7. Oktober 2023

Die Stadteroberung von Kyōto ging heute in die zweite Runde. Und was soll ich sagen? Es lief deutlich besser als gestern… *lach… kein Grummeligsein weit und breit.
Auch heute musste ich wieder früh aufstehen und auch heute gab es wieder ein komplett japanisches Frühstück. Ich muss gestehen, das wird nichts mehr mit mir und typisch japanischem Frühstück. Auf weißen Reis und Obst kann ich mich ja noch einlassen, auch wenn das dann viel von Schonkost hat. Selbst mit dem Fisch komme ich zur Not noch klar, auch wenn ich heute von den beiden Stücken geräucherte Makrele etwas länger hatte und mich an mein Experiment in Südengland 2010 mit Kippers zum Frühstück erinnert gefühlt habe. Aber Miso-Suppe (d.h. aus Fischsud und Sojabohnenpaste), sauer eingelegtes Gemüse und Pilze, heißer Tofu oder gar fast flüssiges Ei… sorry, aber ich hoffe sehr, dass es im Hotel in Osaka wieder internationales Frühstück gibt.
Entsprechend habe ich mein Frühstück auf dem Weg zum ersten Programmpunkt des Tages um einen Modekaffee und ein Scone bei meiner bevorzugten internationalen Kaffeebud aufgebessert.
Zum Fushimi Inari-Schrein fährt man vom Hauptbahnhof in Kyōto zwei Stationen mit der Bahn. Der Zug war rappelvoll, denn einerseits war Samstag und darüber hinaus haben die Japaner ein langes Wochenende. Daneben ist der Shinto-Schrein, den ich besuchen wollte, eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Kyōto. Was soll ich machen? Ich bin zum ersten Mal hier. So ein paar „Muss man gesehen haben“-Sachen lassen sich nicht vermeiden, und damit kann man auch den vielen Menschen nur schlecht aus dem Weg gehen.
Der Fushimi Inari-Schrein ist Inari, dem Gott des Getreides, geweiht. Dessen Bote ist der Fuchs und folglich sieht man überall auf dem Gelände Statuen von Füchsen. Berühmt ist der Schrein wegen seiner langen Wandelgänge aus Torii, den roten Torbögen. Normalerweise stehen ein paar große Torii auf dem Weg zu einem Schrein, aber hier in Fushimi Inari gibt es Wege, wo hunderte rote Torii, aufgestellt sind, allerdings dann nur in guter Durchgangshöhe von zweieinhalb Metern. Eigentlich kein schlechter Ort, und es gibt neben den Torii und den Fuchsstatuen noch etliche andere schöne Fotomotive. Aber durch die vielen Leute war es heute sehr rummelig und von andächtiger Stimmung keine Spur. Folglich bin ich dann auch nicht alle torii-gesäumten Wege abgegangen und habe mich nach ner knappen Stunde wieder auf den Weg zurück zum Hauptbahnhof gemacht.
In der Gegend rund um den Hauptbahnhof von Kyōto gibt es mehrere Tempel und Schreine, die fußläufig in zehn Minuten zu erreichen sind. Ich habe einfach irgendeinen aus den Vorschlägen meines Lonely Planet genommen und… einen Volltreffer gelandet. Der Higashi Hongan-ji ist eigentlich ein buddhistischer Standardtempel japanischer Bauart. Man geht durch eine große Torhalle rein, es gibt eine Haupthalle und Nebengebäude, nen großen Hof und nen Brunnen. Die Haupthalle, der Goei-dō, des  Higashi Hongan-ji ist das zweitgrößte Holzgebäude Japans. Es stammt aus dem späten 19. Jahrhundert, nachdem der Vorgängerbau, wie so oft bei japanischen Tempeln, abgebrannt war.
Auch hier am Higashi Hongan-ji waren natürlich Leute unterwegs, aber der Betrieb hielt sich in Grenzen und kam der spirituellen Natur des Ortes mehr entgegen. Die Mehrzahl der Leute, die hier hereinkamen und auf den Reisstrohmatten in der Haupthalle auf dem Boden saßen, waren zum Beten gekommen. Das Innere der Gebäude darf man leider nicht fotografieren und in der Hinsicht war ich auch brav. Es gibt viel Gold und Vergoldetes zu sehen und der Geruch von den Räucherstäbchen ruft ein bisschen weihnachtliche Kindheitserinnerungen wach.
Ich habe mir den Tempel in Ruhe angekuckt und dann noch ein Weilchen draußen auf dem Treppenabsatz gesessen und die Anlage auf mich wirken lassen. Dabei entstand auch das heutige Bild des Tages. So stellt man sich doch nen japanischen Tempel vor, oder?
Nach dem Mittagessen im Food Court des Kyōto Tower Buildings ging es rauf auf den Turm für einen Rundblick über die Stadt. Sehr schöne 360-Grad-Aussicht aus rund 100m Höhe, aber so richtig geheuer war mir der Turm aus dem Jahr 1964 nicht. Ich habe also meine Fotos gemacht und bin zügig weiter gezogen.
Mittlerweile war es schon fast 15:00 Uhr und ich hatte noch einen letzten Punkt auf meiner Sightseeing-Tagesordnung. Ich wollte zum Kinkaku-ji fahren. Dieser Tempel liegt etwas außerhalb und ist berühmt für sein vergoldetes Hauptgebäude, das sich idealerweise im See des japanischen Gartens spiegelt.
Kyōto ist, wie ich gestern schon festgestellt hatte, öpnv-mäßig nicht die einfachste und bestorganisierte Stadt. Zum Kinkaku-ji kommt man nur mit dem Bus, und das dauert fast ne Stunde. Sehen wollte ich den „Goldenen Pavillon“ trotzdem und es hat mir auch nicht leid getan. Aber ähnlich wie zu Beginn des Tages waren hier Himmel und Menschen unterwegs. Das hat der Ruhe und dem Frieden, den der Ort sonst hätte ausstrahlen können, nicht genutzt. Ich habe mir die Anlage in aller Ruhe angekuckt und fotografiert und es wären auch Bilder dabei gewesen, die sich als Bild des Tages geeignet hätten. Aber ich habe mich dann doch für ein Bild vom Higashi Hongan-ji entschieden, weil das heute das beste Erlebnis war.
Heute ist Halbzeit und morgen früh geht’s nach Ōsaka. Die vorletzte Station meiner Tour. Ich hoffe, mein Koffer ist dann schon da. Der wurde nämlich  heute morgen auf den Weg gebracht.

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