Lonely Planet unter dem Arm, einfach ein bisschen treiben lassen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Manchester weder hässlich noch verrußt. Die Entwicklung hier ähnelt eher den Städten im Ruhrgebiet. Jetzt muss ich ja zu meiner Schande gestehen, dass ich mich im Ruhrgebiet bisher noch nicht so wirklich umgesehen habe. Wer fährt auch schon nach Essen, Dortmund oder Oberhausen?
Manchester bietet jedenfalls ne interessante Mischung aus alt und neu und ist darüber hinaus sehr schön untouristisch. Ein Problem gibt’s allerdings. So komisch das klingt, vor allem von nem Englischlehrer, aber ich kann die Leute hier echt schlecht verstehen. Viele zumindest... was das Sprachliche angeht... *lach... In Südengland war das nie ein Problem, aber den Nordwest-Akzent bin ich halt überhaupt nicht gewöhnt. Hmmmmm... ist so ein bisschen, wie wenn man nach Oberschwaben kommt.
Statt Full English Breakfast gab's heute also ein spätes Frühstück bei Starbucks am St.Ann's Square in Downtown Manchester. Dann ging der Stadtrundgang weiter, unter anderem mit Besuch in der John Rylands Library, die sich in einem viktorianisch-gotischen Gebäude befindet und echt sehenswert ist. Erst bei genauem Hinkucken merkt man, dass die Gemäuer nicht schon hunderte sondern erst gut hundert Jahre alt sind. Der weitere Rundgang führte durch die Einkaufsstraßen und Malls von Manchester, vorbei an den Picadilly Gardens (was nur ein großer Platz mit ner Wiese und vor allem dem Haupt-Straßenbahn-Knotenpunkt ist) zur Manchester Art Gallery. Dann gab's Kultur. Die Manchester Art Gallery ist klein aber fein und hat das eine oder andere Gemälde zu bieten, mit dem ich mich eine Zeitlang beschäftigen konnte. Leider war fotografieren verboten, sonst hätte ich hier schon mein Bild des Tages gehabt.
Als ich nach anderthalb Stunden wieder vor der Tür der Manchester Art Gallery stand braute sich so langsam was am Himmel zusammen, aber ich hab den Stadtrundgang erst mal fortgesetzt und bin zum Rathaus spaziert. Auch hier viktorianische Neugotik soweit das Auge reichte und hauptsächlich Marmor-Büsten von ehemaligen Bürgermeistern. Aber im Eingangsbereich habe ich unerwarteter Weise mein Bild des Tages gefunden. Das Denkmal gehört einem der berühmten Söhne von Manchester (oder vielmehr der direkten Umgebung), es zeigt nämlich James Prescott Joule... ja, Joule wie Kalorien... Nach James Prescott Joule ist nämlich die Einheit für Energie benannt. Joule war ein Physiker und Brauereibesitzer, was ihn mir besonders sympathisch macht, und für einen Mann dieses wissenschaftlichen Formats nicht verwunderlich war er natürlich Mitglied der Royal Society. Er starb 1889 hier in Sale, wo ich grade sitze und ist auf dem Friedhof, an dem ich heute auf dem Weg zum Bahnhof vorbei spaziert bin, begraben. Ich finde die Statue schön, wie er da so grübelnd im Morgenrock mit Pantoffeln an den Füßen sitzt. Finde ich für nen Wissenschaftler ne sehr passende Darstellung.
Am Nachmittag wollte ich dann eigentlich nach Old Trafford, und mir eine Stadion-Führung in den heiligen Hallen von Manchester United gönnen. Aber dann fing's an zu regnen, und zwar mehr als kräftig. Ich bin also lieber mit der Straßenbahn ins Quartier gefahren, habe mir einen faulen Restnachmittag gemacht und verschiebe Old Trafford auf nen anderen Tag. Ich seh mich nämlich schon nicht mehr nach Liverpool fahren, sondern einen weiteren Tag in Manchester mit Museen und Besichtigungen verbringen. Die Stadt gefällt mir echt gut, vor allem die entspannte Atmosphäre hier. Für morgen hoffe ich aber erst mal auf Spotter-Wetter.

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